Guido Terreni hat 2021 bei Parmigiani Fleurier das Steuer übernommen. Davor war er 20 Jahre lang wegweisend in der Uhrendivision von Bulgari, elf davon als Präsident und Managing Director. Zu seiner Zeit entstand eine imposante Manufaktur, und es wurden mit der Serpenti und der Octo Finissimo zwei Kollektionen lanciert, die heute als Ikonen und Zugpferde des Geschäftszweigs gelten. Terreni freuts, «denn es zeigt, dass das, was ich mache, auch hält».
Was er bei und mit Parmigiani Fleurier bislang gemacht hat, ist beeindruckend, wie nachhaltig es ist, muss sich noch zeigen. Jedenfalls hat die Uhrenmarke in Besitz der Sandoz Stiftung unter seiner Führung einen unverkennbaren, herausragend stillen Stil in Sachen Design und Uhrmacherei gefunden. Wir haben uns während der Watches and Wonders mit Terreni ausgetauscht.
Herr Terreni, Sie sind seit vier Jahren CEO von Parmigiani Fleurier. Wo stehen Sie mit der Marke?
Ich bin sehr zufrieden mit den Produkten. Wir sind in guter Form, haben es in der recht kurzen Zeit in die schwarzen Zahlen geschafft. Das ist allerdings noch fragil, weshalb wir gerade jetzt vor einigen zusätzlichen Herausforderungen stehen, mal abgesehen davon, dass wir die Marke weiter bekannt machen müssen. Die Challenge dabei ist, dass wir mit unserer Message nicht nach Marketinglehrbuch verfahren.
Warum nicht?
Weil unsere Marke sich mit so einem Plan nicht erklären lässt respektive so ein Vorgehen kontraproduktiv wäre. Parmigiani lässt sich nicht nach Schema X vermarkten. Ich komme gerade zurück aus den USA, wo ich Uhrensammler getroffen habe. Jeder hatte eine schöne Uhr am Handgelenk, keiner eine Parmigiani. Ich habe erzählt, erklärt, geantwortet – das Interesse an der Marke war gross und drehte im Laufe des Abends in ein Interesse, eine unserer Uhren zu besitzen. Am Ende hatten wir fünf Modelle verkauft – und fünf neue Botschafter gewonnen.
Was ist denn der Clou oder die grosse Herausforderung bei der Vermarktung?
Unsere Message weiterzuverbreiten.
Wie lautet sie denn?
Geld kann viel kaufen, aber nicht Geschmack und auch nicht Erziehung. Unsere Marke ist nicht aggressiv, sie ist sanft, subtil und doch absolut hochstehend. Damit richten wir uns nicht an Kunden, die sich eine Uhr kaufen, um nach aussen hin zu zeigen, dass sie Geld haben, sondern an Leute mit Geld, die sich eine Uhr kaufen, um sich eine Freude zu machen.
Stille Geniesser?
Genau. Für mich gibt es in dem Geschäft ja grundsätzlich zwei Kategorien von Kunden: Die einen tragen ihre Uhren, und die anderen werden von der Uhr getragen. Für die ersten, Parmigiani-Käufer, ist die Uhr ein Accessoire, für die anderen hat die Uhr Signalwirkung.
Dann liegen Sie mit Parmigiani voll im «Quiet Luxury»-Trend.
Wir qualifizieren unsere Uhren ganz bewusst nicht mit diesem Begriff, der gerade in der Modewelt ja alles andere als quiet ist. Parmigiani ist Private Luxury, weil man diese Uhren für sich kauft und nicht für andere.
Sie kamen nach 20 Jahren bei Bulgari mit aufsehenerregenden Events, berühmten Models und Weltrekord-Uhren zur stillen und, pardon, verstaubt wirkenden Marke Parmigiani Fleurier. Wie haben Sie diesen Switch geschafft?
Da musste ich mich nicht anstrengen und auch nicht verdrehen: So, wie mich meine Eltern erzogen haben, bin ich wie gemacht für Parmigiani.
Erklären Sie das bitte.
Ich bin aufgewachsen mit dem Spruch: Wer zu dick aufträgt, tut sich keinen Gefallen, sondern schwebt in Gefahr. Das habe ich verinnerlicht. Ich spreche deshalb auch lieber mit Fakten als mit Worten.
Was bedeuten die angedrohten Zölle für Sie?
Am schlimmsten wird es den Handel treffen, wenn die Amerikaner in Zukunft ihre Uhren im Ausland kaufen. Wir unserseits müssen die Preise erhöhen, weil wir die Zölle so nicht einfach absorbieren können.
Wie viel?
Es ist zu früh, dazu etwas zu sagen. Wir werden nach der Watches and Wonders darüber nachdenken.