Die Suche nach dem Epizentrum der Ostschweizer Wirtschaft endet in einem holzvertäfelten Büro in der St. Galler Altstadt: An der Wand ein Portrait in Öl von Carl August Gonzenbach, Anfang des 19. Jahrhunderts Gemeindeammann und später Präsident des «Kaufmännischen Directoriums», gegenüber im Regal eine Büste seines Nachfolgers Otto Alder, der das Directorium durch die Zeit der grossen Textilkrise nach dem Ersten Weltkrieg führte – und am Schreibtisch dazwischen sitzt Markus Bänziger.
Der 54-Jährige, gut gelaunt und genauso gut angezogen, stammt aus dem Appenzellischen, hat in St. Gallen Betriebswirtschaft studiert und zog nach einer internationalen Karriere beim Versicherer Helvetia und einem Abstecher als Finanzchef beim Textilhersteller Forster Rohner vor vier Jahren in dieses Büro mit Blick auf den Dom. Hier sitzt der Direktor jenes Vereins, der viele Jahre das Directorium war: die Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell.
Sie organisiert 1600 Firmen, vor allem KMUs, und agiert mit ihrer Schwester im Thurgau, die weitere 600 Firmen betreut, als Drehscheibe für die Wirtschaft der Ostschweiz. In unserer Konzern- und Start-up-fixierten Zeit fällt selten Licht auf eine IHK – doch diese hat entscheidenden Anteil daran, dass die Ostschweiz einst «eine Region mit globaler Ausstrahlung war, die ihre Textilien in die halbe Welt verkaufte», sagt Bänziger.
1466 gegründet als «Gesellschaft zum Notenstein», ist sie die älteste Handelskammer Europas, womöglich der ganzen Welt.
Industrie im Fokus
Heute prägen die Branchen Industrie und Technologie die Ostschweiz, stark ist auch das Baugewerbe. Dieser sogenannte zweite Sektor sorgt hier für beinahe jeden dritten Arbeitsplatz, im Schweizer Durchschnitt ist es jeder fünfte.
Dank ihrer produzierenden Firmen stark exportorientiert, ist die Region nicht nur mit den Nachbarn in Vorarlberg und Süddeutschland eng verflochten, sondern auch mit der gesamten EU.
Neben den Platzhirschen mit Milliardenumsätzen und fünfstelligen Mitarbeiterzahlen wie Bühler, Stadler Rail oder SFS Group versammeln sich hier zahlreiche KMUs und Kleinfirmen, die in ihren Technologie- und Marktnischen weltweite Führungspositionen einnehmen und aus der Region heraus mit globalem Anspruch wirtschaften.
Der deutsche Unternehmensberater Hermann Simon, Erfinder des Begriffs «Hidden Champions», zählt 27 Ostschweizer Firmen zu dieser Kategorie. Der Osten ist eine Hightech-Exportmaschine. Das industrielle Herz der Schweiz.
Keimzelle des Ganzen ist die Textilindustrie. Dank der Innovationsfreude und der Handelsbeziehun-gen der Firmen «war St. Gallen früher das für die Schweiz, was heute die Pharmaregion Basel ist», sagt Markus Bänziger trocken. Textil ist jene Branche, der wohl die ganze Schweiz ihre jahrhundertealte Internationalität und Wirtschaftskraft verdankt.
Der Anbau von Flachs im Bodenseegebiet, der zu Leinenfasern und schliesslich Textilien verarbeitet wird, reicht Tausende Jahre zurück, die ersten Dokumente stammen aus dem 8. Jahrhundert und liegen im Kloster St. Gallen. Schon im Mittelalter etablierten die Händler Verkaufswege via Genua in den Mittelmeerraum, belieferten in regelrechten Taktfahrplänen die Grossmärkte Lyon und Nürnberg und bald den halben Kontinent, bereits 1387 schlossen sie mit Nürnberg ein Freihandelsabkommen; St. Gallen avancierte zu einer der reichsten Städte Europas.
Als um 1750 die Baumwolle ihren Siegeszug antrat, arbeiteten bald Zehntausende Heimarbeiterinnen in der Handstickerei. Gut 100 Jahre später, mit verbesserten Stickmaschinen, erfuhr die Stadt einen weiteren Schub: St. Galler Spitzen stiegen zum wichtigsten Exportgut des Landes auf, vor allem die Beziehungen zum Riesenmarkt USA waren eng.
