Was macht eine Uhrenmarke erfolgreich? Zum einen qualitativ hochwertige Produkte. Zum anderen verfügt eine begehrenswerte Marke immer über eine markante Identität. Vermutlich trägt die Marke sogar mehr zum Wert einer Uhr bei als deren Qualität und Funktion. Solche Marken lassen sich jedoch nicht über Nacht kreieren. Es erfordert Jahrzehnte kontinuierlicher Arbeit. 

Gerade in dieser Hinsicht wird es bei Unternehmen wie Swatch Group, Richemont und LVMH interessant: Was ist ihre Strategie? Sie wollen Gewinne erwirtschaften, natürlich. Und wenn dies nicht in der gewünschten Grössenordnung geschieht, wird häufig umgeplant, neu justiert und das Management frühzeitig ausgetauscht. Meine Beobachtung: Die durchschnittliche Verweildauer der CEOs bei familiengeführten Marken ist deutlich länger als bei jenen Markengruppen, die ihre Manager auf einem Schleudersitz platzieren.

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Ich glaube, die Gruppen müssen umdenken. Sie täten gut daran, ihren CEOs mehr Freiraum zu lassen, auch wenn das bedeutet, dass Marken innerhalb eines Konzerns miteinander konkurrieren. Das Markenportfolio der Swatch Group ist sehr gut segmentiert und innerhalb des Angebots auf die einzelnen Bereiche abgestimmt. Es gibt für alle Preisklassen und Kundengruppen das richtige Angebot: von der Flik Flak für Kinder über die preisgünstige Swatch-Uhr bis zur Omega oder Breguet für Käufer mit tieferen Taschen. Aber es gibt wenig Wettbewerb und vermutlich viele Stallorders, was die einzelnen CEOs stark limitiert. Bei Richemont und LVMH ist es nicht anders.

Auf den ersten Blick mag es vernünftig sein, das Uhrenportfolio innerhalb einer Gruppe wie eine Produktpalette zu optimieren. Was bei Autoherstellern funktioniert, ist aber bei Uhrenmarken nicht schlüssig. Uhren sind emotional aufgeladene Produkte – umso wichtiger, dass eine Marke aus sich selbst heraus mit viel Freiheit ein eigenes Profil entwickelt. 

Als Uhrenfan und -käufer brauche ich die Gewissheit, dass die neue Referenz nicht nur ein Produkt ist, das sich gut verkaufen lässt, sondern eine sinnvolle Weiterentwicklung des Sortiments. Denn das macht die Verbindung zwischen der Uhr als Marke und mir als Kunden aus: wenn die Marke zu mir passt, gerade weil sie ihr eigenes Profil kultiviert und nicht nur blind den Kundenwunsch nach Abwechslung erfüllt. Ist diese Art der Eigenständigkeit gegeben, entsteht eine langfristige Liebe zur Marke. Habe ich aber das Gefühl, dass eine Uhr nur Teil einer Produktpalette ist, um Zielgruppen und Umsätze zu vergrössern, dann bin ich raus.

Mich wundert es daher nicht, dass Georges Kern Richemont verlassen hat. Bei Breitling kann er nun frei entscheiden, welche Uhren er für welche Zielgruppen produzieren möchte. Und der Erfolg gibt ihm recht. Deshalb meine Bitte als Uhrenfan: Gebt euren CEOs mehr Freiraum, damit sie langfristig noch stärkere Marken aufbauen können. Beteiligt das Management am Unternehmen, um neue, innovative Energien freizusetzen. Dieses Bekenntnis zu Konstanz und Ausdauer wäre auch anziehend für besseres Personal. Und natürlich sollte jedes Management selbst entscheiden können, wann es Synergien nutzt und wann es bewusst darauf verzichtet. 

Georges Kern hat mit Breitling das passende Playbook dazu geliefert. Ich bin fest davon überzeugt, dass dies auch innerhalb der Gruppen funktionieren kann. Kontrolle abzugeben, ist keine Schwäche, sondern ein Beweis von Mut, Weitblick – und Geschäftssinn.

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