Das Herz des Uhrenmarktes schlägt nicht im Auktionssaal. Dafür ist der Anteil der Uhren, die versteigert werden, schlicht zu klein – im Vergleich zum Multimilliardengeschäft mit neuen Uhren und zum Geschäft mit gebrauchten Uhren, die bei Online-Händlern oder Online-Plattformen die Besitzerin oder den Besitzer wechseln. Aber: Der Auktionsmarkt ist ein guter Pulsmesser für die Befindlichkeiten der Uhrenfans. Sitzt ihnen das Geld locker? Welche Marken stehen gerade hoch im Kurs? Wer gewinnt und wer verliert? Sind nur die Klassiker besonders gefragt oder auch modernere Uhren?

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Wer also dem Auktionsmarkt für Uhren den Puls messen will, der greift zum Bericht mit dem passenden Namen «Hammertrack», der regelmässig vom Schweizer Beratungsunternehmen The Mercury Project publiziert wird. Die aktuelle Ausgabe, die das vergangene Auktionsjahr analysiert, zeigt: Die grossen Auktionshäuser haben 2023 rund 610 Millionen Franken mit Uhren umgesetzt. Und das ist – verglichen jedenfalls mit den beiden Vorjahren – ein Minus. Gemessen am Vorjahr mit einem Spitzenumsatz von rund 700 Millionen Franken könnte man gar von einem kleinen Einbruch sprechen: minus 14 Prozent.

Mässiger Jahrgang mit starkem Schluss

Thierry Huron, der Kopf hinter dem «Hammertrack Report», nennt es einen «starken Abschwung». Und ergänzt: «Ermutigend allerdings ist, dass die Umsätze – überraschenderweise – im letzten Quartal 2023 um 8 Prozent angestiegen sind.» Das könne einen guten Auktionsjahrgang 2024 andeuten. Zwar liege das vierte Quartal 2023 mit 271 Millionen Franken weit hinter dem bisherigen Quartalsrekord von 353 Millionen aus dem Jahr 2021. Aber es sei das zweitbeste vierte Quartal aller Zeiten gewesen. Und das wolle etwas heissen, so Huron weiter.

Unter den Auktionshäusern am stärksten schnitt im letzten Jahr Christie’s ab. Das Unternehmen im Besitz von Kering-Chef François-Henry Pinault liegt mit einem Marktanteil von 35 Prozent drei Prozentpunkte vor Phillips und deutlich vor dem grossen Rivalen Sotheby’s.

Daneben spielen auf globaler Ebene nur noch zwei Häuser eine zählbare Rolle: Antiquorum und Bonhams mit je einstelligen Marktanteilen. Der Markt für Uhrenauktionen ist damit noch stärker konzentriert als die Uhrenmarken selbst. Dort kommen die Big Four – Rolex, Cartier, Omega und Patek Philippe – «nur» auf einen Marktanteil von gut 50 Prozent beim Verkauf neuer Uhren. 

«Millionaire Lots» ziehen

Der Rückgang von 13 Prozent beim Auktionsumsatz ist direkt auf einen massiven Einbruch von 22 Prozent im Segment der Lose mit sechsstelligem Erlös zurückzuführen. Die Lose mit Preisen zwischen 100'000 Franken und 1 Million Franken sind in den vergangenen Jahren zum Kerngeschäft der Uhrenabteilungen von Christie’s und Co. geworden. Dort haben sich jene getummelt (und gekauft), die etwas Besonderes erstehen wollten, das nicht nur für Superreiche erschwinglich ist. Doch dieses Geschäft ist erodiert. Und macht – statt 53 Prozent im Vorjahr – 2023 nur noch 48 Prozent des Marktes aus. Es wurden auch deutlich weniger Lose verkauft – bloss noch gut 1200 Lose statt über 1530 wie im Vorjahr. Ein Grund: Nach dem 50-Jahr-Jubiläum der Royal Oak von Audemars Piguet 2022 war bei der Marke aus Le Brassus zunächst einmal die Luft draussen, jedenfalls bei Auktionen.

Das Jahr sähe noch schlechter aus, wären da nicht die sogenannten Millionaire Lots gewesen. Trotz einem starken Rückgang bei der Zahl der verkauften Lose – sie hat sich von 98 auf 58 fast halbiert – verzeichnete das höchste Segment ein Wachstum von 2 Prozent. Klingt bescheiden, bedeutet aber angesichts der tiefen Zahl der Lose, dass die einzelnen Uhren zu deutlich höheren Preisen ersteigert worden sind.

Und tatsächlich: Der durchschnittliche Preis eines Millionaire Lots hat sich von 1,2 Millionen auf 2,1 Millionen Franken fast verdoppelt. «Das bestätigt das Interesse der Käufer und Käuferinnen an seltenen oder einzigartigen Uhren von renommierten Herstellern», sagt Huron. Absolut dominant in diesem Segment: Patek Philippe. Fünf der zehn teuersten Uhren des Jahres 2023 sind Modelle der edlen Genfer Manufaktur. Und die Top drei sind komplett in der Hand des Unternehmens der Familie Stern. Stadtrivale Rolex, ansonsten das Mass aller Dinge, platziert sich nur mit zwei Uhren in den Top zehn.

Unter den Top zehn erreichte Patek Philippe 2023 einen Weltrekord: Mit 5'359'600 Franken ist die Sky Moon Tourbillon die teuerste Uhr, die bislang an einer reinen Online-Auktion verkauft wurde.

Genf toppt alle

Genf, die Hauptstadt der Horlogerie, bleibt auch im Auktionsgeschäft das Mass aller Dinge. Obwohl im globalen Massstab eine Kleinstadt, liegt Genf bei Uhrenauktionen deutlich vor Hongkong und New York. In Genf kamen Uhren im Wert von 250 Millionen Franken unter den Hammer. In Hongkong lag dieser Wert bei 204 Millionen und in New York bei 106 Millionen.

«Genf hat einmal mehr seine Vormachtstellung bei Uhrenauktionen bestätigt», so Huron. Der Experte ergänzt: «Und Genf ist nun auch die weltweit führende Stadt für Schmuckauktionen, weit vor Hongkong, New York und London.»

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