Die Zahl ist beeindruckend: 53 Uhrenmodelle von 27 Marken sind seit 2016 unter der Flagge Bucherer Blue auf den Markt gekommen. Was erstaunen könnte, denn Bucherer Blue, zuerst Blue Editions genannt, war von Beginn an als ein unkonventionelles Ideenlabor für Unerwartetes und Exklusives lanciert worden, als Spielwiese für Mutiges, das viele Marken sonst nicht wagen würden. Heute kann Patrick Graf, Chief Commercial Officer der Bucherer Group und so etwas wie der Gralshüter von Bucherer Blue, zufrieden Bilanz ziehen: «Es hat sich kommerziell sehr wohl ausbezahlt.»
Oft wurden Uhren, welche unter der Flagge Bucherer Blue segelten, restlos ausverkauft, für die Bucherer Black Bay in Bronze von Tudor zum Beispiel standen die Kunden Schlange, aber auch Modelle von Audemars Piguet, IWC oder Chopard und vielen anderen prägten die Linie. Schon früh konnte sich Graf sozusagen zufrieden die Hände reiben: Wäre Bucherer Blue eine eigene Marke, so war zu vernehmen, würde sie zu den Top-5-Marken in der Verkaufsstatistik gehören – eine atemberaubende Karriere.
Jüngerer Auftritt für Bucherer-Gruppe
Manchmal gab es Modelle von 16 Marken in einem Jahr, für 2022 sind es vier. Darunter die Girard-Perregaux Tourbillon with Three Flying Bridges. Typisch für die Marke sind die drei Brücken im Werk, diesmal aber scheinen sie mit dem Kaliber im luftigen Gehäuse zu schweben. Brücken und Federhaus haben blaue Tupfer – irgendwo gehört ein Einbezug der Farbe Blau ja zum Konzept. Beim Exemplar von H. Moser & Cie., einem limitierten Streamliner-Modell, ist es eine blaue Lünette – gefertigt aus blauen Saphiren im Baguette-Schliff.
Und die Delsberger Marke L’Epée präsentiert mit Time Fast eine Rennwagenskulptur mit Zeitanzeige, ein Spielzeug für grosse Buben mit gut gepolstertem Bankkonto, aufgezogen wird das Werk, indem man das Modell mit blauen Felgen rückwärtszieht. «Mich freut besonders», sagt Patrick Graf, «dass ein Grossteil der Kunden unter 45 Jahre alt ist.» Was symptomatisch sei: Mit Bucherer Blue sei es gelungen, die Hemmschwelle zu senken, neue Kunden anzusprechen und auch der Bucherer-Gruppe einen jüngeren Auftritt zu verpassen. Nur für die USA und UK gab es dazu ein limitiertes Modell zusammen mit der Marke Jacob Co, nämlich die Astronomia Tourbillon, die im All auf einem Flug zur ISS-Raumstation getragen wurde. Und das Modell Epic X.
Bei allem Erfolg: Fünf Jahre nach der Lancierung der Idee waren ein Innehalten und das Nachdenken über die Zukunft des Projekts angesagt: «Fahren wir damit weiter?» Die Antwort ist ein grosses Ja und ein kleines Nein: «Wir wollten das Korsett Blau etwas ablegen», sagt Patrick Graf, der Rest bleibe wie gehabt eine von und exklusiv für Bucherer kuratierte «Spielwiese für Kreatives». Neu wird die Sache fortan deshalb auch nicht mehr Bucherer Blue heissen, sondern «Exclusive for Bucherer». «Es ging uns darum, Uhren und Schmuckstücke ganz ohne Blau ebenfalls möglich zu machen und alle gestalterischen Freiheiten zu erlauben», so Graf. Überdies würden Botschaft und Projekt mit dem neuen Namen sicher viel einfacher verstanden. Motto: «Lieber weniger machen, dafür wirklich speziell.»
Mutig, frisch, modern und durchaus disruptiv
Das galt schon bisher und hat mitunter seinen Preis: Die erwähnte Uhr von Girard-Perregaux wurde auf 18 Stück limitiert, jeweils zu 159’000 Franken. Die Uhr von H. Moser & Cie. kostet 109’000 Franken. Auch sie ist auf 18 Stück limitiert, ebenso das tickende Rennwagenmodell von L’Epée, welches für 35’000 Franken zu haben ist.
Idee, Geist und Philosophie hinter solchen Stücken sollen weiterleben. Als Einladung, sozusagen «out of the blue» etwas zu machen, das man von den Marken «nicht unbedingt erwartet» und das Schranken aushebelt – mutig, frisch, modern und durchaus disruptiv. «Wir möchten ein vorwärtsschauendes Design für Leute mit einem Faible für Uhren und exklusive Produkte mit einem eigenen, starken Charakter.» So erklärte Patrick Graf schon vor Jahren das Projekt. Rock ’n’ Roll sozusagen, und dabei bleibe es.