Mit ihm hatte keiner gerechnet. Denn eigentlich praktiziert die Schweizer Wirtschaft eine spezielle Boxer-Weisheit mit besonderer Härte: «They never come back.»
Doch dass Marcel Rohner, im fernen Jahr 2009 nach 20 Monaten als Chef der damals taumelnden UBS abgetreten, im September Herbert Scheidt als Präsident der Bankiervereinigung ablösen wird, war intern keine Überraschung.
Scheidt hatte signalisiert, dass er seine Amtszeit ein Jahr vor dem Ablauf im September 2022 beenden würde – im April nächsten Jahres tritt der dann 70-Jährige auch als Vontobel-Präsident ab, und da auch Verbands-Vize Axel Weber dann gemäss eigenen Aussagen als UBS-Präsident gehen will und damit auch die Bankiervereinigung verlassen müsste, soll Rohner genügend Zeit für die eigene Personalplanung erhalten.
Weber und Scheidt waren zusammen mit Marianne Wildi von der Hypothekarbank Lenzburg und Pictet-Partner Boris Collardi die entscheidenden Fürsprecher Rohners im Nominierungskomitee.
Scheidt hatte die Vereinigung, lange Jahre vor allem eine Bastion der Privatbankiers zur Verteidigung des Bankgeheimnisses, nach dem Abtritt von Patrick Odier 2016 breiter aufgestellt und eigene Steuerungsausschüsse für verschiedene Bereiche wie Asset Management, Capital Markets oder Retail gebildet.
Auch professionalisierte er den Rekrutierungsprozess. Dass die Genfer Privatbankiers wie einst Pierre Mirabaud mit Odier einfach ohne Absprache ihren Nachfolger präsentierten, sollte nicht mehr passieren.
Gefragt war damit eine Person mit breiter Bankerfahrung – und da war Rohner der ideale Kandidat: Grossbanken-Knowhow, Regionalbanken-Verständnis (er ist Überzeugungs-Aarauer), als langjähriger Vizepräsident der UBP auch für die Genfer eine überzeugende Wahl.
Die Raiffeisen hat den perfekten «Brexit» geschafft: Nach dem Austritt aus der Bankiervereinigung bleibt sie bei vielem mit an Bord. Die Recherche gibt es hier.
Seit 2018 ist er zudem schon Mitglied des Vorstandsausschusses der Bankiervereinigung und brachte sich als Präsident der Vereinigung der Asset Manager und Vermögensverwalter (VAV) kompetent ein. Zudem war er während seiner UBS-Zeit bereits fünf Jahre Vizepräsident des Branchenverbands.
Er wurde als Einziger gefragt. Erst liess ihn die Rückkehr ins mediale Rampenlicht zögern, dann verspürte der 57-Jährige aber doch Lust auf die Herausforderung. Andere Kandidaten wie etwa Pictet-Partner Renaud de Planta wurden gar nicht kontaktiert. Geld gibt es keines, auch der neue Bankenpräsident arbeitet allein für die Ehre.