Eigentlich wäre Meta-Chef Mark Zuckerberg für die Schweizer Uhrenindustrie ein Kunde wie aus dem Bilderbuch: ein Mann im besten Alter, erfolg- und einflussreich. Dazu ist er ein Vertreter der digitalen Generation, der die Feinheiten und die Zeitlosigkeit helvetischer Präzisionsmechanik schätzt. Und ein Uhrenkäufer, der nicht auf die immer gleichen Angebertrophäen anspringt, sondern sich als veritabler Connaisseur der Haute Horlogerie zu präsentieren weiss.
Doch Zuckerbergs noch junge Begeisterung für Schweizer Uhren versetzt hierzulande kaum jemanden in Verzückung. Obwohl er im vergangenen Jahr wahrscheinlich zu den besten Einzelkunden der Uhrenbranche zählte und weiterhin gute Geschäfte verspricht. Allein 2024 dürfte Zuckerberg zwischen 4 und 5 Millionen Dollar für die Grundsteine seiner Uhrensammlung ausgegeben haben. Weitere Millionen werden folgen. Denn bei einem Vermögen jenseits der Grenze von 200 Milliarden Dollar zahlt Zuckerberg selbst die exklusivsten und teuersten Stücke, die die Branche anzubieten hat, ganz easy aus der Haushaltskasse. In seiner Preisklasse gibt es so etwas wie Luxus längst nicht mehr.
« Allein 2024 dürfte Zuckerberg zwischen 4 und 5 Millionen Dollar für die Grundsteine seiner Uhrensammlung ausgegeben haben.»
Mega-Kunde, aber «MAGA»
Das Problem mit Zuckerberg: Er ist zwar ein mega Kunde, aber eben neuerdings auch «MAGA».
Um es sich mit seinem baldigen Präsidenten Donald Trump nicht zu verscherzen, dreht er bei seinem Hauptgeschäft Facebook das Rad der Zeit zurück. Faktenchecks für Inhalte auf Facebook werden in den USA abgeschafft; neuerdings huldigt die Plattform – nach dem Vorbild von «First Buddy» Elon Musk und dessen Medium X – wieder der unzensierten freien Meinungsäusserung. Ausserdem hat Zuckerberg den für den Job eigentlich unqualifizierten Trump-Freund Dana White, Chef einer Kampfsportliga, in den Verwaltungsrat berufen. Und er hat die an sich erfolgreiche Kampagne von Meta, im Unternehmen für mehr Diversität und Inklusion zu sorgen, auf den Scheiterhaufen der Firmengeschichte geworfen.
Kurz: Zuckerberg macht viel, um Trump zu gefallen. Zu viel jedenfalls, um für die Schweizer Uhrenmarken von Greubel Forsey über Bulgari, Patek Philippe und De Bethune bis hin zu Jaeger-LeCoultre, H. Moser oder F. P. Journe ein brauchbares Testimonial zu sein. Allenfalls kann er nach seiner politischen Bekehrung den Uhrenfirmen bei einem Teil der amerikanischen Bevölkerung der Verkaufsförderung dienen, im Rest der Welt dürfte seine Verbindung zu den von ihm gekauften Marken fürs Image eher toxisch sein.
Auch Rolex steckt im Zuck-Dilemma
Die Marken, die Zuckerberg zur Schau stellt, befinden sich in einem ähnlichen Dilemma wie aktuell Rolex mit seinen zwei wichtigsten Werbebotschaftern aus dem Tennissport. Sowohl die Nummer zwei der Frauen-Weltrangliste, Iga Swiatek, als auch die Nummer eins der Herren-Weltrangliste, Jannik Sinner, stehen unter Dopingverdacht. Und das macht es für Rolex nahezu unmöglich, mit ihnen während des laufenden Grand-Slam-Turniers in Australien risikolos Werbung zu machen. Dabei wäre das Open in Melbourne eine ideale Gelegenheit, den Konsumentinnen und Konsumenten rund um die Welt die eigenen Zeitmesser zum Jahresauftakt schmackhaft zu machen. Das fällt nun flach. Mit potenziellen Dopingsündern mag sich schliesslich kaum jemand ins gleiche kommerzielle Boot setzen.
Wobei Rolex ebenfalls im Zuckerberg-Dilemma steckt. Schliesslich hat der Meta-Boss das neue Jahr in einem Facebook-Post mit einer ultrabegehrten Vintage-Daytona am Handgelenk begrüsst. Kostenpunkt der Uhr, die bei Fans unter dem Spitznamen «Paul Newman» bekannt ist und von der es kaum mehr als 300 Exemplare geben dürfte: rund 900 000 Dollar.
Vielleicht aber ist der getrübte Blick auf Zuckerbergs grosse Liebe zu Schweizer High-End-Uhren ein allzu politisch beeinflusster. Denn wie das Leibblatt der Silicon-Valley-Granden, der «San Francisco Standard», festhält, ist der Meta-Chef durchaus ein gut funktionierender Multiplikator, Trump hin, «MAGA» her. Gegenüber der Zeitung hält etwa Roman Sharf, Inhaber des Juweliers Luxury Bazaar, fest: «Mark ist ein Influencer, ein höllisch starker Influencer.» Und Josh Bonifas von Fourtané Jewelers, einem autorisierten Händler von Rolex und Patek Philippe, stellt fest: Seine Kunden hätten letztes Jahr damit begonnen, ihm Bilder von Uhren zu schicken, die Zuckerberg getragen hat – immer verbunden mit dem Wunsch, das Gleiche zu kaufen. «Zuck ist einer der Tech-Götter, zu denen alle aufschauen», sagt Bonifas.
Die limitierte Google-Tudor
Die Schweizer Marken, die nicht mit Trump-Aposteln in Verbindung gebracht werden möchten, können also aufatmen. Ihre Uhren bekommen erhöhte Aufmerksamkeit, ohne dass sie selbst aktiv dafür sorgen müssen. «In einer Welt, in der die meisten von uns an ihren Handys kleben, strahlt eine analoge Uhr eine beständige Vertrautheit und einen klassischen Stil aus, der sowohl Mode als auch Funktionalität vereint», so ein Sprecher der Secondhandplattform Depop.
Mechanische Uhren haben ohnehin viele Fans im Valley. Bekannt ist, dass Meta und Google interne Slack-Kanäle mit Hunderten von Mitgliedern haben, die sich über Uhren austauschen. Google-Mitarbeitende haben bereits mehrfach gemeinsame Einkaufsreisen in die Schweiz organisiert und bei der Rolex-Schwestermarke Tudor gar ein auf 260 Stück limitiertes Sondermodell in Auftrag gegeben.
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