Die Ferienzeit lässt sich auch trefflich für das Vermelden unangenehmer Nachrichten nutzen. Da ist etwa der Immobilieninvestor Remo Stoffel, der die Medien lange mit seinem Turmprojekt in Vals von den eher schattigen Phasen seiner Vergangenheit ablenkte, und dann plötzlich mit gesamter Familie im letzten Jahr nach Dubai zog.
Verfahren aller Art begleiten den 43-jährigen Bündner seit dem letzten Jahrtausend. Doch jetzt hat er hat sich mit den Behörden geeinigt, wie die «NZZ» am Mittwoch sauber darlegte – für ihn äusserst vorteilhaft: 180 Tage bedingte Freiheitsstrafe, dazu eine Geldstrafe von homöopathischen 10 000 Franken. Das Schöne für ihn: Alles ist glattgestellt, inklusive der Vorwürfe wegen Steuerbetrugs.
Da stellt sich schon die Frage, warum die Wirtschaftsjustiz hier einmal mehr so mild gestimmt war. «Es wurden wiederholt Urkunden des kaufmännischen Verkehrs gefälscht oder gefälschte Urkunden des kaufmännischen Verkehrs verwendet, wobei die Fälschungen sehr hohe Beträge betrafen» heisst es im Strafbefehl.
Und dafür nur 10 000 Franken Strafe? Das Hauptproblem war offenbar: Viele der untersuchten Vorgänge standen vor der Verjährung. Da sei die Frage erlaubt: Was hat die Justiz alle die Jahre gemacht?
Das Bundesgericht erteilt dem Investor eine Niederlage im Streit gegen die Eidgenössische Steuerverwaltung. Streitsumme: 60 Millionen Franken. Mehr dazu hier.
Bilanz hat vor genau zehn Jahren (!) bereits ausführlich über Stoffels Machenschaften berichtet. Erst hetzte er uns Anwälte auf den Hals und betrieb uns auf zweistellige Millionenbeträge, dann wollte er partout in unsere Reichstenliste. Wir hielten dagegen. Jetzt nennt ihn selbst die Justiz einen Urkundenfälscher, aber er ist ein freier Mann. Unsere liberale Wirtschaftsordnung ist zweifellos ein Vorteil.
Aber dennoch gilt: Zu viel Güte schadet dem Standort. Einen anderen Bündner dürfte das milde Urteil jedoch freuen: Im Vergleich zu Stoffel ist Pierin Vincenz ein Säulenheiliger. Wer will ihn jetzt noch hart verurteilen?
Dieser Text ist ein Auszug aus dem Bilanz-Briefing vom 7. August 2020.