Pascal Raffy hat sich Ende 2022 ein Geschenk gemacht: Seit dem 30. Dezember gehört ihm die Uhrenmarke Bovet zu 100 Prozent. Die 25 Prozent, die ihm zum Alleinbesitz noch gefehlt hatten, hat der Handelskonzern DKSH an ihn abgetreten. 

Kommuniziert wurde der Deal mit einem Zweizeiler. Wir holen etwas weiter aus: 

Bovet, gegründet 1822 vom Schweizer Uhrmacher Edouard Bovet in England, wurde bekannt für identische, mit Miniaturmalereien verzierte Zwillingsuhren. Die Idee: Eine auf Reserve zu haben, wenn die andere im Service war. Das Ikonischste der Marke ist heute die Krone bei 12 Uhr, geschützt durch einen Bogen und das Amadeo-Gehäuse, auf das Bovet ein Patent besitzt. Dank diesem Aufbau sind der Zeitmesser sowohl als Armband-, Taschen- und auch als Tischuhr einsetzbar. Weitere Kollektionen von Bovet sind World Premiere, 19thirty, Fleurier, Fleurier Complications, Fleurier Grandes Complications und Bovet by Pininfarina, Sportster und Dimier. 

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Krone bei 12 Uhr, durch einen Bogen geschützt: Signatur Bovet. 

Quelle: PD

Für die Marke arbeiten heute rund 100 Könner. Die Zeitmesser kosten zwischen 18000 und einer Million Franken. 

Pascal Raffy, Jahrgang 1963, ist ein Selfmade-Superrichman. Geboren in Beirut, geflüchtet in die Schweiz, aufgewachsen in Sion, hat er in Paris an der Sorbonne politische Wissenschaften studiert und daneben gekellnert. Mit 25 hat er sich in in eine familiengeführte Pharmafirma eingekauft. Daraus ist dank cleveren Schachzügen die drittgrösste Pharmagruppe von Frankreich geworden, Synthélabo. In einem Interview sagte er: «Als ich angefangen habe, hatte ich zwei Leute bei mir, meinen Chauffeur und einen Chemiker. Als ich 2001 aufgehört habe, waren wir 325 und erzielten einen Umsatz von 700 Millionen Dollar.» Aufgehört hat er – so erzählt er – wegen seiner Tochter Audrey, deren Aufwachsen er nicht ganz verpassen wollte. Als er ausgecasht hat und sich in Frühpension begab, war Raffy 36 Jahre alt. 

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Der Ruhestand dauerte, bis er – ein passionierter Uhrensammler –  2001 davon hörte, dass Bovet auf der Suche nach Investoren war. Ausgerechnet Bovet. Die Anekdote dazu: Ein Freund, wie er ein angefressener Uhrensammler, hat unter einem Stofftuch Uhren versteckt, die Raffy ertasten sollte. Darunter eben eine Bovet – für Raffy offensichtlich eine haptische Offenbarung: «I knew it was truly different», erzählte er dem Wirtschaftsmagazin «Forbes», «it had substance. I was interested.» Schockverliebt griff er zu und kaufte 2001 für fünf Millionen Franken die Mehrheit an Bovet, nicht, wie er sagte, um sie gross zu machen, sondern «for my own selfish pleasure, for beautiful watchmaking.» Und: «I wanted to build Bovet into a true watchmaking house with soul.» Und so kam es auch: 2003 kaufte er die Uhrenmarke ganz. Dazu das Château de Môtiers NE, gebaut im 14. Jahrhundert, das einst den Bovets gehört hat. In den historischen Gemäuern werden die hoch edlen Uhren heute hergestellt, von A bis Z, ganz von Hand, rund 2000 im Jahr. Und unter ständiger Beobachtung durch den Patron: Dieser hat sich im Château eingerichtet, lebt dort – und wirft dem Vernehmen nach sein Auge auf absolut alles. 

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Das Château de Môtiers: Heim von Schlossherr Pascal Raffy und Bovet-Manufaktur. 

Quelle: PD

Inzwischen hat der Vater von drei Kindern, seine Älteste, Audrey, zu Bovet geholt und baut sie als Nachfolgerin auf. 

Das Schicksal seiner Uhren in Asien DKSH zu überlassen – und dazu eine 25 Prozent Beteiligung - muss ihm also ein Dorn im Auge gewesen sein und die Beendigung dieser Partnerschaft eine Erlösung. DKSH ihrerseits vermeldet das Ende mit der Anmerkung, dass der Bovet-Wegfall weder auf Umsatz noch Gewinn einen Einfluss haben wird - war ein kleiner Fisch für den Milliardenkonzern. 

Mit DKSH hat er vor 10 Jahren eine Partnerschaft begründet, um die Bovet in Asien zu etablieren. DKSH ist an der SIX börsenkotiert, in Zürich domiziliert und wird gemäss Analysten im 2022 einen Umsatz von 11,4 Milliarden Franken erzielen mit «Marktexpansionsservices»: DKSH hilft Unternehmen ins Ausland zu expandieren, schwerpunktmässig nach Asien und in den pazifischen Raum. Neben exklusiven Marketing- und Vertriebsrechten in dieser Weltregion gehörte auch eine 25 Prozent Beteiligung zum Bovet-Deal. Bovet ist nicht die einzige Uhrenmarke, die DKSH in dieser Weltregion vertreibt. Auf der Kundenliste stehen neben Maurice Lacroix, einer DKSH-Tochter, auch Marken wie Mondaine, Junghans, Timex – und Rolex. Rolex braucht DKSH-Support? Auf Anfrage heisst es, im Fall Rolex handle es sich nur um den Standort Guam, diese Kollaboration sei historisch gewachsen. Dass DKSH Maurice Lacroix gern los wäre, ist bekannt. Und es dürfte den einen und anderen interessierten Käufer ärgern, nicht schon lange ein Angebot eingereicht zu haben: Der CEO, Stèphane Waser, macht einen guten Job, Maurice Lacroix hat Erfolg, wird immer wertvoller – und teurer. 

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