Wir sind alles Opfer der Mode – wenigstens bis zu einem gewissen Grad. Nur zu gern möchte ich wissen, welcher Designer für den Modetrend der Währungsabwertung verantwortlich ist. Denn wie im Märchen «Des Kaisers neue Kleider» führt eine sich abschwächende Währung dazu, dass ein Land zum Schluss ohne Kleider dasteht, weil es seine Kaufkraft verloren hat.
Durch die Abwertung, sinkt der Preis einer Geldeinheit ausgedrückt in einer fremden Währung, wodurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes zunimmt. Was gerne vergessen geht; die Importe werden teurer. Und so erstaunt es nicht, dass es Ländern mit starken Währungen meist ausgezeichnet geht, wie das Beispiel Deutschland zeigt.
Eine schwache Währung hingegen ist meist Ausdruck von mehr oder weniger grossen Problemen – man schaue hierfür nur nach England, wegen seiner unsicheren Zukunft ausserhalb der EU. Am meisten zu kämpfen haben Länder, deren Währung sich plötzlich stark auf- oder abwertet. Verläuft die Entwicklung hingegen graduell, kann sich eine Volkswirtschaft in der Regel anpassen.
Starke Währung, starkes Land – und umgekehrt?
Doch, was ist eine starke bzw. schwache Währung? Hier hilft ein Vergleich der Kaufkraftparität (KKP). Diese stellt ein «Gleichgewichtswechselkurs» dar, zu dem sich ein Produkt in zwei Ländern zum selben Preis verkaufen lässt. Angesichts der enormen Produktevielfalt im internationalen Handel ist es nicht ganz einfach, diesen «richtigen» Preis zu finden. In erster Linie interessieren uns deshalb die Preise derjenigen Produkte, die von den zu vergleichenden Ländern ausgetauscht werden.
Der Wechselkurs hat keinen Einfluss auf die Binnenmarktpreise, daher ist die verbreitete Verwendung des Konsumentenpreisindex (KPI) zur Berechnung der Kaufkraftparität nicht geeignet, da der KPI beispielsweise auch die Mieten oder Krankenversicherungsprämien berücksichtigt, die nicht zum Aussenhandel gehören. Da keine perfekten Statistiken vorliegen, empfiehlt sich die Verwendung des Produzentenpreisindexes (PPI), denn dieser setzt sich grösstenteils aus Preisen für Produkte zusammen, die eher auf den Weltmärkten ausgetauscht werden.
Bei der Berechnung der Kaufkraftparität auf Basis des KPI ergibt sich z. B. gegenüber dem Euro eine Überbewertung des Schweizerfrankens um 9 Prozent. Rechnet man hingegen mit dem PPI, beträgt diese Überbewertung noch 7 Prozent. Im Vergleich zum US-Dollar ergibt sich für den Schweizer Franken bei Verwendung des KPI eine Überbewertung von 4 Prozent, auf Basis des PPI hingegen eine Unterbewertung von 1 Prozent. Diese Unterschiede mögen nicht sehr gross erscheinen, zeigen aber, dass die Frage, ob und wieviel der Schweizerfranken überbewertet ist, nicht eindeutig beantwortet werden kann.
Gerne wird deshalb zur Ermittlung der Kaufkraftparität auch auf den sog. «Big-Mac-Index» zurückgegriffen. Dieser ist allerdings wenig aussagekräftig, da die Zutaten dieses Burgers hauptsächlich im Inland bezogen werden. Der Preis eines Big Mac mag ein nützlicher Indikator für das Preisniveau innerhalb eines Landes sein, er eignet sich jedoch nur sehr beschränkt für die die Berechnung des Gleichgewichtswechselkurses verschiedener Währungen. Berechnet man nämlich die Kaufkraftparität anhand des Big Mac ergibt sich, dass der Franken im Vergleich zum Euro fast 61 Prozent und zum US-Dollar um 39 Prozent überbewertet sein soll. Fast-Analyse mit Fastfood ...
Chemie und Pharma im Vorteil
Eine wichtige Rolle spielt auch der beobachtete Zeitraum. Unser Jahr Null ist 1994 – ein Jahr, in dem auch das Handelsbilanzdefizit der Schweiz quasi bei null lag, was auf ein gewisses Gleichgewicht des Warenverkehrs mit dem Ausland hindeutet. Bei einer Gewichtung nach Anteil der einzelnen Handelspartner am Warenverkehr mit der Schweiz und einer Anpassung an die Inflation hat sich der Frankenkurs seit Januar 1994 um rund 7 Prozent erhöht.
Dennoch wies die Schweiz für 2016 einen historisch hohen Handelsbilanzüberschuss von 37,5 Milliarden Franken aus. Bemerkenswert ist zudem, dass der Handelsbilanzüberschuss trotz der Kehrtwende in der Geldpolitik im Januar 2015 auch in diesem Jahr hoch ausfiel (obwohl die Exporte und Importe real zurückgingen).
Unter den Schweizer Exporten legten chemische und pharmazeutische Industrieprodukte 2016 am meisten zu. Beide Branchen exportieren rund 95 Prozent ihrer Produktion, importieren jedoch praktisch alle benötigten Ausgangsstoffe. Mit der Aufwertung des Frankens sind die Importpreise für Unternehmen in diesen beiden Sektoren gesunken. Nicht selten können aber die Hersteller ihre Exportpreise diktieren, da es sich um einzigartige Produkte (z. B. Medikamente) handelt. Durch die Währungsaufwertung steigen somit die Margen solcher Unternehmen.
Aufwertungen belasten hingegen Unternehmen mit geringer Import- und starker Exporttätigkeit, die ihre Preise gegenüber dem Ausland nicht frei festlegen können. Meist sind dies Erbringer von Dienstleistungen – im Falle der Schweiz vielfach Finanzdienstleister.