Am Donnerstag, 17. Oktober, stellte Patek Philippe in München eine neue Kollektion vor. Sie heisst Cubitus und ist, der Name sagts, viereckig. Das war wegen eines Leaks allerdings schon bekannt, als die Uhr offiziell lanciert wurde. Und es hatte auch Tausende kritische Kommentare gegeben, bevor jemand die Uhr in echt gesehen hatte. Zum Shitstorm und zur ersten neuen Modelllinie seit 1999 haben wir uns mit dem Präsidenten und Besitzer von Patek Philippe, Thierry Stern, unterhalten. 

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Herr Stern, die Cubitus ist die erste neue Kollektion von Patek Philippe seit 25 Jahren. Was ist Ihr Anteil daran? 

100 Prozent. 

Am Kaliber wie am Design? 

60 Prozent am Kaliber und 100 Prozent am Design. Ich bin seit langer Zeit für die Kreation zuständig. Da bin ich gut darin, ohne wirklich eine Ahnung zu haben, ich war ja nie an einer Designschule. Aber ich bin mit den Produkten aufgewachsen und habe da eine Stärke. Warum? Ich weiss es nicht, für mich war es einfach immer leicht, Ideen zu haben und in die Details zu gehen.  

Patek Philippe, De gauche à droite: 5821/1A_001, 5822P_001, 5821/1AR_001

Star der Kollektion: Platinmodell (in der Mitte): Ref. 5822P001, Grossdatum, Mondphase und Datum und Wochentag, die um Mitternacht augenblicklich und gleichzeitig springen, blaues Zifferblatt, Automatikkaliber 240 PS CI J LU, Preis: 75'000 Franken.

Quelle: Patek Philippe / JD Meyer

Das heisst, Sie bestimmen das Design?

Ja, wir sind gerade einmal vier Leute, die daran arbeiten und darüber nachdenken. Beim Kaliber bin ich in engem Austausch mit unserem Werkechef Philip Barat. 

Was ist Ihre Designphilosophie?

Der Mann, der mich ausgebildet und eingeführt hat, sagte mir zum Abschied, «viel Glück, Thierry, alles ist schon gemacht worden». Er hat mich mit dieser Aussage fast gebrochen, und ich habe mir dann geschworen, dass ich alles tun würde, das Gegenteil wahr zu machen. Und das gibt mir bis heute den Schnauf, immer wieder Neues zu suchen, zu finden, zu entwickeln, sei es technisch oder ästhetisch. Als Präsident von Patek Philippe bin ich zu 100 Prozent beteiligt an der Kreation, und das ist auch der Grund, warum wir so respektiert und stark sind. In anderen Gruppen gibt es viele hochintelligente Leute mit viel Potenzial, denen es aber nicht so darauf ankommt, ob sie nun Uhren, Autos oder Fernseher verkaufen. Gilt natürlich längst nicht für alle, aber es gibt immer weniger, die die Uhrmacherei in dieser Tiefe meistern. 

Einer Ihrer Söhne ist bei der Lancierung dabei. Freiwillig?

Natürlich, ich habe meinen Kindern immer gesagt, «ihr habt nur ein Leben, macht, was ihr machen möchtet». Und Adrien hat nun angefangen bei uns, und er ist bei dieser Lancierung dabei, weil es so etwas in einem Leben bei Patek ja nicht sehr oft gibt. Ich selbst habe gerade einmal die Lancierung von drei Kollektionen erlebt, von der Aquanaut, der Twenty-4 und jetzt der Cubitus.  

Patek Philippe, 5821/1A_001_DET

Stahlmodell: Ref. 5821/1A-001, Dreizeigeruhr mit Zentralsekunde, grünes Zifferblatt, Automatikkaliber 26-330 S C, Preis: 35000 Fr. 

Quelle: Patek Philippe / JD Meyer

Die neuen Uhren sehen so neu nicht aus. Wollten Sie nicht einmal ein bisschen etwas wagen?

Wir haben eine Linie, eine DNA, die es zu respektieren gilt. Ich werde nicht in alle Richtungen gehen. Ich habe zum Beispiel null Lust, mit Karbon zu arbeiten oder mit Titan. Wir haben so viel investiert, um mit Stahl, Gold und Platin an den Punkt zu kommen, an dem wir sind, warum sollte ich davon abrücken und gegen Marken wie Hublot antreten, die schöne Uhren machen in diesen Materialien? Macht für mich keinen Sinn. Ich ziehe es vor, das weiter zu pflegen, was wir haben, das passt zur Manufaktur, und wir sind dafür ausgerüstet. 

Aber im Design könnten Sie schon etwas Gas geben. 