Passenderweise gründete sich 1858 die Helvetia, die als erste Schweizer Assekuranz eine Versicherung gegen Transportrisiken anbot. Vor dem Ersten Weltkrieg war jeder dritte der 75'000 Einwohner St. Gallens Ausländer, das Quartier um Spyri- und Heimatstrasse trug den Spitznamen «Klein Venedig».
Rolf Brunner, VR-Präsident einer Beratungsfirma für Strategie und Nachfolgeplanung, zeigt aus dem Bürofenster.
«Hier unten», entlang der bergan führenden Teufenerstrasse, «reihte sich Textilhersteller an Textilhersteller», zumal die später in der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) aufgegangene «Controllstelle für Baumwollgarne» nur einen Block entfernt sass; sinnvollerweise hatte sich auch die seinerzeitige Volksbank dazugesellt.
Heute ist vom einstigen Glanz noch die kleine Stickerei Union übrig, weiter unten ausserdem das hoffnungslos überdimensionierte Bahnhofsgebäude, Zeugnis einstiger Träume von Einwohnerzahlen nördlich der 200'000. Der Niedergang kam mit dem Ersten Weltkrieg: Luxusprodukte waren nicht mehr gefragt, statt Freihandel wurden Zollschranken errichtet und Importe gleich ganz blockiert, die Weltwirtschaftskrise von 1929 und der Einbruch des internationalen Handels gaben der Ostschweizer Textilbranche den Rest.
Neun von zehn Arbeitsplätzen gingen verloren, insbesondere das Appenzellerland blutete regelrecht aus, der Halbkanton Ausserrhoden zählt noch heute weniger Einwohner als 1910. Die vielen Kleinunternehmer versuchten sich anderweitig, etliche wichen auf das Metallund Elektrogewerbe aus.
Benninger in Uzwil diversifizierte ausserhalb der Textilindustrie, Nachbar Bühler konvertierte komplett, Gleiches gilt für die Toggenburger Perle Berlinger, die heute mit Behältern für Dopingproben und Temperaturkontrollen für Kühlketten, etwa Impfstoffe, weltweit agiert.
Überlebende des einstigen Textil-Weltreichs sind wenige kleine Namen wie Filtex, Tisca oder Sefar, die familiengeführte Stickerei-Grösse Forster Rohner und Cilander im appenzellischen Herisau, ein renommierter Go-to-Anbieter für Textilbehandlung. Die Ostschweiz von heute, bilanziert Bänziger, sei «ein Kind des Strukturwandels».
Zugleich aber auch ein Zeugnis der Leistung namhafter Unternehmerfamilien. Wie der Schmidheinys, deren Zement-Weltreich Holcim aus der Ziegelei Heerbrugg hervorging, die wiederum einem rührigen Einwanderer aus Deutschland namens Karl Völker zu verdanken war. Wie der Heberleins, ebenfalls deutschstämmig, deren Garnfärberei in Wattwil der Spezialkunststoffhersteller Gurit entsprang; noch so eine Konversionsgeschichte.
Oder der Bühlers, denen Uzwil seinen Reichtum verdankt, oder der Kriemlers, aus deren Schürzenatelier die Luxusmarke Akris hervorging und die ihr Hotel Einstein am Rand der St. Galler Altstadt zu einem Viersterne-Schmuckstück renovierten. Eine Ostschweiz-Ehrenmitgliedschaft gebührt den Hiltis und dem Balzers-Gründer Max Auwärter in Liechtenstein.
Auwärter, noch ein deutscher Einwanderer, entwickelte nach dem Zweiten Weltkrieg innovative Methoden zur Beschichtung von Oberflächen und gehört zu jener exklusiven Gruppe von Firmen und Gründern, die eine Sogwirkung für andere erzeugten. Einige bildeten ganze Cluster um sich herum.
Ein Koffer für die Hiltis
So bereitete Balzers etwa der spektakulär erfolgreichen VAT in Haag den Boden, deren Ventile bei Beschichtungen von optischen Gläsern oder bei der Halbleiterherstellung zum Einsatz kommen.
Hilti ist verantwortlich für den Aufstieg der Plaston AG in Widnau, die Hans Frei 1956 in der Garage seiner Eltern gegründet hatte: Mit einer Spritzgussmaschine stellte Frei Salatbestecke, Trinkbecher und andere Plastikteile wie CD-Ständer her, und als er bei Hilti die Metallhüllen für ihre Werkzeuge sah, investierte er auf eigenes Risiko, um Hilti von seinen geformten Kunststoffen zu überzeugen: Es gelang.
