Richard Mille und Dominique Guenat gründeten 2001 die Marke Richard Mille mit Uhren, die ursprünglich testosterongeladene Maschinen fürs Männerhandgelenk sind. Vor allem seit dem Einzug der neuen Generation an der Spitze des Hauses, insbesondere Tochter Amanda Mille als Förderin von Frauen in der Uhrenindustrie, entdecken immer mehr Frauen den Reiz dieser edgy Zeitmesser.
Dieser Artikel erschien zuerst beim BOLERO Magazin.
Sie starteten Ihre Karriere bei Richard Mille 2014 mit der Aufgabe, eine weiblichere Perspektive einzubringen. Was haben Sie getan?
Amanda Mille: Als ich in Dubai arbeitete, meinem ersten Arbeitsort für die Marke, hatte ich das Glück, einheimische Frauen kennenzulernen, die mich in ihren Freundes- und Familienkreis aufgenommen haben. In unserer wertvollen gemeinsamen Zeit habe ich erfahren, welches ihre Erwartungen hinsichtlich unserer Produkte sind, aber auch viel gelernt über die Art, wie sie angesprochen werden möchten. Wir haben festgestellt, dass viele von ihnen sehr an Komplikationen interessiert waren. Sie wollten verstehen und schätzten es, dass die Marke sie wirklich ernst nimmt. Wir haben auf allen Niveaus – Partnerschaften, Events, Kommunikation, Boutiquen, Forschung und Entwicklung – versucht, zu verstehen, wie man mit Frauen spricht.
Würden Sie sagen, Sie haben innerhalb Ihres Unternehmens einen kulturellen Wandel angestossen?
Natürlich, in gewisser Weise war es das. Obwohl sich die Marke schon immer auf Damenuhren konzentrierte. Unser erstes hauseigenes Automatikkaliber, aber auch das erste hauseigene Automatik-Tourbillon wurden für Damenmodelle entwickelt. Wir mussten diese Botschaft lediglich kundtun und die Frauen direkt angehen. Unser Approach bei den Produkten bestand nicht einfach darin, die Stücke mit Diamanten zu besetzen oder sogenannt feminine Farben zu verwenden. Als wir mit unseren Aktivitäten anfingen, lag das Damenuhren-Segment bei drei Prozent. Inzwischen ist die Zahl auf rund dreissig Prozent angestiegen.
Wie hat sich Ihre Rolle im Unternehmen seither entwickelt?
Nach vier Jahren in Dubai bat mein Vater mich und meinen Bruder, der für unseren Handelspartner in den USA arbeitete, nach Paris zurückzukommen. Ich sollte mich fortan um die Partner und unsere zahlreichen Events kümmern, die ein Kernelement unserer Marke sind. Auch, weil ich es liebe, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Menschen gern zusammenkommen.
Wonach suchen Sie bei Ihren Partnerinnen und Partnern?
Zunächst einmal suchen wir nie die bekanntesten Gesichter. Uns ist die persönliche Verbindung viel wichtiger. Insofern ist die Auswahl sehr organisch, und die Beziehungen bestehen sehr lange. Sportler etwa schenken uns viel mehr als nur ihre Zeit und ihre Werte: Sie testen die Uhren auf eine Art und Weise, wie es keine Maschine tun könnte. Sie tragen ihre Uhr beim Training, bei Wettkämpfen und vielem mehr. Eine unbequeme Uhr könnte alles zunichtemachen. Bei der Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl beispielsweise muss alles aus den Beinen und der Hand kommen. Wenn du nicht in der Lage bist, richtig mit deiner Hand zu führen, weil dich etwas stört, gefährdest du deine ganze Arbeit. Für die allermeisten sind unsere Uhren jedoch inzwischen so etwas wie ein Glücksbringer.
Richard Mille kreiert unvergessliche Events oder ist Partner prestigeträchtiger Veranstaltungen. Worauf legen Sie Wert?
Für uns ist der Schlüssel für einen erfolgreichen Event der menschliche Aspekt. Wir kreieren unsere eigene Bubble, um Zeit mit den Menschen verbringen zu können. Und natürlich geht es dabei um Dinge, die wir lieben. Das kann Segeln sein, es kann um Autos oder um Pferde gehen. Wir möchten all diese verschiedenen Universen mit all den Menschen teilen, die an unserer Seite sind. Das ist für uns Luxus: die gemeinsame Zeit, die gemeinsame Leidenschaft.
Richard Mille steht für superexklusive Uhren. Sport steht für Inklusion. Wie schaffen Sie die Balance zwischen Exklusivität und Inklusion?
Viele Menschen haben auch eine andere Vorstellung von Exklusivität, als wir sie haben. Für uns bedeutet Luxus nicht, den Leuten Kaviar zu servieren, sondern die Qualität von allem, was man tut. Wir möchten kohärent bleiben in unserer Strategie, um weiterhin stets verrückte Stücke zu kreieren. Das ist eine Entscheidung.