Seit 1978 lebt er in der Schweiz, fühlt sich hier integriert, sagt: «Ich bin sehr stolz auf dieses Land.» Dennoch darf Michel Reybier (77) nicht Schweizer werden. Das entschied Anfang Januar das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. Reybier ist hierzulande bekannt als Besitzer zahlreicher Luxushotels wie dem Victoria-Jungfrau in Interlaken, dem La Réserve Eden au Lac in Zürich oder dem Mont Cervin Palace in Zermatt. Zudem besitzt er das Weingut Cos d’Estournel im Bordeaux und kontrolliert zusammen mit Antoine Hubert 74,6 Prozent des börsenkotierten Klinik- und Hotelbetreibers Aevis Victoria.
Seinen Antrag auf den Schweizer Pass hatte Reybier bereits 2018 gestellt, die Formalien durchlaufen, den Einbürgerungstest bestanden, alles schien auf guten Wegen, bis die Behörden plötzlich das Verfahren stoppten: 2017 war Reybier in Genf mit 80 statt der erlaubten 40 km/h durch eine Baustelle gefahren. Die Genfer Staatsanwaltschaft verurteilte ihn deshalb zu einer Busse von 540 Franken sowie zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Franken bei einer Probezeit von drei Jahren.
So ungewöhnlich niedrig der Tagessatz war (Reybier ist in der BILANZ-Liste der 300 Reichsten der Schweiz mit einem Vermögen von 700 bis 800 Millionen Franken aufgeführt), so hart waren die Konsequenzen der Busse: Laut Bürgerrechtsverordnung gilt als «nicht erfolgreich integriert», wer eine derartige Strafe in seinem Strafregisterauszug hat.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) lehnte daher die Einbürgerung ab. Reybiers Klage gegen diesen Entscheid wies nun das Bundesverwaltungsgericht ab.
Im Juni, wenn die Probezeit sowie eine Karenzzeit von weiteren drei Jahren abgelaufen sind, kann der Franzose ein neues Einbürgerungsgesuch stellen. Ob Reybier, der inzwischen in Coppet im Kanton Waadt lebt, das machen wird, liess er letzten Herbst im Gespräch mit BILANZ offen. Anzunehmen ist, dass das Gerichtsurteil die Lust dazu nicht gerade erhöht hat. Reybier selber will sich dazu nicht äussern.