Später folgte Plaston Hilti nach China, um nahe am Kunden zu produzieren; lange Transportwege für Plastikbehälter rechnen sich nicht. Heute, da neben Hilti auch Marken wie Leica, Geberit, Bosch, Metabo oder DeWalt ihre Werkzeuge in Plaston-Koffer packen, dürfte die Garagengründung bei rund 400 Beschäftigten und nahezu 100 Millionen Franken Umsatz liegen – industrielles Wachstum auf Ostschweizer Art.
Doch dass das Rheintal heute ein dicht bevölkertes Technologie-Cluster mit Fokus auf Optik und Präzisionsteilen ist, geht vor allem auf zwei Inkubatoren zurück: erstens auf Heinrich Wilds Werkstätte für Feinmechanik und Optik in Heerbrugg, 1921 mit Hilfe von Jacob Schmidheiny dem Zweiten gegründet. Wild war ein Pionier der Vermessungstechnik, die Firma ging 1990 in der Leica Holding auf.
Und zweitens auf Hans Huber, Sohn eines Schuhmachers, der 1949 eine Eisenwarenhandlung, 1960 dann das Presswerk Heerbrugg gründete, das heute als SFS Group firmiert, seit acht Jahren börsenkotiert ist und in globalem Massstab Hightech-Befestigungen, etwa für Autos und Flugzeuge, fertigt.
SFS soll diverse regionale Zulieferer beschäftigen, VAT habe gar «um sich herum, in einem Radius von vielleicht 50 Kilometern, einen Ring an Zulieferern aufgebaut», sagt Beat Schiffhauer, Analyst und Ostschweiz-Experte der St. Galler Kantonalbank. Vor allem um Leica herum bildeten sich zahlreiche Spin-offs und Gründungen von Ex-Mitarbeitern, Firmen wie Berhalter, WZW Optic, Zünd Precision oder Heule Werkzeug. Im Kanton St. Gallen laufen ernsthafte Debatten, ob das Rheintal Optics-, Vacuum- oder schlicht Hightech-Valley heissen sollte.
Cluster und Gravitation
Von Bühler, die mit ihren Maschinen zur Lebensmittelproduktion den Weltmarkt dominieren, ist als Zulieferer nur Stürm SFS am Bodensee bekannt, Bühler-CEO Stefan Scheiber engagiert sich dafür stark für die regionalen Stätten zur Berufsausbildung. Auch Sanitärmulti Geberit in Rapperswil-Jona soll eher international einkaufen.
Stadler Rail hingegen, die mit ihren Werken in Bussnang, Altenrhein und St. Margrethen die Schweizer Bahnindustrie wiederbelebte und damit ebenfalls als Konversionsgewinner gelten kann, beschäftigt zahlreiche Zulieferer in der Region, darunter Namen wie Trunz, Letrona oder Schlegel, die im Windschatten Stadlers mitwachsen und ihren klassischen Metallbau bisweilen kräftig verfeinern konnten.
Es existieren noch weitere Cluster in der Ostschweiz. So gibt es «eine erstaunliche Ansammlung von Baufirmen», sagt Alexander Fust, der an der HSG zu KMUs und Unternehmertum forscht, «und insbesondere bedeutende Zulieferer», darunter Arbonia in Rorschach, Hälg und Debrunner in St. Gallen oder Griesser im Thurgau, zudem gerade im Appenzellischen viele Holzverarbeiter bis hin zum Gossauer Vorzeigebetrieb Lehmann, der unter Leitung von CEO Katharina Lehmann Holzbau zu einer Hightech-Kunstform entwickelt hat und etwa für ein Hotelprojekt im Roten Meer spiralförmige Wasservillen mit «Freiformdächern» entwickelt.
In Bazenheid amtiert ein kleines Fleisch-Cluster mit Migros-Tochter Micarna und Ernst Sutter, die dortselbst mit weiteren Produzenten einen Schlachthof betreiben.
Zudem findet sich ein «Software-Hotspot» mit Gravitationszentrum St. Gallen, der neben bekannten Grössen wie Abacus, Adcubum oder Namics auch «extrem schnell wachsende Start-ups wie Frontify, Inventx oder Kaspar&» umfasst, wie Thomas Zellweger, HSG-Professor und Experte für Familienfirmen, sagt.
