Nehmen wir an, wir hätten uns in den 80er-Jahren getroffen und als Kinder diskutiert, wie wir uns im Jahr 2021 fortbewegen werden: Was hätten Sie geantwortet?
Ich hätte wohl gesagt, dass wir in fliegenden Autos sitzen. Das ist der Einfluss der TV-Serie «Die Jetsons» und der «Zurück in die Zukunft»-Filme. (lacht) Ich finde, wir sind gar nicht so weit davon entfernt.
Nicht so weit weg? Steht bei Volvo schon ein fliegendes Auto in der Garage?
Wir arbeiten mit sogenannten Concept Cars, die unsere Zukunft zeigen sollen. Da gibt es schon die eine oder andere Vision, wo das Fliegen eine Rolle spielen könnte. Aber der nächste konkrete Durchbruch wird eher das autonome Fahren sein.
Ganz so weit sind wir noch nicht. Wo findet Innovation bei Volvo Cars konkret statt?
Bei uns geht es um «Freedom to move», die Freiheit, sich zu bewegen – und zwar auf eine persönliche, individuelle, nachhaltige und sichere Art und Weise. Dies lösen wir beispielsweise mit der nahtlosen Konnektivität ein, die wir anbieten: Alle unseren neuen Modelle haben Google Android Automotive integriert, da gehören natürlich Google Maps und die Sprachsteuerungsfunktion Google Assistant dazu.
Und bei der Nachhaltigkeit, einem Thema, das für viele immer wichtiger wird?
Volvo hat sich zum Ziel gesetzt, dass 2030 jeder verkaufte Wagen vollelektrisch sein wird. Damit gehören wir zu den Pionieren der Branche. Bis 2040 wollen wir als Unternehmen die Klimaneutralität erreichen; schon heute produzieren wir in unserem Werk im schwedischen Torslanda komplett klimaneutral.
Sicherheit als dritter Punkt ist seit jeher ein Bereich, auf den Volvo setzt.
Eine Innovation war schon vor über sechzig Jahren die Entwicklung des Dreipunkt-Sicherheitsgurtes. Damals haben wir die Erkenntnisse und Daten dazu veröffentlicht. Und diese Praxis haben wir beibehalten: Sämtliche Unfalldaten der letzten siebzig Jahre sind zugänglich, damit alle ihre Fahrzeuge noch sicherer machen können. Heute sind solche Daten eine hervorragende Grundlage für die Arbeit von Software-Experten rund um den Globus, um die Sicherheitssysteme zu verbessern.
Honorieren die Schweizer Autofahrerinnen und Autofahrer diese Innovationen?
Ein anspruchsvolles Unternehmen sollte immer sagen: Das Geschäft könnte noch besser laufen. (lacht) Wir haben die Zahl der Neuzulassungen bis 2019 viermal in Folge steigern können. Im vergangenen Jahr waren sie zwar leicht rückläufig, allerdings konnten wir unseren Marktanteil von 2,8 auf 3,6 Prozent steigern. Diesen möchten wir natürlich weiter ausbauen, wobei wir die Chance sehen, unseren Anteil bis 2025 sogar zu verdoppeln. Damit zeigt Volvo ein sehr beständiges und nachhaltiges Wachstum.
Gerade in der Schweiz?
Richtig. Die Gesamtzahl an Zulassungen war im vergangenen Jahr rückläufig. Trotzdem steigert Volvo seinen Zahlen, das heisst: Wir gewinnen auf Kosten von anderen Premium-Mitbewerbern hinzu. Die Schweizerinnen und Schweizer schätzen die Zuverlässigkeit und Bodenständigkeit von Volvo.
Der Erfolg ist aber nicht nur auf Innovationen zurückzuführen?
Nein, wir haben im Vorjahr – zu Beginn der Pandemie – beobachten können, dass sich die Bedürfnisse der Kunden und Kundinnen verändern: Wer sich für ein Auto als unabhängiges Fortbewegungsmittel interessierte, wollte öfter eines mit elektrischen Antrieb. Das dürfte bei vielen Personen den Wechsel von einer anderen Marke zu Volvo begünstigt haben.
Auf der Website von Volvo nehmen die elektrischen Modelle den meisten Platz ein. Hand aufs Herz, wie gross ist der Anteil an elektrischen Fahrzeugen und Plug-in Hybrid Fahrzeugen wirklich?
