In diesem Artikel geht es um Uhren, bei denen man zweimal hinschauen muss. Denn die Marke HYT, gerade zwölf Jahre alt, hat für die Zeitanzeige eine eigenständige Lösung gewählt: Die Minuten werden noch konventionell mit einem Zeiger dargestellt, die Stundenanzeige hingegen übernimmt ein winziges, um das Zifferblatt gebogenes Röhrchen, hintereinander gefüllt mit zwei verschiedenfarbigen Flüssigkeiten. Technischer Hintergrund: Die Flüssigkeiten im Kapillarröhrchen sind an Miniaturkolben angeschlossen, welche die Flüssigkeiten verschieben können und deren Farbgrenze mechanisch zur richtigen Stundenmarkierung bewegen. Mikrofluidik heisst das Verfahren, und man ahnt unschwer, dass so etwas in der Praxis einige technische Knacknüsse mit sich bringt.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Heute schlägt die Marke ein neues Kapitel auf. Mit einem neuen CEO und einem neuen Konzept. Hauptstossrichtung: Die Uhren sollen tragbarer werden, kleiner, leichter, ergonomischer. Aber an der Mikrofluidik wird nicht gerüttelt.

Die gehört schliesslich zur Raison d’être der Marke, seit der ersten Stunde: HYT, so muss man wissen, ist ein Spin-off der Firma Preciflex, und Preciflex ist ein Unternehmen, das mit mikrofluidischen Verfahren im medizinischen Sektor Fuss fassen wollte. Der Einbau in Uhren sollte dabei die Visibilität der Technologie erhöhen und sozusagen als Werbe-Turbo wirken. 

Das war die Vision. Doch der Weg dahin erwies sich als steinig. Mehrere Ansätze wurden getestet, mehrere Strategien ausprobiert, mehrere Dutzend Millionen Franken investiert, mehrere Geschäftsführer eingesetzt – und nach einem Aktionärskonflikt schrammte man 2021 auch noch am Konkurs vorbei.

Letzter Chef, der die Drehtür nahm, war Davide Cerrato, heute CEO der Uhrenmarke Bremont, eine bekannte Persönlichkeit der Branche mit Verdiensten bei Panerai, Tudor und Montblanc. Er fuhr für HYT eine vollmundige Strategie, lancierte die futuristisch anmutende Hastroid-Kollektion – und warf nach nicht einmal zwei Jahren im Mai 2023 das Handtuch.

Das Rezept des neuen CEO Vahé Vartzbed sind tragbarere Uhren.

Das Rezept des neuen CEO Vahé Vartzbed sind tragbarere Uhren.

Quelle: PD

Jetzt erklimmt Vahé Vartzbed die Kommandobrücke. Der Mann mit armenischen Wurzeln wurde 1985 in Genf geboren, er stiess letztes Jahr zur Marke und wurde eben zum CEO ernannt. Vartzbed kommt mit einiger Erfahrung im beruflichen Rucksack, er war zuvor für Roger Dubuis, Girard-Perregaux und Greubel Forsey tätig. Seine Strategie: «Wir wollen mehr uhrmacherischen Inhalt.» Dazu, wie erwähnt, sollen die Uhren kleiner, leichter und ergonomischer werden – «das wurde so von vielen Sammlern gewünscht». Wobei der Begriff «kleiner» zu relativieren ist: Man geht von bisher 48 bis 52 auf 45 Millimeter Durchmesser. Doch, so Vartzbed, das fühle sich an wie 42 Millimeter bei vielen anderen Uhren. Und für später seien noch kleinere Durchmesser angedacht.

Für mehr uhrmacherischen Inhalt steht schon mal das Haute-Horlogerie-Stück Conical Tourbillon – es markiert mit 335’000 Franken auf dem Preisschild (ohne Mehrwertsteuer) auch preislich den Wunsch, höhere Sphären zu erreichen. Getoppt wurde es letzten Juni von der Conical Tourbillon Infinity Diamonds, einer Uhr, so die Marke, mit 533 Komponenten und 575 Diamanten zu 490’000 Franken. 

Stärker für die neue Strategie steht aber wohl die neue und weit weniger teure Kollektion T1 Series. Präsentiert wurden vier Referenzen, drei im leichten Titangehäuse, ein Modell in Gold. Die Flüssigkeit in den Kapillarröhrchen ist sehr dezent gehalten, die Uhr sieht generell traditioneller aus als viele Vorgängermodelle.

Man will sich aber auf keinen Fall von den Wurzeln entfernen, dafür wird auch Gründungsmann Vincent Perriard sorgen – als «Gedächtnis der Marke», wie es heisst. Perriard war der erste Chef, leitete in den letzten Monaten das Unternehmen, hat jetzt aber die exekutiven Funktionen abgegeben und amtet als VR-Präsident.

T1 Series

Das Modell 5N Gold & Titanium Deep Blue aus der T1-Serie.

Quelle: PD

Erhältlich sind derzeit vier Kollektionen: Hastroid (70’000 bis 79’000 Franken), Moon Runner (120’000 bis 130’000), Conical Tourbillon (335’000 bis 390’000, Einzelstücke bis zu 490’000 Franken) sowie die neue T1-Series (48’000 Franken für die Titan-, 64’000 für die Goldversion) – jeweils ohne Mehrwertsteuer. Die Marke peilt dieses Jahr, so CEO Vartzbed, eine Jahresproduktion von 150 Stück an. Es gibt 28 Verkaufspunkte, mehr als 30 wolle man nicht haben, denn jeder Händler sollte ein halbes Dutzend Uhren am Lager haben. 

Und wie sieht es wirtschaftlich aus, sind schwarze Zahlen in Reichweite? «Wir haben noch ein hartes Stück Arbeit vor uns», sagt Vahé Vartzbed. «Aber wir liegen im ersten Halbjahr 2024 über Budget.»

BILANZ Watches Newsletter abonnieren
Erhalten Sie jeden Freitagnachmittag unseren BILANZ Watches Newsletter und erfahren Sie alles über aussergewöhnliche Zeitmesser, die Macherinnen und Macher hinter den Marken, Branchengeflüster und Trends.
BILANZ Watches Newsletter abonnieren