Die beiden Jungunternehmer Philipp Man und Ludwig Wurlitzer gründeten 2013 den Online-Uhrenmarktplatz Chronext mit Hauptsitz in Zug und bauten ihn zu einer führenden Handelsplattform für neue und gebrauchte Uhren auf. Das Geschäft, das sie mit Fokus auf Umsatzwachstum pushten, brummte und führte im Sommer 2021 sogar zur Ankündigung eines Börsengangs. Dieser wurde wegen «ungünstiger Marktbedingungen» wenig später auf Eis gelegt.
Seither bewegte sich Chronext bestenfalls noch seitwärts. 2022 nahm die krisengeladene Weltlage dem Geschäft zusätzlich Wind aus den Segeln. CEO Man reagierte schnell, entliess ein Viertel der 150-köpfigen Belegschaft – dann waren er und sein Kompagnon aber am Ende ihres Unternehmerlateins. Im Frühling verkauften sie Chronext an eine Gruppe von Investoren, darunter der Anwalt Till Spillmann, der in den geplanten Chronext-Börsengang involviert war und nun als Chairman amtet. «Es war an der Zeit, dass ich mich nach zehn Jahren aus dem operativen Geschäft bei Chronext zurückziehe und künftig intensiv meinen anderen unternehmerischen Aktivitäten widmen kann», erklärt Philipp Man.
Was er aufgebaut hat, ist gross – stark ist es nicht. Das haben die letzten 24 volatilen Monate deutlich gemacht. Derjenige, der das nun ändern will, ist Philippe Roten. Der Walliser ist ein Verkaufsprofi, hat seine Karriere vor 24 Jahren bei Gübelin gestartet, war bei Manor, der Swatch Group, TAG Heuer und Hublot und zuletzt CEO von Favre-Leuba, einer der ältesten Uhrenmarken der Schweiz, seit 2011 in Besitz der indischen Tata-Gruppe. Als bekannt wurde, dass der Riesenkonzern Favre-Leuba loswerden wollte, unterbreitete Roten zusammen mit Partnern ein Angebot. Zum Handkuss kam schliesslich ein indischer Juwelier. Roten ging von Bord. Zu Chronext gefunden habe er via Spillmann, sagt der 57-Jährige.
Er selbst gehört zu den Investoren und ist als CEO nun damit beschäftigt, die Dinge zurechtzurücken. «Es geht nun erst einmal darum, Brücken zu bauen zu Industrie und Handel», sagt er, «es ist in all den Jahren nicht gelungen, die Akzeptanz der Uhrenindustrie zu erlangen.» Im Gegenteil: Chronext ist in der traditionsreichen, von starken Egos dominierten Branche ein Reizwort. Man, der das Unternehmen im Alter von 21 Jahren mit dem Selbstbewusstsein des frisch gekürten Cambridge-Absolventen hochgezogen hat, sagt heute selbst, er sei wohl etwas zu selbstsicher aufgetreten. Nun arbeitet Roten an Image, Markenprofil und -positionierung mit dem Ziel, in zwölf Monaten zu erreichen, wovon Man nur träumen konnte: die Gewinnzone. Erste Kontrakte in seinem Sinn sind bereits aktiv: Für Breitling etwa agiert Chronext nun als offizieller Servicepartner. More to come – gemäss Roten auch neue Produktkategorien.