Lange Zeit schien einfach alles zu passen. Attraktive Steuern, informierte Behörden und ein gutes Stiftungsrecht: Zug zog Blockchain-Projekte magisch an. Zu Dutzenden schossen Stiftungen aus dem Boden, welche Verwaltungsfunktionen und die Förderung der Projekte übernehmen sollten. Das Crypto Valley um Zug – made in Switzerland — war Garant für Qualität.

Nicht zufrieden mit dem Gang der Dinge ist nun aber eines der ganz grossen Krypto-Projekte: Cardano. Das Projekt entwickelt eine Transaktions-Plattform für Apps und ist aktuell mit 1,9 Milliarden Dollar bewertet. Soviel zumindest ist die eigene Währung ADA an den Börsen wert. Doch zuletzt gab es massive Kritik an der Stiftung. Kein Engagement, keine Transparenz, Missmanagement und Nepotismus: Das werfen die Software-Entwickler und grosse Teile der Cardano-Community der Stiftung in Zug vor. Es drohen Klagen.

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Nach Tezos jetzt Cardano

Eine PR-Agentur weist die Vorwürfe zurück. Aber bereits macht man sich im Crypto Valley Sorgen um den guten Ruf. Nach Tezos im letzten Jahr ist Cardano nun das zweite Grossprojekt, das ernsthafte Schwierigkeiten mit seiner Zuger Stiftung hat. Der Fall Cardano sei zwar nicht so schwerwiegend wie damals Tezos, sagt ein Kenner der Zuger Szene. «Aber gute Publicity ist das natürlich trotzdem überhaupt nicht.»

Inzwischen sind die einschlägigen Internet-Foren voll mit Kritik und Diskussionen um die möglichen Verfehlungen der Stiftung. Es gibt Petitionen, die von Tausenden unterschrieben worden sind, offene Briefe der Entwickler. Charles Hoskinson, Gründer von Cardano, sagt es gegenüber der «Handelszeitung» so: «Wir stellen einfach fest, dass die Stiftung nicht das tut, was sie tun sollte.»

Hoskinson selber ist Chef der Firma IOHK, welche die Programmierung und Entwicklung der Cardano-Plattform verantwortet. Er arbeitet eng mit der Firma Emurgo zusammen, welche für wirtschaftliche Kooperationen zuständig ist. Die Stiftung in der Schweiz dagegen sollte laut IOHK vor allem die Community aufbauen, Cardano breiter bekannt bekanntmachen, aber auch Audits des Codes veranlassen. Im Stiftungszweck heisst es allgemein «Förderung der Entwicklung neuer Technologien». Über mangelnde Mittel kann sich die Stiftung nicht beklagen. Sie war mit Bitcoin und Ada dotiert worden, die wohl gegen die 60 Millionen Franken wert sind, wie Beobachter berichten.

Im Zentrum der Kritik steht Stiftungsratspräsident Michael Parsons. Der 72-jährige Treuhänder war seit den Anfängen dabei, als man eine Cardano-Stiftung zuerst auf der Isle of Man aufbaute, bevor man jene in Zug gründete und zur wichtigen Stütze für die Förderung von Cardano erklärte. In der Zuger Stiftung hat Parsons mehr oder weniger das alleinige Sagen. Neben ihm sitzt nach Abgängen nur noch Pascal Schmid im Stiftungsrat. Da aber Parsons als Präsident den Stichentscheid hat, regiert er faktisch alleine.

Kampf mit harten Bandagen

Wie ernst die Lage und zerrüttet das Verhältnis zwischen den Gründern und der Stiftung ist, belegt ein Brief von Hoskinsons IOHK an die Stiftung. Darin ist von Hinweisen die Rede, «welche unter anderem auf krass ungetreues Geschäftsgebaren» hindeuten. So zeichne sich «ein Bild der Vetternwirtschaft» ab. Offenbar ist sowohl der Stiefsohn von Parsons - als General Manager - wie auch seine Frau für die Stiftung engagiert. Zudem könnten hohe Entschädigungen ausbezahlt worden sein mittels unüblichem frühzeitigen Festlegen von Wechselkursen.

In die gleiche Kerbe schlägt eine Bewegung mit Namen «Guardians of Cardano». Sie besteht aus Unterstützern des neuen Blockchain-Protokolls und befürchtet ebenfalls, dass das Projekt wegen der Stiftung schaden nimmt. Was stimmt, und was nicht, bleibt zur Zeit offen. Die Stiftung hat gegenüber der Öffentlichkeit zum Beispiel über die Geldflüsse keine Rechenschaft abgelegt. Das muss sie laut Stiftungsrecht allerdings auch nicht. Laut informierten Kreisen gibt es aber Fragezeichen bezüglich Verbuchungen. Inzwischen wurde die eidgenössische Stiftungsaufsicht informiert.

Kritik zurückgewiesen

Die Stiftung teilt über einen Berater in London mit, leider sei ein Grossteil der jüngsten öffentlichen Diskussion nicht sachlich korrekt. Cardano bestehe aus mehreren Einheiten. «Und die Cardano Stiftung ist hinsichtlich ihrer Finanzierung und Grösse die mit Abstand kleinste der drei Protokolleinheiten», teilt die PR-Agentur mit. «Im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Kryptowährungsstiftungen hat sie weder Fundraising-Erlöse erhalten noch ausgezahlt und hat auch keine Kontrolle über die Softwareentwicklung des Cardano-Protokolls.» Die Stiftung werde in naher Zukunft weitere detaillierte Informationen über ihre Tätigkeiten und Pläne liefern.

Inzwischen mehrt sich im Umfeld der Stiftung Widerstand gegen diese Darstellung. Die PR-Agentur, welche das Statement verbreitete, sei einseitig von Parsons instruiert worden und nicht vom gesamten Stiftungsrat. Parsons sei aber gar nicht berechtigt, in dieser Angelegenheit im Namen der Stiftung zu handeln, da es in erster Linie um ihn selber gehe und er in den Ausstand treten müsste, so die Kritik. Auch sei die Aussage falsch, dass die Stiftung keine Gelder aus dem Fundraising bekommen habe.

Der Druck auf die Stiftung nimmt jetzt täglich zu. Dafür verantwortlich sind nicht nur die unzufriedenen Software-Entwickler, die zivil- und strafrechtliche Klagen prüfen, sondern eben auch die sogenannte Community. Wie bei allen grossen Blockchain-Projekten spielt diese meist gut informierte, engagierte und über das Internet und Twitter organisierte Gruppe eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt wegen der Preisentwicklung der Plattform-eigenen Währung wünschen sie sich eine rasche Lösung der mindestens unschönen Situation rund um die Zuger Stiftung.

Update: Ergänzt mit neuer Kritik