Frage: Ich habe kürzlich gelesen, dass der Referenzzinssatz Libor abgeschafft werden soll. Ist das überhaupt möglich? Welche Alternativen soll es geben - und wie bewerten Sie die Konsequenzen für einen Schweizer Libor-Hypothek-Nehmer?
Tatsächlich ist der London Interbank Offered Rate, der sogenannte Libor, angezählt. Derzeit gilt er noch als der weltweit wichtigste Index für kurzfristige Zinsen. Genau genommen ist er ein Preisindex, der auf den Geldmarkttransaktionen von 16 Banken in London basiert. Zu diesen Geldmarkttransaktionen zählen Geldaufnahmen zwischen Finanzinstituten für maximal zwölf Monate.
Entscheidend dabei ist, wie viel eine Bank bezahlt, wenn sie Geld für drei Monate aufnimmt. Dabei gilt die Faustregel: Wer mehr zahlen muss als andere, ist ein schlechterer Schuldner. Vor einigen Jahren haben einzelne Banken bei der Preisindikation geschummelt und damit den Libor in Verruf gebracht. Dabei haben diese Banken den Libor meistens geschönt. Sie haben also einen tieferen Libor angegeben, als sie tatsächlich zahlen mussten, um als bessere Schuldner dazustehen. Dadurch wurde dem Libor als Referenzindex ein Grossteil seiner Glaubwürdigkeit entzogen.
Hohe Geldbussen
Der Skandal erschütterte während der Finanzkrise die Finanzwelt und führte zu hohen Geldbussen für die betroffenen Banken und Broker sowie zu Gefängnisstrafen. Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich nur konsequent, dass ein Wechsel zu einem Modell stattfindet, das sich nicht mehr auf Angaben von Banken abstützt, sondern auf tatsächlichen Marktzinsen beruht.
Die Zentralbanken und Aufsichtsbehörden bringen bereits alternative Referenzzinssätze in Stellung: In Grossbritannien ist dies der Zinssatz Sonia (Sterling Overnight Index Average), ein Tagesgeldsatz für unbesicherte Transaktionen am Pfundmarkt. In der Schweiz ist es der Saron (Swiss Average Rate Overnight) und in der Euro-Zone der Eonia (Euro Overnight Index Average). Diese Zinssätze beruhen alle auf effektiv bezahlten Markttransaktionen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) setzt sich schon seit Jahren für den Saron ein. Er wird am Schweizer Geldmarkt schon Ende 2017 das sogenannte TOIS-Fixing ablösen.
Möglich, dass er auch international als Vorbild dienen und so den Libor ersetzen wird. Wir gehen davon aus, dass sich für Libor-Kunden, insbesondere die Hypothekennehmer, nichts ändern wird. Klar, die Mechanik der Preisindikation ändert sich, aber einen Interbankenmarkt wird es weiterhin geben – und ein Index als Basis für kurzfristige Zinsen ergibt nach wie vor Sinn.