Es herrscht Unruhe bei den Händlern der Uhren von Patek Philippe. Eben erst hat Patek-Präsident Thierry Stern in einem Interview mit der «Bilanz» verlauten lassen, dass er mehr eigene Läden eröffnen werde, «falls unsere Retailer ihren Job nicht mehr gut machen». Und jetzt bestätigt das Genfer Unternehmen gegenüber dem Online-Uhrenportal «Watchpro», dass Stern nicht bloss kosmetische Änderungen plant, sondern eine kleine Retail-Revolution.
«Patek Philippe arbeitet derzeit an einer globalen Umstrukturierung seines Einzelhandelsvertriebsnetzes», liess die sechstgrösste Uhrenfirma der Schweiz ausrichten. Und ergänzt: «Die Umstrukturierung wird zu einer Reduzierung von etwa 30 Prozent führen.»
Welche Händler in welchen Märkten betroffen sein werden, lässt Patek offen: «Vorläufig können keine Einzelheiten über Standorte oder Mengen von Einzelhändlern bekannt gegeben werden können.»
Kampf gegen Patek-«Flipper»
Unter den besonders stark nachgefragten Schweizer Uhrenmarken gehört Patek Philippe – wie Rolex – zu den Unternehmen, die ein enges Verhältnis zu ihren Händlern pflegen und den grössten Teil ihrer Uhren nicht selbst verkaufen, sondern eben verkaufen lassen. Bei Rolex liegt der sogenannte Wholesale-Anteil gemäss Angaben von Luxeconsult und Morgan Stanley bei 100 Prozent, bei Patek sind es 76 Prozent.
Ein Grund, weshalb Thierry Stern sein Händlernetz ausdünnen will, sind sogenannte Flipper. So werden Käufer genannt, die Patek-Uhren nur kaufen, um sie gleich wieder zu höheren Preisen zu verkaufen.
«Was mich sehr stört, ist, wenn man unsere Uhren an Leute verkauft, die sie nur kaufen, um sie wieder zu verkaufen», so Stern gegenüber der «Bilanz». «Und deshalb bin ich auf Händler angewiesen, die das verstehen und sich auch an unsere Guidelines halten. Ich kann das von Genf aus nicht alles kontrollieren.»
Nicht betroffen von der Restrukturierung bei Patek ist der älteste Uhrenladen der Welt, Beyer in Zürich, einer der wichtigsten und langjährigsten Patek-Partner in der Schweiz. «Nein, wir sind nicht betroffen», hält Beyer-Marketingleiter Philippe Meyer fest.
Der zweite wichtige Patek-Retailer in der Schweiz, das Luzerner Familienunternehmen Gübelin, hat bislang noch nicht auf eine entsprechende Anfrage der «Handelszeitung» reagiert.
«Was mich sehr stört, ist, wenn man unsere Uhren an Leute verkauft, die sie nur kaufen, um sie wieder zu verkaufen.»
Thierry Stern, Präsident Patek Philippe
Bereits einen Schritt weiter scheint Patek Philippe in Grossbritannien zu sein. Dort hat der Retailer Boodles, einer der renommiertesten Juweliere im Königreich, Patek aus zwei seiner sechs Filialen verloren. Aus einer Handelsregistermeldung von Boodles geht ausserdem hervor, dass Patek zwischen 2020 und 2022 die Zahl der Händler von 40 auf 25 reduziert habe. Patek selbst weist auf seiner Website allerdings noch immer 38 britische Händler aus.
Bekannt ist ausserdem, dass der deutsche Patek-Händler Wempe in London seinen Multimarken-Showroom an der Bond Street, der auch Patek-Uhren verkaufte, schloss, nachdem Patek Philippe selbst – ebenfalls an der Bond Street – eine eigene Boutique eröffnet hatte.
Bessere Margen in eigener Boutique
Die Zahlen der britischen Patek-Töchter zeigen ausserdem einen weiteren Grund neben den Flippern, warum Präsident Stern zur grossen Retail-Ausdünnung ansetzen dürfte. So weisen die jüngsten, bei Companies House – dem britischen Handelsregister – hinterlegten Bilanzen, dass der Umsatz von Patek im Vereinigten Königreich um 80 auf 187 Millionen Pfund gestiegen ist (Jahresabschluss per Ende Januar 2022).
Derweil verzeichnete die interne Boutique an der Bond Street, die unter dem Namen Patek Philippe Salon Limited firmiert, einen Umsatzanstieg von 185 Prozent auf 69 Millionen Pfund. Im Klartext: Die Verkäufe im eigenen Laden wachsen bei Patek mehr als doppelt so schnell wie insgesamt.
Klar ist auch: In den eigenen Läden sind die Margen für Patek – genau wie für andere Uhrenmarken – viel höher als bei den Uhrenhändlern.