An seiner Uni kann man seit einem Jahr technische Informatik studieren, zwölf Lehrstühle hat die HSG eingerichtet. Und auch der Kanton hat eine IT-Bildungsoffensive lanciert.
Die Grenzen der Ostschweiz
Eine grundlegende Frage, die gar nicht so leicht zu klären ist: Was ist eigentlich «die Ostschweiz»? Zwar rechnet das Bundesamt für Statistik auch die Kantone Glarus, Graubünden und Schaffhausen dazu, aber «die Kernregion bilden St. Gallen, der Thurgau und die beiden Appenzeller Halbkantone», betont Bänziger. Doch auch hier war Zusammenarbeit lange kein Selbstläufer.
Altvordere der Region betonen, grosse Teile des Thurgaus (gemeint sind Orte wie Kreuzlingen, Frauenfeld oder auch Weinfelden, das nach St. Gallen nur eine indirekte Autobahnverbindung via Bodensee hat) seien nach Zürich orientiert – erst ab Amriswil und Arbon richten sich die Blicke nach Osten.
Auch Schaffhausen, mit Unternehmen wie IWC oder Georg Fischer ein relevanter Industriestandort, «macht im Osten mal mit und mal nicht, orientiert sich zuweilen entweder nach Deutschland oder Zürich», sagt Brunner.
Lange Zeit operierten praktisch nur die St. Galler IHK und die Kantonalbank (SGKB) mit dem Begriff «Ostschweiz». Das «Konjunkturboard Ostschweiz» ist mit drei von vier Trägern sankt-gallisch dominiert, die SGKB hat sogar einen Aktienfonds «Fokus Ostschweiz» aufgelegt, seit Jahren organisieren die St. Galler das Forum «Zukunft Ostschweiz», ein Meet and Greet für die regionalen Wirtschaftsgrössen.
Dass neuerdings eine enge Partnerschaft mit der IHK Thurgau besteht, dass es sogar ein gemeinsames Gremienfoto gab, das erste seit Jahrzehnten, dass sich eine gemeinsame Ostschweizer Identität heranbildet, schreiben Beobachter Markus Bänziger und seinem Thurgauer Pendant Jérôme Müggler zu: Beide sind etwa gleich lange im Amt, beide gelten als zugängliche Netzwerker, «die St. Galler IHK hat ihre traditionelle leichte Arroganz gegenüber dem kleineren Thurgau abgelegt», sagt ein regionaler Unternehmer. Bänziger sagt nur, die Kooperation sei «hervorragend».
Textilmann goes Optik
Das kann nur helfen. Denn auch wenn sich die Konjunktur zuletzt dynamischer entwickelt hat als in der Gesamtschweiz, steht der Osten vor strukturellen Aufgaben. Bei Bevölkerungsentwicklung und Schaffen von Arbeitsplätzen liegt die Ostschweiz im hinteren Drittel der Schweizer Regionen, und im landesweiten Finanzausgleich gehören alle hiesigen Kantone zu den Empfängern.
Die heimischen Branchen leiden schon grundsätzlich unter der Tertiärisierung der Wirtschaft, der Verschiebung von Produktion zu Dienstleistung. Die Finanzkrise von 2008 und der Frankenschock 2015 haben weiteren Druck aufgebaut.
Zudem ist die Regionalkonjunktur aufgrund des hohen Industrieanteils «tendenziell zyklischer als in anderen Regionen», sagt Schiffhauer. Ihr Branchenmix, hat das Staatssekretariat für Wirtschaft 2018 errechnet, beschert der Ostschweiz eine vergleichsweise tiefe Produktivität, nur wenig besser als im Espace Mittelland.
Das traurige Fazit: «Je wichtiger eine Branche für die Wirtschaft der Ostschweiz ist, desto tiefer ist ihre durchschnittliche Arbeitsproduktivität.» Den Firmen falle es schwer, ergänzt ein Manager, junge Leute in der Region zu halten oder von ihren Ausbildungsstätten in Zürich wieder zurückzulocken; die hoch spezialisierten Betriebe leiden daher ganz besonders unter dem üblichen Fachkräftemangel.
Die Ostschweiz müsse sich «auf ihre Stärken besinnen und sich vor allem besser verkaufen», sagt ein KMU-Unternehmer, das sei den Einheimischen bewusst, «ihre Zurückhaltung und Bodenständigkeit stehen ihnen manchmal im Weg». Zum Beispiel sei die Gründerkonferenz «Start Summit» eine der grössten Europas – aber «kaum einer kennt sie».
