«Schon als Kind mochte ich lieber Süsses mit Zitronen- und Orangengeschmack anstatt Schokolade oder Erdbeere.» Niels Rodin (47) begeistert sich seit je für Zitrusfrüchte. Heute lebt der Zitrusbauer diese Leidenschaft in Borex VD, in der Nähe von Nyon. Seine Zitrusfarm ist 1,5 Hektar gross, mit einem Gewächshaus von 3600 Quadratmetern, in dem fast 200 biologisch zertifizierte Zitrusfruchtsorten wachsen – dazu Ingwer, Kurkuma, Melonen und Wassermelonen. Niels Rodins Wissen ist so umfangreich, dass er mittlerweile mit Experten aus der ganzen Welt zusammenarbeitet. Ausserdem hält er Vorträge zum Thema und importiert seltene Pflanzenarten in die Schweiz. Einen Teil seiner Sammlung hat er sogar dem Botanischen Garten in Genf geschenkt. Niels Rodin wird in Kochbüchern zitiert. Erst kürzlich von Küchenchefin Anne-Sophie Pic, die zehn Michelin-Sterne für ihre sechs Restaurants vorweisen kann. Mit ihr verbindet Niels Rodin eine kulinarische sowie «agrumige» Freundschaft.
Seine berufliche Laufbahn begann der Zitrusbauer jedoch fernab der Landwirtschaft. Rodin wurde in Lausanne geboren und absolvierte zunächst ein Ingenieurstudium, das ihn in die Textilindustrie führte. Es folgte ein Wechsel in die Finanzbranche – erst nach Lugano, dann nach Genf. Auf die Bank folgte zu guter Letzt ein Family Office. «Als Banker wohnte ich in der Stadt Genf in einer Wohnung mit Balkon und beschloss, dort einen Zitronenbaum zu pflanzen. Den hatte ich in einem Gartencenter gekauft. Als ich ihn im Winter in die Wärme stellte, dachte ich, das Richtige zu tun. Doch er ging jämmerlich ein.» Diesen Misserfolg wollte Niels Rodin nicht auf sich sitzen lassen. Er begann im Internet zu recherchieren. Nächtelang las er sich durch Diskussionsforen und sammelte Informationen auf Züchter-Websites. Seine Leidenschaft für die Zitrusfrucht war entfacht.
Anstatt seinen Arbeitskollegen aus der Finanzbranche die üblichen Manschettenknöpfe oder Krawatten zu Weihnachten zu schenken, tischte Niels Rodin ihnen einen hausgemachten Limoncello auf – ein Getränk, das man sonst in den von ihnen besuchten Pizzerien serviert bekommt. Limoncello wird aus der Yuzu-Frucht hergestellt, einer Zitronensorte, die noch vor 15 Jahren in Europa kaum jemand kannte. Daraufhin begann für Rodin eine Reise der Wissenssuche. Die Wirtin eines japanischen Restaurants in Genf brachte ihm eines Tages eine Flasche davon aus ihrem Heimatland mit. «Wenn ein Kleinkind nach dem Abstillen zum ersten Mal den Geschmack von Zucker erlebt, löst dies in seinem Gehirn eine explosionsartige Lustentladung aus. Yuzu hatte die gleiche Wirkung auf mich ... Es war eine Offenbarung! Ich habe mich in diese Frucht verliebt, die nach Limetten, Mandarinen, Grapefruit und etwas undefinierbar Exotischem schmeckt.» Sein Yuzu-Likör war so erfolgreich, dass er beschloss, grössere Mengen herzustellen und die Frucht selbst anzubauen, um sicherzugehen, dass ihm immer solche mit dem richtigen Reifegrad zur Verfügung stehen. In einer Baumschule in Frankreich fand er schliesslich entsprechende Bäume, nach sechs Monaten konnte er sie in die Schweiz importieren.
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Im Laufe der Monate und Jahre ging es Schlag auf Schlag. Die Leidenschaft von Niels Rodin wurde immer stärker. Er mietete einen Keller, um in der Freizeit seine Pflanzen anzubauen. Später kam ein Gewächshaus hinzu. Der Waadtländer studierte als Autodidakt, forschte, knüpfte Kontakte und experimentierte. Die Verbindung zwischen ihm und den Zitrusfrüchten wurde immer deutlicher. In der Welt der Pflanzen fühlt er sich wohl. Dort kann er sich entfalten. Um seine Pflanzen in der Schweiz anzubauen, musste Niels Rodin solche finden, die sich dem Klima anpassen. «Wie die Weinrebe wird auch die Zitrusfrucht immer wieder veredelt. Die Grundpflanze dient als eine Art Ammenpflanze. Der Wurzelstock muss an den Boden, auf dem er steht, angepasst werden.» Die Dreiblättrige Orange (Poncirus trifoliata) eignet sich hierfür am besten. Die mit den Zitrusfrüchten verwandte und äusserst kälteresistente Pflanze gehört zur Familie der Rautengewächse.
Inzwischen arbeitet Niels Rodin mit zwei Partnern zusammen, um seiner Leidenschaft noch besser nachgehen zu können. Der Unternehmer Marco Simeoni beschäftigt sich mit neuen Technologien im Bereich der Nachhaltigkeit und der Entwicklung von erneuerbaren Energien. Zusammen mit Niels Rodin hat er die Zitrusfarm zum ersten landwirtschaftlichen Betrieb in der Schweiz mit energieautarken und solarbeheizten Gewächshäusern gemacht. Der zweite Partner ist Stéphane Fankhauser. Dieser kommt ursprünglich aus der Landwirtschaft und betreibt das Unternehmen GreenMarket, das bei der Vermarktung von einzigartigen Produkten Unterstützung bietet.
Es wurden zwei Labels unter dem Namen von Niels Rodin eingeführt. Das erste ist für Früchte, die in der Schweiz produziert werden, das zweite für solche, die in Europa angebaut und importiert werden. «Diese beiden eigenständigen Label stehen für unsere Werte. Wir setzen alles daran, vollständig reife Früchte anzubieten, die nicht chemisch nachgereift wurden, indem wir den Transport der Waren optimieren und die Lagerung in energieintensiven Kühlräumen reduzieren.» So unterscheidet sich Niels Rodin von anderen Labeln. Er bezieht unverkaufte Produkte von Produzenten und Händlern und verarbeitet sie zu Gourmetprodukten. Ziel ist es, die Abfallmenge zu minimieren und gleichzeitig die aufgrund von Grössenabweichungen und Schönheitsfehlern unverkauften Produkte zu verwerten. Als letzte Neuheit wurde Pommoise auf den Markt gebracht, ein Cidre aus Äpfeln, Mandarinen und roten Früchten, der die Produktpalette der Zitrusfarm ergänzt.
«Sowohl mein erster Beruf als Ingenieur als auch meine Kenntnisse aus der Finanzwelt helfen mir heute beim Ausbau der Zitrusfarm», bilanziert Rodin. Fest steht, dass die Veredelung zwischen Niels Rodin und den Zitrusfrüchten sehr gut funktioniert hat.
Weitere Informationen über die Zitrusfarm und ihre Produkte findest du hier.