Da kann die Uhr noch so robust und für extreme Sportaktionen in den Bergen konzipiert sein. Gegen Unwetter auf über 3000 Meter kann sie nichts ausrichten. Und so kam bei Freeskiern wie dem Schweden Max Palm oder der Französin Juliette Willmann, die die Schweizer Uhrenmarke Alpina als Brand-Ambassadore vertreten, nicht wie gewünscht zum Einsatz. Der geplante Freeride Contest an der legendären Flanke des Bec des Rosses in Verbier VS musste letztlich an diesem Samstag Ende März verschoben werden. Wäre es zu gefährlich gewesen, sich auf den Latten die steile Felswand runterstürzen? «Nein, nein, wir lieben ja die Gefahr», sagte einer der Freeskier. «Aber bei schlechter Sicht können die Punktrichter die Fahrten nicht bewerten.»

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Also ging es auch für Alpinas Brand Director Oliver van Lanschot Hubrecht, auch er ein ziemlich flotter Skifahrer, wieder den Berg runter. In der Lobby des Hotel Le Vanessas nimmt er sich Zeit, um zu erläutern, wie er der Marke mit der bis ins 19. Jahrhundert zurückreichenden Historie neuen Schwung verleihen will. 

Hohe Nachfrage

An seinem Handgelenk glänzt eine Uhr, die es zum Zeitpunkt des Gesprächs offiziell noch nicht gibt. Und die er am folgenden Montag an der Genfer Uhrenmesse «Watches and Wonders» vorstellen wird. Es handelt sich um ein Upgrade der 2022 veröffentlichten Neuauflage der Alpiner Extreme Automatic – ein elegant-sportlicher Zeitmesser mit einem robusten Stahlgehäuse, Kautschukband, drei Zeigern, Datum und einer Wasserdichtigkeit von bis zu 200 Metern. Die Uhr bezieht sich auf ein 20 Jahre davor lanciertes Modell und ist in den drei Farben Schwarz, Grün und Blau erhältlich. «Die Nachfrage ist so gross, dass wir kaum mit der Produktion hinterherkommen», sagt van Lanschot Hubrecht. Und tatsächlich: Wer die Uhr aktuell erwerben will, muss sich noch einige Wochen gedulden.

Oliver Van Lanschot

Oliver Van Lanschot trägt die Neuauflage der Alpiner Extreme Automatic.

Quelle: Eric Rossier

Zum Erfolg beigetragen hat sicherlich die Reduktion der Grösse: Während das Vorgängermodell namens Avalanche Extreme ein Gehäuse von satten 48 mm besass, passt die neue Version mit 41 mm zu wesentlich mehr Handgelenken, auch an weibliche. Zudem spielt die Uhr mit einem Preis von unter 2000 Franken in einer Preisspanne, in der es laut van Lanschot Hubrecht nicht sehr einfach sei, etwas «cooles» zu finden.  

Die neuen Flaggschiffe

Beim besagten Upgrade an seinem Handgelenk handelt es sich nun um eine Version des Alpiner Extremes mit Edelstahlband. «Viele Kunden haben uns danach gefragt.» Es verleihe der Uhr einen zusätzliche Eleganz. 

Die Alpiner Extreme soll für Alpina zum Flagship-Modell werden. Zwar gibt es im Portfolio etwa auch Piloten- und Taucheruhren, doch die vergangenes Jahr neu aufgelegte Kollektion dürfte den Grossteil der Verkäufe generieren. 

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Geschäftlich sind die Aussichten laut van Lanschot Hubrecht ziemlich heiter. Zwar gibt er kaum Zahlen preis, so viel verrät er dann aber doch: «Wir wollen dieses Jahr die Umsätze um rund 25 Prozent steigern.» Die wichtigsten Märkte dabei sind die Schweiz, Frankreich und das weitere Westeuropa sowie die USA und der Mittlere Osten. Wobei speziell Indien ein grosses Potenzial biete. Erstens steigt die Kaufkraft. Zweitens, und das ist wohl für Alpina der wichtigere Effekt: Die Alpen dienen in vielen Bollywoodfilmen als ikonische Kulisse. Perfekt also für die Vermarktung einer Uhrenbrand, die sich vornehmlich mit den Bergen und dem Bergsport identifiziert. 

Die erste Sportuhr der Schweiz

Eine der wichtigsten Aufgaben, die der Alpina-Chef nun angehen will, ist den Brand allgemein bekannter zu machen. Vor allem auch die Geschichte. Sie geht zurück auf einen gewissen Gottlieb Hauser, der 1883 in Biel die Alpina Union Horlogerie S.A. gründete. Die 1938 erschienene «Alpina 4» gilt als erste richtige Sportuhr aus der Schweiz. Mit der sogenannten Quarz-Krise der 70er-Jahre drohte Alpina wie so vielen Schweizer Uhrenmanufakturen der Untergang. Fast geriet die Marke in Vergessenheit. Doch 2002 gelang die Wiederbelebung, als die Genfer Uhrenmarke Frédérique Constant Alpina übernahm. Um den Brand bekannter zu machen, helfen nun sicherlich auch die rund 20 Marken-Ambassadoren – die meisten davon Ski-Profis, die von Alpina unterstützt werden.

Ein Vintage-Plakat der Uhrenmarke Alpina, mit einem älteren Modell, dem Schriftzug und zwei Händen.

Die Alpina 4 von 1938.

Quelle: ZVG

Entscheidend für den künftigen Erfolg erachtet van Lanschot Hubrecht jedoch die Retailer. «Die Verkäufer müssen die Emotionen vermitteln können.» Der Alpina-Chef sieht aktuell grosse Chancen, das Vertriebsnetz auszubauen. Da viele Hersteller wie Longines, Tag Heuer, Breitling oder Omega immer mehr auf eigene Läden setzen, gibt es bei vielen Händlern neuen Platz für aufkommende Marken. Der Aufstieg von Alpina dürfte also erst so richtig beginnen.