Dafür könnten «junge Familien ihre Kinder auf dem Land aufwachsen sehen, Häuser sind noch bezahlbar, der Lebensstil entspannter», sagt Cornelia Gut, Geschäftsführerin der Stiftung Startfeld, die Gründer fördert.
Und im Osten unterstützen sich Firmen gegenseitig, tauschen etwa Lehrlinge untereinander aus, damit deren inhaltlicher Horizont breiter wird, leihen sich im Fall schwan kender Auftragslagen auch Mitarbeiter aus.
Im Regional Innovation Scoreboard der EU rangiert die Ostschweiz punkto Kooperation unter innovativen KMUs weit vorne. «Die Ostschweiz ist wie das Wallis», sagt einer, «alle kennen sich seit der Schulzeit, und alles läuft von Freund zu Freund.»
Nur vor diesem Hintergrund lässt sich die Geschichte der Fisba AG verstehen, die optische Präzisionsteile für Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt fertigt. Gegründet von Waldemar Strietzel, einem Epigonen der Wild Heerbrugg, war Christian Fischbacher Investor der ersten Stunde – jener Fischbacher mit der edlen Bettwäsche.
Dass ein Textilunternehmer so weit von seinem Hometurf fremdgeht, erklären Einheimische genau damit: Man kennt sich, man vertraut sich. Später holte Fischbacher noch SFS-Gründer Hans Huber als Aktionär und Verwaltungsrat an Bord.
Geschichte ist gut, aber Zukunft ist besser: Die Akteure bündeln nun ihre Kräfte. Die ersten Schritte waren die Bündelung der drei Hochschulen Rapperswil, Buchs und St. Gallen zur neuen Fachhochschule «OST» und das schon 2016 eröffnete Innovationszentrum der Gründerplattform Startfeld direkt neben der Empa an der St. Galler Lerchenfeldstrasse, die HSG trägt mit den neuen Informatiklehrstühlen das Ihrige bei.
Neben den zahlreichen Spin-offs, die von HSG und Empa stammen, hat auch Startfeld mittlerweile 27 Gründer finanziert, «sicher die Hälfte davon sind ICT-Cases», sagt Gut.
Ihre Stiftung trägt damit zum erhofften Informatikboom in der Region bei, kann selbst Risikokapital vergeben und verfügt über ein Netzwerk von Privaten, «die im Schnitt zwischen 50 000 und 100 000 Franken investieren», sagt Gut, in seltenen Fällen könne es eine Million werden. Die ganz grossen Namen sind zwar nicht dabei. Doch Gut hat Verständnis, schliesslich sollen die Geldgeber Zeit haben, als Mentoren zu agieren.
Zum nächsten Baustein wird der neue «Innovationspark Ost», als sechster Ableger der Stiftung Switzerland Innovation; er wird am selben Standort wie Empa und Startfeld angesiedelt. Cornelia Gut freut sich auf den neuen Partner, «mit dem auch das kantonsübergreifende Denken weiter zunehmen wird» – und der einen neuen Schub bringen soll.
Wie vor 555 Jahren will auch heute die IHK ihren Firmen die Arbeit erleichtern, damit sie ihre Ostschweizer Bodenständigkeit in die Weltmärkte tragen können.
«Wir haben den Anspruch, die Entwicklung der Ostschweiz voranzutreiben und sie als innovationsstarke Wirtschaftsregion und attraktive Lebensregion zu positionieren», sagt Markus Bänziger, der in der Freizeit am liebsten mit Rapid Spezial und Kettensäge in seinem kleinen Wald werkt.
Nicht weniger als 40 «Schlüsselprojekte» hat er mit seinem Thurgauer Kollegen Müggler identifiziert, das Panorama reicht von Hochschulausbau über einen «Digital Campus Thurgau», natürlich Innovation, Nachhaltigkeit und flexibles Arbeiten bis zu Verkehrsprojekten für Strasse, Bahn und Fahrradschnellspuren.
Die IHK holt Wirtschaftsgrössen wie Scheiber und Spuhler auf Ostschweiz-Diskussionspodien und forciert mit dem «Metropolitanraum Bodensee» auch die grenzüberschreitende Vernetzung. Alles in allem, sagt Alexander Fust von der HSG, «bin ich aufgrund der vielen innovativen Firmen zuversichtlich für die Entwicklung der Ostschweiz». Nach Lage der Dinge kann er das durchaus sein.