Max Büsser und Fabrizio Buonamassa Stigliani operieren normalerweise in sehr verschiedenen Welten. Büsser hat der traditionellen Uhrmacherei vor 20 Jahren den Rücken gekehrt und 2005 Max Büsser & Friends, kurz MB&F, gegründet. Die Zeitmesser, die in seinem Atelier entstehen, nennt er nicht Uhren, sondern Horological Machines oder auch dreidimensionale Skulpturen fürs Handgelenk. Sie sind alles ausser gewöhnlich – und Büsser besetzt damit hoch erfolgreich eine Nische. Buonamassa arbeitet seit 17 Jahren bei Bulgari – in Rom der Juwelier, in der Schweiz einer der ambitioniertesten Uhrmacher und seit 2013 in Besitz von LVMH. Der Neapolitaner bestimmt als Kreativchef das Design der Uhren. Von ihm stammen Ikonen wie die Octo Finissimo und die Serpenti Seduttori.
Die beiden lernten sich an einer Uhrenmesse kennen, 2017, und es hat zwischen ihnen sofort geklickt: 2021 brachten sie ein erstes Gemeinschaftswerk heraus, die MB&F × Bulgari LM FlyingT Allegra, einen Mix aus farbenfrohem Bulgari-Geschmeide und Legacy Machines von MB&F.
Am 10. Februar 2025 präsentierten die beiden in Dubai ihr zweites gemeinsames Werk. Es heisst Bulgari × MB&F Serpenti und ist eine Kombination der Bulgari-Ikone Serpenti und des mechanischen Genies von MB&F. Mit angereist und auf dem Podium: Jean-Christophe Babin, CEO von Bulgari, der die Präsentation eröffnet mit: «Es ist das erste Mal in der Uhrmachergeschichte, dass eine Frauenuhr Vorbild für eine Männeruhr ist.»
Das Ergebnis der Kollaboration: Die Bulgari × MB&F Serpenti.
Der erste Eindruck? Die Bulgari × MB&F Serpenti ist unverkennbar Bulgari und eindeutig MB&F. «Das war unser Ziel», kommentiert Buonamassa, «aus zwei ganz verschiedenen DNAs etwas Neues zu schaffen und zugleich die Identitäten zu bewahren.»
Gezündet wurde das Werk von Buonamassa: «Die Idee, eine Serpenti für Männer zu designen, hatte ich schon seit zehn Jahren im Kopf», erzählt er bei der Präsentation. Konkret sei sie erst beim Skizzieren geworden, langsam, aber sicher: «Tag 1 war für den Papierkorb, Tag 2 schon besser, am Tag 3 hatte ich die Uhr.» Er schickte Büsser die Message, er habe eine Idee. Büsser antwortete: «Let’s do it.» Notabene ohne zu wissen, worauf er sich einliess.
Drei Jahre haben die beiden investiert, zahllose «Geht nicht» ins Gegenteil gekehrt, nicht nur in Bezug auf die Mechanik und das Konzept für das Uhrwerk, sondern auch auf das Gehäusedesign. Büsser sagt: «Das Case Design war wahnsinnig (insainly) komplex.» Für Buonamassa waren die Designaspekte dagegen «das reine Vergnügen», was aber nicht heisst, dass es einfach war: Hunderte von Skizzen und Dutzende von 3D-gedruckten Modellen belegen das Gegenteil. «Es gab viele Probleme zu lösen», sagt Buonamassa, «but we had fun.»
Im Inneren befindet sich ein komplexes Uhrwerk, das – ganz in Büssers Sinn – traditionelle Uhrmacherkonventionen ignoriert und von MB&F selbst konzipiert und entwickelt wurde. Die Zeit wird auf drehbaren Stunden- und Minutenkuppeln – den Augen der Schlange – angezeigt, die aus massivem Aluminium gefräst wurden. Das Gehirn des mechanischen Reptils wird durch die übergrosse fliegende Unruh symbolisiert, die dank einer dreidimensionalen Unruhbrücke fest in Position gehalten wird.
Auf der Unterseite der Maschine gibt es eine Gangreservenanzeige und dank Saphirglas freien Blick auf einige der anderen 310 Komponenten des handgefertigten Kalibers. Die Herstellung sei höchst aufwendig, von diesem Werk seien pro Monat deshalb maximal sechs bis acht machbar, so Büsser.
Es sind nicht nur MB&F- und Bulgari-Codes im Gemeinschaftswerk verewigt, sondern auch noch die Leidenschaft für Autos, die die beiden Männer teilen: Das 3D-Gehäuse hat die Form einer schnittigen Autokarosserie, das komplexe, «gestufte» Saphirglas erinnert an die Klappen der Heckscheibe eines Sportwagens, und die Kronen kann man auch als Autoräder sehen.
Etwas ganz Besonderes an dieser Kollaboration ist, dass sie in der Art aussergewöhnlich ist, was Babin betont haben will: Normalerweise ziehen grosse Marken Künstler oder andere Könner von ausserhalb des Fachs hinzu, um etwas Neues zu kreieren. Hier teilen zwei absolute Profis ihr Wissen und Können. «Der Austausch und das Teilen sind sehr wichtig», sagt Babin, «aber in der Branche nicht üblich.» Was daraus wird? Fraglos ein kommerzieller Erfolg, die Bulgari × MB&F Serpenti wird ihre Klientel finden, höchstwahrscheinlich völlig problemlos – wie alles, was aus Büssers Labor kommt. Darüber hinaus ist einiges denkbar. Babin sagt, «vielleicht ist die Serpenti dank dieser Kollaboration in zehn Jahren ein Bestseller bei Männern», und fügt an, «wenn man es nie ausprobiert, wird man es nie wissen.»
Mit einer Ikone wie der Serpenti etwas zu wagen wie die Bulgari × MB&F Serpenti ist hoch mutig. Allein schon deshalb hat es diese Neuheit verdient, gefeiert zu werden, nicht wahr?
In der Kollektion Bulgari × MB&F Serpenti wird es 99 Zeitmesser geben.
Es gibt drei Versionen in jeweils 33-facher Ausführung. Eine mit einem Gehäuse aus Titan Grad 5 und blauen Stunden- und Minutenkuppeln, eine mit einem Gehäuse aus 18-Karat-Roségold und grünen Augen und schliesslich eine aus schwarz PVD-beschichtetem Edelstahl mit roten Augen.
Das Modell in Gold kostet 152’000, die anderen beiden 132’000 Franken (jeweils exkl. MwSt).