Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Das dürfte der Leitgedanke für die Entscheidung von Rolex-Chef Jean-Frédéric Dufour gewesen sein, die Uhrenmarke Carl F. Bucherer einzustellen.
Heute früh sind die Angestellten über das Ende informiert worden, demnächst gehen die Rollläden an den noch verbliebenen Boutiquen runter, demnächst werden die Verkaufsstellen in den Filialen von Bucherer für andere Marken freigeräumt.
Weder Rolex noch Bucherer wollten einen Kommentar zum Ende von CFB abgeben. Rolex hat auf Bucherer verwiesen, Bucherer wiederum hat die Informationen von «BILANZ Watches» als blosse «Gerüchte» abgetan.
Jörg Bucherer (mit Isabel Zumtobel am Lucerne Festival 2019) ist kurz nach dem Verkauf von Bucherer an Rolex verstorben.
Millionengrab
Gemäss Informationen von «BILANZ Watches» hat es die Marke Carl F. Bucherer trotz teils ansehnlichen Umsätzen nie geschafft, schwarze Zahlen zu schreiben. Insgesamt dürfte Bucherer mit CFB rund 250 Millionen Franken versenkt haben. In guten Jahren hat CFB Umsätze zwischen 80 und 100 Millionen Franken erwirtschaftet. Es hat gar Jahre gegeben, wie zu hören ist, in denen die Marke innerhalb der Bucherer-Geschäfte die zweitstärkste Marke hinter Rolex war. Doch selbst in diesen Jahren hat CFB Verluste geschrieben. Es soll kein einziges Jahr mit schwarzen Zahlen gegeben haben.
Kein Wunder also, dass Dufour CFB den Stecker zieht. Rolex gehört zwar einer Charity, ist aber keine Charity, sondern ein Unternehmen, ein äusserst erfolgreiches Unternehmen. Störfaktoren wie CFB braucht es da nicht. Zumal die Marke aus der Sicht von Rolex ohnehin nur als Beifang der Bucherer-Übernahme gilt. Die stärkste Uhrenmarke der Welt braucht – neben Tudor – keine weitere Schwestermarke. Und schon gar nicht eine, die nicht funktioniert.
Rolex gehört zwar einer Charity, ist aber keine Charity.
Patron Bucherer war Lebensversicherung und Bank zugleich
Fragt sich bloss, weshalb Bucherer den Schnitt, den nun Rolex macht, nicht schon längst in Eigenregie gemacht hat. Der Grund ist einfach: Carl F. Bucherer war das Baby von Patron Jörg Bucherer.
Solange er bei Bucherer höchstselbst das Sagen hatte, wagte es niemand, sein teures Hobby zu kritisieren oder gar in Frage zu stellen. Jörg Bucherer war die Lebensversicherung und Bank der Marke zugleich, heisst es. Erst sein Tod nach der Übernahme von Rolex habe den Weg freigemacht, die ungewisse Zukunft der Marke nüchtern zu analysieren. Der strenge Blick der Finanzabteilung von Rolex auf die Verlustrechnungen der Marke hat dann das Ende besiegelt.
Zu hören ist, dass Rolex versuchen wird, einen Teil der betroffenen Angestellten – es sind rund hundert – innerhalb der Gruppe unterzubringen. So dürften den Leuten in der CFP-Produktion in Lengnau bei Biel Jobs in der neu entstehenden Rolex-Fabrik in Bulle angeboten werden. Dabei dürfte es um rund siebzig Personen gehen.
«Ich hätte von der Marke mehr erwartet»
Der Misserfolg von Carl F. Bucherer ist deshalb erstaunlich, weil die Marke als Teil der Uhrenhandelsgruppe Bucherer stets privilegierten Zugang zum ausgebauten Distributionsnetz von Bucherer in Europa und in den USA hatte sowie die Onlineverkaufskanäle nutzen konnte. Ein profunder Kenner der Branche, der seinen Namen nicht genannt haben will, sagt denn auch: «Ich hätte von der Marke mehr erwartet.»
Ausserdem ist der Misserfolg erstaunlich, weil Bucherer die Marke in der Vergangenheit oft im Paket mit den heiss begehrten Modellen von Rolex verkauft haben soll. Will heissen: Eine Daytona gab es bei Bucherer dann, wenn gleichzeitig auch eine CFB gekauft wurde. Die Folge davon: Bis heute werden auf den einschlägigen Onlinemarktplätzen gebrauchte CFB-Modelle mit bis zu 90 Prozent Discount angeboten.
Zuletzt war Carl F. Bucherer in rund 250 Geschäften präsent, 50 davon werden Bucherer respektive der US-Tochter Tourneau betrieben.