60 Prozent der Bestellungen sind für PHEV- oder E-Autos; Tendenz steigend. Pro Tag legt eine Schweizerin oder ein Schweizer rund 40 Kilometer zurück. Diese Distanz eignet sich hervorragend für elektrifizierte Fahrzeuge.
Wie verändert sich die Automobilindustrie durch diese Trends?
Die Leute denken vermehrt über ihren ökologischen Fussabdruck nach und wünschen sich vielfach eine andere Art von Mobilität: Manche wollen ein Auto besitzen, andere brauchen nur eines für für den Skiurlaub oder einen Ausflug. Für solche Situationen haben die allermeisten Autohersteller bislang keine Angebote. Volvo bietet hier verschiedene Mobilitätslösungen an.
Was ändert sich am Geschäftsmodell?
Wir von Volvo wollen dort sein, wo unsere Kunden sind – on- und offline. Der Kaufprozess vieler hat sich durch die fortschreitende Digitalisierung und auch durch die Pandemie verändert. Unsere vollelektrischen Fahrzeuge verkaufen wir online, wodurch wir transparente Preismodelle und einen einfachen Zugang zu Volvo gewähren können. Die Vertreter sind aber nach wie vor ein wichtiger Pfeiler unseres Systems: Sie bieten jenen Leuten ein persönliches Premium-Erlebnis, welche sich ein Fahrzeug lieber im Showroom anschauen oder es mit fachkundiger Begleitung probefahren wollen.
Wir haben im letzten Jahr alle «Innovation erlebt»; indem wir vermehrt von zu Hause aus arbeiteten und unser Leben den Bedingungen anpassten. Wie hat Volvo diese Umstellung vollzogen?
Flexibles Arbeiten gab es bei uns schon vor dem ersten Lockdown, weshalb wir einigermassen gut aufgestellt waren. Aber natürlich mussten wir uns in der ersten Homeoffice-Phase erst an die neue Arbeitsweise gewöhnen – und auch weitere Anpassungen bei den Abläufen vornehmen, wie etwa das Unterschreiben via PDF-Formular. Für viele – auch für mich – brachte die Zeit im Homeoffice auch persönlich grosse Umstellungen mit sich: Als die Pandemie begann, war meine Tochter 1,5 Jahre alt. Ich konnte mit ihr viel mehr Zeit verbringen. Und: Wir assen mittags jeweils sogar gemeinsam.
Man kann argumentieren, dass die Autoindustrie eine Gewinnerin dieser Pandemie sein sollte. Die Fahrt im eigenen Auto ist punkto Viren sicherer als jene im Zug. Volvo Cars hat 2021 auch ein Umsatzwachstum kommuniziert. War Corona ein Grund?
Uns als Gewinner zu bezeichnen, liegt mir fern. Immerhin mussten wir unsere Showrooms zweimal schliessen. Volvo steht seit der Gründung für Werte wie Innovation, Verlässlichkeit, Sicherheit und Nachhaltigkeit ein. Das wissen und schätzen unsere Kunden – gerade heutzutage, wo die Autoindustrie derart im Wandel ist.
Natalie Robyn ist seit 2017 Managing Director von Volvo Car Switzerland. Zuvor arbeitete sie 15 Jahre in der Automobilindustrie und besetzte unterschiedliche Führungspositionen bei DaimerChrysler und Nissan. 2015 stiess sie als Vice President International Markets zu Volvo Cars. Die spanisch-amerikanische Doppelbürgerin spricht fliessend Englisch, Spanisch und Französisch – und immer besser Deutsch. Natalie Robyn lebt in der Region Zürich mit ihrem Partner und ihrer Tochter.
Nachhaltigkeit ist für Volvo genau so wichtig wie Sicherheit. Deshalb setzt sich der schwedische Premium-Automobilhersteller für eine Zukunft ohne Verbrennermotor ein: Ab 2030 setzt Volvo nur noch auf vollelektrische Fahrzeuge, ab 2040 auf die komplette Klimaneutralität als Unternehmen. Volvo Car Switzerland ist Teil der Volvo Car Group (Götheborg), zur Zhejiang Geely Holding (Geely Holding) gehört. Volvo Car Switzerland beschäftigt rund 60 Mitarbeitende und umfasst ein Netzwerk von etwa 77 Vertretern. Natalie Robyn ist seit 2017 Managing Director.
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