Beim Design kann ich weit gehen, und das haben wir mit der Twenty-4 und der Aquanaut auch gemacht. Es hagelte Kritik, galt nicht als Patek. Aber ich habe immer daran geglaubt. Um ein Leader-Brand zu sein, reicht es nicht, dass man eine gloriose Geschichte hat, ein Museum – das ist die Vergangenheit. Wir haben ja so viele Möglichkeiten im Design, runde Uhren, Sportuhren, Komplikationen, Calatrava, Damenuhren. Andere Marken wie zum Beispiel Audemars Piguet, die haben mehr oder weniger nur die Royal Oak, die ist top, aber für sie ist es sehr schwierig, weil sie nicht viel anderes haben. Und davor hat mich mein Vater immer gewarnt. Er hat mir immer gesagt, «du musst von allem etwas entwickeln». Und das ist die Stärke von Patek. 

Von wegen Kritik: Die Cubitus wurde zwei Tage vor Lancierung geleakt und hat einen Shitstorm ausgelöst. Was macht das mit Ihnen?

Ich bin es wie gesagt gewohnt, es macht mir nichts. Wir werden alle immer angeschossen, wenn wir eine Neuheit lancieren. Die Haters sind zu einem Grossteil Leute, die nie eine Patek hatten und nie eine haben werden. Das macht mir also keinen Kummer. Was für mich zählt, ist das Resultat. Und da bin ich für die Cubitus zuversichtlich, denn ich habe eine gute Nase und viele Profis um mich, die mir sagten, dass sie funktionieren wird. 

Plan-les-Ouates (Genève), 13 février 2023. Thierry Stern, président de l'horloger Patek Philippe. ©François Wavre | Lundi13

Thierry Stern: «Wir nutzen, was funktioniert, was wir beherrschen und was uns gehört.» 

Quelle: François Wavre / Lundi 13

Profis von intern oder vom Markt?

Von intern. Ich gehe nicht mit Entwürfen zu Kunden und frage sie nach ihrer Meinung. Nie. Ich arbeite ja auch nicht mit externen Designern. Das haben wir gemacht, es hat aber nie funktioniert. Zudem: Ich habe wirklich endlos Ideen. Wir hatten kürzlich eine Sitzung, bei der 20 verschiedene Modelle dabei herausgekommen sind. 

Eine Kritik lautet, dass die neue aussehe wie eine Nautilus. 

Wir wollten eine Sportuhr machen für ein jüngeres Publikum. In diesem Segment haben wir die Nautilus und die Aquanaut. Beide sind unsere Designs, unsere DNA, davon gehen wir aus. Wir nutzen, was funktioniert, was wir beherrschen und was uns gehört. So ist es zu diesem Design gekommen. Die Cubitus hat ihr eigenes Design, gehört aber unverkennbar zur Familie.

Sie sieht aus wie ein Zwilling der Nautilus.  

Die Cubitus ist ein Bruder der Nautilus und der Aquanaut, aber sie ist keine quadratische Nautilus, sondern hat eine eigene Identität. Das merkt man, je länger man sie sieht, je länger man sie trägt.

Patek Philippe, 58211AR_001, Boutons de manchette 9821R_001

Bi-Color Roségold/Stahlt: Ref. 5821/1AR-001, Dreizeigeruhr mit Zentralsekunde, blaues Zifferblatt, Automatikkaliber 26-330 S C, Preis: 52'000 Franken.

Quelle: Patek Philippe / JD Meyer

Sie ist mit 45 Millimetern wirklich eine grosse Uhr. Der Trend geht klar in Richtung kleinerer Uhren. 

Ich bin nicht der Trend. Ich kann nur so viel sagen: Es wird andere Grössen geben.  

Das Stahlmodell kostet 35’000 Franken. Ein Wahnsinnspreis...  

Das war das erklärte Ziel, in dieser Preisklasse zu beginnen. Das ist für Patek ein räsonabler Preis. Die Bi-Color kostet 52’000 und die aus Platin 75’000 Franken. Sie hat ein kompliziertes Kaliber mit 104 zusätzlichen Komponenten, und es steckt enorm viel Arbeit in der Verarbeitung des Gehäuses. 

Der Markt kriselt, und Sie lancieren eine neue Kollektion. Beunruhigt? 

Ich habe nicht vorhergesehen, was im Markt los sein würde, als wir uns für die Cubitus entschieden haben. Aber mein Vater hat immer gesagt, «es ist gut, wenn man starke Modelle hat, um aus der Krise zu kommen». Von daher muss ich sagen, ist der Moment gut, zumal ich nicht von Krise sprechen würde, allenfalls von Verlangsamung. Von daher: Nein, ich bin nicht beunruhigt.

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