Ab der zweiten Februarwoche begannen in China wieder die alljährlichen Feierlichkeiten zum Neujahrsfest. Das Jahr des Hundes wird 2019 vom Jahr des Schweins abgelöst. Vielen Chinesen wird der Abschied vom Hundejahr nicht sonderlich schwerfallen, hat sich doch in den vergangenen 12 Monaten das Wirtschaftswachstum von knapp 7 Prozent auf 6,4 Prozent verlangsamt und der chinesische Aktienmarkt zeitweise mehr als ein Viertel seines Wertes verloren.

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Dass in China das Wirtschaftswachstum 0,1 Prozent unter dem staatlich verordneten Wachstumsziel liegt, ist durchaus ein Indiz dafür, dass es mit der Wirtschaft im Reich der Mitte nicht zum Besten steht. Die Angst über eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft macht an den Märkten wieder die Runde. Wie konnte es soweit kommen?

Die Crux der Konjunkturpolitik Chinas

Die Crux der chinesischen Konjunkturpolitik der letzten 10 Jahre ist, dass wann immer die Konjunktur lahmte, mit einer enormen Ausweitung der Kreditvergabe reagiert wurde. Dadurch ist die Verschuldung im Unternehmenssektor auf ein Rekordniveau von 155 Prozent zum BIP angestiegen, und die Kommunen haben durch enorme Infrastrukturausgaben eine angespannte Finanzlage. Diese makroökonomische Entwicklung hat sich vor drei Jahren nochmals verschärft, als die massive Kreditausweitung nicht durch Bankkredite sondern fast ausschliesslich durch das Schattenbankenwesen finanziert wurde.

Im Frühjahr 2018 hat Peking beschlossen, dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben und die Kreditvergabemöglichkeiten für Schattenbanken deutlich eingeschränkt. Ziel war, die Kreditvergabe wieder stärker in den regulierten Bankenbereich zu überführen. Diese Massnahmen haben zwar den gewünschten Effekt erzielt - die Verschuldungsquoten sind leicht gefallen - jedoch zum Preis eines langsameren Wachstums. Just in diesem fragilen Moment hatte die US-Admimistration den Handelskonflikt mit China verschärft - mit der Konsequenz, dass sich die Abschwächung der chinesischen Wirtschaft beschleunigt hat.

Pekings 180-Grad-Wende in der Wirtschaftspolitik

Die chinesische Regierung hat daraufhin in der zweiten Jahreshälfte 2018 von Konsolidierung zu Wachstumsförderung umgeschwenkt. Die Geldpolitik wurde gelockert und im November wurden zahlreiche Steuererleichterungen für Privathaushalte und Unternehmen verabschiedet. Die Steuerlast für Privathaushalte wird dadurch schätzungsweise um 40 Prozent fallen und einen kräftigen Schub für das verfügbare Einkommen bedeuten. Für 2019 sind zusätzlich weitere stimulierende Massnahmen geplant. Neben der Senkung der Mehrwertsteuer werden nach einem Jahr der Konsolidierung die Infrastrukturausgaben wieder nach oben gefahren.

Diese Massnahmenpakete dürften nach unserer Einschätzung ausreichen, eine härtere Landung der chinesischen Wirtschaft zu verhindern. Das wäre auch für die europäische Wirtschaft eine willkommene Entwicklung, deren Aussenhandel mit China und den Emerging Markets jüngst deutliche Anzeichen der Schwäche gezeigt hat. Wenn jetzt noch der Handelskonflikt mit den USA im neuen Jahr nicht weiter eskaliert, stehen die Chancen nicht schlecht, dass nicht nur die Chinesen beim nächsten Neujahrsfest erleichtert sagen werden: «Schwein gehabt».

*Tilmann Galler ist globaler Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt

Quelle:  Bloomberg, Nationales Statistikamt China, J.P. Morgan Asset Management. Guide to the Markets - Europe. Daten per 31. Dezember 2018.

Guide to the Markets - Europe. Daten per 31. Dezember 2018.

Quelle: Bloomberg