Es ist ein Comeback, mit dem er zeigt, dass seine Reputation trotz des harten Ausscheidens bei Nestlé noch intakt ist: Im Februar tritt Mark Schneider in den Aufsichtsrat des deutschen Industriekonzerns Siemens ein, spätestens zwei Jahre später übernimmt er das Präsidium. Der 59-Jährige folgt auf den Dänen Jim Snabe, der das Kontrollgremium seit sechs Jahren leitet und mit seiner Mitgliedschaft von elf Jahren bei den Investoren nicht mehr als unabhängig gilt. Die Nachfolgesuche lief schon länger, es fehlte bislang nur der geeignete Kandidat.
Schneider und der Ex-SAP-Chef kennen sich seit Langem: Der deutsche Gesundheitskonzern Fresenius nutzte unter Schneider als Chef die SAP-Software, er hatte direkten Kontakt zu Snabe. Im Jahr 2012 sassen sie auf einem Zehn-Stunden-Rückflug von einem Regierungsbesuch der damaligen deutschen Kanzlerin Angela Merkel in China nebeneinander und tauschten sich intensiv aus. Nachdem Schneider zu Nestlé gewechselt war, traf man sich im Board of Trustees des World Economic Forum (WEF) wieder.
Der Suchprozess für die Nachfolge von Snabe wurde von Egon Zehnder geleitet. Snabe speiste den Namen ein, nachdem er bei Schneider vorgefühlt hatte. Schneider hatte bei Fresenius Erfahrung im Medtech-Bereich gesammelt, auch Technologiefragen interessierten ihn stets, wenn auch kaum auf dem Hightech-Niveau von Siemens. Dazu können die Marketingkenntnisse von Nestlé durchaus hilfreich sein.
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600 Tausend
Euro verdient Schneider als Siemens-Präsident – der ABB-Präsident bezieht mehr als das Doppelte.
Es ist jedoch ein anderes Arbeiten als in einem Schweizer Verwaltungsrat. Der Siemens-Aufsichtsrat zählt 20 Mitglieder, die Hälfte davon sind Arbeitnehmervertreter, und anders als in der Schweiz liegt die strategische Oberleitung nicht bei ihm. Dafür ist die Besoldung auch kärglicher: 600'000 Euro erhält der Präsident. Bei dem Schweizer Konkurrenten ABB, an der Börse mit 96 Milliarden Franken ein Drittel tiefer bewertet als Siemens, bezieht Peter Voser 1,2 Millionen Franken. Dafür gilt der Siemens-Vorsitz noch immer als prestigeträchtig: Der Konzern versteht sich als Klassensprecher der deutschen Industrie – eine Aufgabe, die sich Schneider mit dem Siemens-CEO Roland Busch teilen kann.
Nach Deutschland umziehen wird er nicht – auch Snabe lebt nicht in München, sondern in Kopenhagen. Das Pensum liegt bei 30 Prozent. Schneider fühlt sich in seinem Waadtländer Wohnort La Tour-de-Peilz wohl, die Familie mit der neunjährigen Tochter ist bestens integriert. Er strebt noch ein weiteres Präsidium an, mit Vorliebe für einen Schweizer Konzern. Bei Roche wird er im Verwaltungsrat bleiben, er ist erst seit 2023 dabei, das Mandat wurde explizit ad personam definiert, auch wenn zuvor die Nestlé-Lenker Peter Brabeck und Paul Bulcke dort im Verwaltungsrat fast eine Tradition begründet hatten. Über seinen Rückzug aus dem Board of Trustees des WEF hat er Forumsgründer Klaus Schwab bereits informiert, im Januar wird er sich in Davos persönlich verabschieden.