In der sechsten Folge unserer Serie Stracke sinniert Tim Stracke von Chrono 24 über die Learnings aus dem Uhrenjahr 2024.
1. Marken müssen Kunden auf neue Art begeistern
Die Zeiten, in denen Spekulanten den Markt dominierten, sind passé. Heute sind es vor allem echte Uhrenliebhaber, die ihre Leidenschaft ausleben.
Genau hier liegt die Herausforderung für die Marken. Massive Preiserhöhungen während der Pandemie und der Jahre danach haben viele Käufer und Käuferinnen abgeschreckt. Luxusmarken können ihre Preise jedoch nicht einfach senken, ohne ihren Wert zu gefährden. Der Weg führt über neue Modelle oder weniger kostspielige Kollektionen.
Ein Beispiel: Anstatt die Preise für eine neue Speedmaster zu reduzieren und den Markenwert zu gefährden, könnte Omega eine Rückkehr der Dynamic-Kollektion wagen (sie wurde in den 90er-Jahren eingestellt) und sie im Bereich von 5000 bis 6000 Euro anbieten. Ähnlich könnten IWC, Breitling oder Grand Seiko Modelle anbieten, die sich an Enthusiasten richten, ohne die Preisstruktur der bestehenden Kollektionen zu beschädigen.
Denn eins ist sicher: Die Kundinnen sind nicht bereit, für das Gleiche immer höhere Preise zu zahlen.
2. Design schlägt Sportlichkeit – eine neue Ästhetik erobert den Markt
Ein klarer Trend: Uhren mit markantem Design sind deutlich mehr gefragt. Während klassische Sportmodelle an Attraktivität verlieren, legen Marken wie Cartier oder Piaget mit der Polo an Beliebtheit zu.
Dieser Wandel ist vor allem jungen Gen-Z- und Millennial-Sammlern zuzuschreiben, die während der Pandemie exklusiven Uhren einen Hype bescherten und über die Zeit einen raffinierteren Geschmack entwickelten. Designorientierte Marken mit starker Social-Media-Präsenz profitieren von diesem Trend.
Die grosse Zeit von Cartier schien Ende der 60er-Jahre zu Ende gegangen zu sein. Jetzt erlebt die Marke ein beeindruckendes Comeback. Auch die diesjährige GPHG-Shortlist zeigt, wie stark sich die Branche auf Design konzentriert.
Die Uhrenwelt wird bestimmt von Zyklen – der aktuelle ist geprägt von Ästhetik und Gestaltung.
3. Neue Märkte ins Visier nehmen
Während die europäischen und US-amerikanischen Märkte stagnierten und der chinesische Markt regelrecht einbrach, profilierten sich Australien, Japan, Kanada, die UAE und Schweden 2024 als wachstumsstarke Regionen. Hier liegt enormes Potenzial, wenn Marken ihre Marketinginitiativen stärker auf diese bisher wenig erschlossenen Märkte zuschneiden. Limitierte Sondereditionen oder gezielte Kooperationen könnten in diesen Regionen für Aufmerksamkeit sorgen und Sammler begeistern.
4. Der Sekundärmarkt als Schatzkammer
Für Enthusiastinnen mit kleinerem Budget ist der Sekundärmarkt zurzeit attraktiv wie selten zuvor. Marken wie Breguet, Blancpain, Daniel Roth, Universal Genève, Jaeger-LeCoultre oder Girard-Perregaux überzeugen mit einem fantastischen Preis-Leistungs-Verhältnis.
Ausserdem ist der Sekundärmarkt aktuell noch ein reiner Käufermarkt. Wer eine Uhr aus Liebe zur Mechanik und Ästhetik kauft, sollte genau hier hinschauen und zugreifen – jetzt ist der perfekte Zeitpunkt dafür.
Das Uhrenjahr 2024 hat uns nicht nur neue Perspektiven gezeigt, sondern auch die Vielfalt und Dynamik dieser faszinierenden Branche bewiesen. Die Zukunft bietet viele Chancen für Innovationen – und sie fordert Mut zur Veränderung.