Am Anfang des Erfolges stand, wie so oft bei schönen Geschichten, eine Frau: «Ja!», beantwortet die spätere Frau Klaus den Heiratsantrag ihres Kurt, ohne zu zögern. Eine Bedingung indes habe sie: «Wir leben dann nicht hier.»

Hier, das war in der Region Grenchen. Kurt Klaus arbeitete damals bei Eterna, doch das Liebespaar stammte aus der Ostschweiz, und in der Ostschweiz wollte Frau Klaus fürderhin leben. Also recherchierte Kurt und fand nur einen möglichen Arbeitgeber: IWC in Schaffhausen. Dort nahm die Geschichte eines genialen Uhrmachers ihren Anfang.

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Am 2. Januar 1957 begann Kurt Klaus bei IWC. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis er einem Mann auffiel, der ebenfalls Uhrengeschichte geschrieben hat: Albert Pellaton.

Pellaton muss man Uhrenfans wohl kaum vorstellen. Für das Modell Ingenieur entwickelte der technische Direktor bei IWC das erste automatische Kaliber, unsterblich wurde er mit dem nach ihm benannten Pellaton-Aufzug. Der neuartige Sperrklinkenmechanismus für einen beidseitigen Aufzug wurde 1950 patentiert. Er machte eine Gangreserve von bis zu sieben Tagen möglich.

Bis spät in die Nacht

Der Welsche Albert Pellaton, Enkel des gleichnamigen, auf Tourbillons spezialisierten Uhrmachers Albert Pellaton-Favre (1832–1914) und Neffe von James Pellaton (1873–1954, Direktor der Uhrmacherschule in Le Locle), war schnell auf den jungen Ostschweizer Kurt Klaus aufmerksam geworden. Und so wurden diesem die Prototypen anvertraut. Er baute das legendäre Kaliber 89 zusammen und war ins Projekt Mark XI involviert. «Pellaton hat mich sehr gefördert», erinnert sich Klaus, «er war mein Mäzen.» Unvergesslich, wie Pellaton seine Leute motivierte: «Das ist gut», habe er oft gesagt, «aber es könnte noch ein bisschen besser sein.»

Mit der Zeit wurde Klaus mit der Abteilung «Versuche und Entwicklungen» beauftragt, er baute die erste Mondphasenuhr. Es folgte eine Thermometer-Taschenuhr – «sie funktionierte sogar», witzelt Klaus – und eine Tierkreiszeichen-Uhr. Doch das Ostschweizer Uhrmachertalent wollte mehr. Kurt Klaus träumte von einer richtig komplizierten Armbanduhr.

In der Zwischenzeit war der charismatische Günter Blümlein oberster Chef von IWC geworden, die beiden Männer fanden einen guten Draht zueinander und diskutierten oft bis spät in die Nacht. Es wäre doch an der Zeit, schlug Klaus 1980 einmal vor, dass IWC einen richtigen Ewigen Kalender bauen würde. «Na ja», gab Günter Blümlein Gas. «Ewige Kalender gibt es doch schon viele. Aber einen Ewigen Kalender mit Chronographen-Funktion bietet heute niemand an.»

Das war die ideelle Geburtsstunde der IWC Da Vinci von 1985. Zwei Ziele setzte sich Kurt Klaus, bevor der den Bleistift für die ersten Skizzen spitzte: Erstens sollte der Kalender für die Benützer einfach einzustellen sein, einfacher als alles, was bisher auf dem Markt war. Und zweitens – «ein wichtiger Punkt», sagt Klaus – sollte die Uhr auf industrieller Basis gebaut werden, schon in den ersten Jahren müsse man 2000 Stück jährlich produzieren können.

Das Uhrenmodell Da Vinci von IWC.

Das Uhrenmodell Da Vinci von IWC mit ihrem Ewigen Kalender.

Quelle: ZVG

Als Folge entschied sich Klaus dafür, ein bestehendes solides Werk als Basismotor zu verwenden. Weil man das Chronographen-Kaliber Valjoux 7750 bei IWC für die Porsche-Uhren, die man damals im Auftrag baute, benützte und sehr schätzte, griff Klaus darauf zurück. Und setzte sein neu entwickeltes Modul für den Ewigen Kalender darauf, der bis ins Jahr 2499 immer das richtige Datum anzeigt. Die ersten Uhren, dies nebenbei, kosteten 14’700 Franken.

Morgens um fünf vor der Eröffnung der Basler Uhrenmesse wurden die drei ersten Exemplare zum Zeigen und Verkaufen fertig. Am Tag zuvor hatte der zuständige Zulieferer endlich die ersten Zifferblätter fertiggestellt. Kurt Klaus war ins Auto gesprungen und mit seiner Ehefrau nach Grenchen gefahren, um sie persönlich abzuholen. Um 20 Uhr beschied man ihm dort, dass er noch warten müsse: «Die Zifferblätter sind zwar fertig, aber sie sind noch zum Trocknen im Ofen.» Mit anderen Worten: Es wurde für das Ehepaar Klaus zu einer Freinacht.

Wenig später stellte sich ein junger Uhrmacher bei Kurt Klaus vor: Giulio Papi. Der Mann, der heute als Genie für mechanische Komplikationen gilt, suchte Arbeit und war Klaus auf Anhieb sympathisch. Er stellte ihn Günter Blümlein vor, der umgehend einen Auftrag formulierte: «Ihr könntet ja noch eine Minutenrepetition einbauen.»

Auf den letzten Zacken

Papi war eine Ideenmaschine, ein kreativer Kopf und der Vater des Konzepts für die Grande Complication, die 1990 vorgestellt wurde. Klaus achtete darauf, wie er sagt, «dass die Sache herstellbar blieb». Und noch ein Mann spielte eine wichtige Rolle: Robert Greubel baute den ersten Prototyp. Greubel gründete später mit Stephen Forsey die Kultmarke Greubel Forsey.

Auch die Grande-Complication-Prototypen wurden auf den letzten Zacken fertig, drei Stück waren knapp auf den Eröffnungstag der Uhrenmesse parat. Eines blieb stets als Reserve im Hintergrund. Jeden Abend wurden die Uhren, die nicht mehr liefen, nach Schaffhausen gebracht. Und am Morgen repariert wieder nach Basel geliefert.

«Es war ein reines Abenteuer», sagt Kurt Klaus über die damalige Zeit, «eines mit Happy End.»

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