Noch prangt auf diversen Fotos die falsche Uhr am Handgelenk von Ilaria Resta. Da trägt sie, die im Herbst die Leitung von Audemars Piguet übernimmt, eine Tank – die Ikone von Cartier. Sie wird sie künftig höchstens noch privat tragen und öffentlich auf den Star von AP setzen, die Royal Oak, ein Liebling vieler erfolgreicher Frauen.
Wie ist Restas Ernennung zur künftigen AP-Chefin zu werten? Es gibt drei Aspekte.
Ein Triumph für Jasmine Audemars
Zunächst ist sie ein Triumph für Jasmine Audemars, die langjährige Präsidentin und wichtige Aktionärin des Familienunternehmens. Sie machte im vergangenen Winter nach 30 Jahren im Dienste der Firma Platz für ihren Nachfolger. Und machte nie einen Hehl daraus, dass sie sich als künftige Chefin ihrer Uhrenmarke eine Frau wünscht.
Mit Resta hat AP nun nicht bloss eine Frau gefunden, sondern eine Managerin, die auf eine beeindruckende internationale Karriere von mehreren Jahrzehnten zurückblickt. Fast 23 Jahre lang arbeitete sie bei Procter & Gamble, dem 80-Milliarden-Dollar-Giganten mit weltbekannten Marken wie Gillette, Pantene, Pampers, Tampax, Ariel oder Oral-B. Resta hat für P&G Batterien, Waschmittel und Shampoo verkauft, Marken gross gemacht. Sie hat in Rom, London, Genf und Cincinnati gearbeitet. Und sie ist kontinuierlich aufgestiegen.
Vor drei Jahren dann wechselte die italienisch-schweizerische Doppelbürgerin zu Firmenich, als Leiterin des Parfümgeschäfts, stieg in die Konzernleitung auf und wäre auch nach dem Verkauf des Genfer Familienunternehmens an den Chemieriesen DSM als einzige Firmenich-Managerin für die neue Konzernleitung vorgesehen gewesen. Wäre da nicht der Ruf aus Le Brassus, diesem Nest im Vallée de Joux, der Heimat von Audemars Piguet, gekommen.
Resta weiss, wie man Kunden für Marken gewinnt
Auffällig an Restas Vita ist mit Blick auf ihre neue Rolle, dass sie bislang mit Luxusgütern kaum Kontakt hatte. Und über keinerlei Branchenerfahrung verfügt. Insofern ist ihre Ernennung auch ein mutiger Schritt, vielleicht gar ein Risiko. Aber ein durchaus kalkuliertes.
Denn Resta weiss, was Konsumentinnen und Konsumenten wünschen, sie weiss, wie man sie für Marken gewinnt und bindet. Und genau das ist matchentscheidend für eine Uhrenmarke, die rund drei Viertel ihrer Zeitmesser direkt an Endkunden verkauft, ohne den in der Uhrenbranche nach wie vor üblichen Umweg über Händler. So gesehen passt ihre Vergangenheit beim Massenmarkt-Markenartikler P&G eben doch zur Luxusmarke AP, die fünf- und sechsstellige Preise für ihre Uhren verlangt.
Kurz: Procter & Piguet könnte bestens funktionieren.
Restas Nomination ist daher auch die Verstärkung eines Trends, der mit der Berufung von Unilever-Personalchefin Leena Nair an die Spitze von Chanel Anfang 2022 zum ersten Mal für Aufsehen sorgte. In den traditionsreichen, manchmal reichlich verstockten Teppichétagen der Luxusindustrie sorgen die Frauen aus der schnellen Branche der Konsumgüter für auffrischenden Wind.