Diese Drohne fliegt. Das wollte Daniel Böhm, Oberstleutnant der Luftwaffe, bei der Präsentation des Fluggeräts im Dezember in Emmen nur einmal klarstellen. Technisch tut sie das auch. De facto aber nicht. Denn es fehlt die Genehmigung der israelischen Behörden. Geplant war nach mehreren Jahren Entwicklungszeit der Einsatz 2019. Nun ist das zweite Semester 2020 angepeilt.

Die ADS-15 des israelischen Herstellers Elbit ist die neue Aufklärungsdrohne der Schweizer Armee. Budgetierte Kosten für das Projekt: eine Viertelmilliarde Franken.

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Die Rüstungsfirma Elbit hatte mit der Beauftragung vor einigen Jahren einen Coup in der Schweiz gelandet und sich gegen den Mitbieter Israel Aerospace Industries (IAI) aus dem eigenen Land durchgesetzt. Und erst im Oktober 2019 hat die börsenkotierte Rüstungsfirma erneut gewonnen: die Erneuerung der mobilen Kommunikation der Schweizer Bodentruppen. Der Fussabdruck israelischer Lieferanten von Militärgerät in der Schweiz findet mit der Erfüllung dieser Deals einen neuen Höhepunkt.

Dabei ist Elbit bei weitem nicht die einzige Firma aus Israel, die versucht, mit der Schweizer Armee ins Geschäft zu kommen. IAI, Rafael, Bagira, Armaz – sie alle haben grosses Interesse daran, ihre Kompetenzen an die Eidgenossenschaft zu verkaufen. Allein das gesamte Auftragsvolumen in Franken für die Beschaffungspakete zur Erneuerung der Telekommunikation der Armee ist nicht weit weg von der Milliarde. Kurzum: Israel hat das Know-how und die Technologie, die Schweiz den Beschaffungswillen und das Geld dazu.

Israels Militärfirmen gut verankert

Engste Verbindungen israelischer Industrie- und Politikvertreter in die Chefetagen der heimischen Rüstungsbeschaffung sind hilfreich sowie zahlreiche Firmendependancen rüstungsnaher Firmen aus Israel in der Schweiz. Den jüngsten Vorstoss machte Elbit im September 2019 und gründete hierzulande die erste Niederlassung, Elbit Switzerland. Ein klares Signal: Man ist gekommen, um zu bleiben.

Die Bande der Schweizer Korps und der Rüstungsindustrie mit Israel sind zudem mehr als intakt – sowohl auf Amtsebene als auch privatwirtschaftlich. Der ehemalige Leiter der Planungsabteilung der Armee und Ex-Rüstungschef von 2008 bis 2011, Jakob Baumann, hält bis heute engen Kontakt zur israelischen Rüstungswirtschaft. Als er nach seiner Amtszeit in den Privatsektor wechselte, heuerte er bei der Schweiz- Tochter von Bagira mit Sitz in Israel an. Die Firma ist auf Software für die Kriegsführung spezialisiert. Baumann ist Verwaltungsrat des Schweizer Ablegers. CEO war 2015 bis 2019 Kollege Cäsar Stiefel, der davor für die Entwicklung von Aufklärungssystemen für die Schweizer Armee mitverantwortlich war.

Dem Bagira-VR Baumann steht Präsident Claus Utz vor. Utz war Direktor des Bundesamtes für Luftwaffen- und Führungssysteme. Er ist nicht nur Präsident von Bagira Switzerland, sondern auch Verwaltungsrat von Armaz in der Schweiz. Armaz, ebenfalls mit Sitz in Israel, ist eine Beratungs- und Marketinggruppe, spezialisiert auf den Vertrieb und die Instandhaltung von Rüstungsgütern.

Nun ist Elbit erneut drauf und dran, den nächsten Auftrag an Land zu ziehen. Auch beim Ersatz eines integrierten militärischen Fernmeldesystems sowie beim geplanten Ankauf von Richtstrahlgeräten bis hin zur Gesamtplanung und Softwareausrüstung für die Telekommunikation ist der Konzern im Rennen. Allerdings fühlte sich die Beschaffungsbehörde Armasuisse nach dem Zuschlag an Elbit im Oktober bereits bemüssigt, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, dass «durch die Wahl der Firma Elbit Systems kein Präjudiz für die weiteren Beschaffungen im Projekt Telekommunika- tion der Armee» entstehe.

Rüstungsdiplomatie auf allen Ebenen

Das Geheimnis des Erfolgs israelischer Rüstungsfirmen liegt einerseits in einer aggressiven Preispolitik – der Preis war das Hauptkriterium für den Zuschlag an Elbit im Oktober. Zum andern liegt es in einer langjährigen Beziehungspflege auf Offizialebene und zu diversen Firmen im Militärbereich. Bereits der damalige Armasuisse-Chef Ulrich Appenzeller traf 2013 den israelischen Amtskollegen Shmaya Avieli in Tel Aviv. Es ging um bilaterale Rüstungsgespräche. Wenige Monate später fiel der Typenentscheid auf die Elbit-Drohne statt auf die Super Heron von IAI.

Elbit_Switzerland_Eröffnung

Im September entschieden sich die Verantwortlichen Elbit Switzerland zu gründen (v. l.): Oren Sabag, Senior Vice President Radio and Communication Systems, Jacob Keidar, israelischer Botschafter, Haim Delmar, General Manager Elbit Cyber, Markus Niederhauser, GRPM-Präsident, Matthias Zoller, Generalsekretär SwissASD, Sari Schanan, Vice President Regional Marketing.

Quelle: Elbit

Rüstungs- und Armeevertreter beider Länder geben sich seit vielen Jahren zwischen Bern und Tel Aviv die Klinke in die Hand. 2016 kam der damalige Verteidigungsminister Israels, Moshe Yaalon, nach Bern, um sein Schweizer Pendant Guy Parmelin zu besuchen. Noch im selben Jahr kam es zu einem weiteren Treffen in Bern: Der Direktor für internationale Verteidigungskooperation, Mishel Ben Baruch, traf Appenzellers Nachfolger Martin Sonderegger.

Derweil gaben Beschaffungsvorgänge im VBS Anlass dazu, eine «Administrativuntersuchung» durchzuführen. In einem Bericht des ehemaligen Finanzkontrolldirektors Kurt Grüter, der die Beschaffungsmethoden unter die Lupe nahm, ortete man «Verbesserungspotenzial bei der Transparenz, dem Rüstungsablauf, der Projektorganisation und den Verantwortlichkeiten, der internen Information sowie dem Beizug von Externen».

Den Beziehungen der Armasuisse zu Israel tat die Kritik keinen Abbruch. Auch abseits hochoffizieller Treffen sucht man das Gespräch. Kaum ein Jahr nach dem Grüter-Bericht schüttelte Rüstungschef Sonderegger Vertretern der israelischen Beschaffungsbehörde bei der Luftfahrtausstellung in Paris Le Bourget die Hand. Der Transparenz halber mit dem Zusatz «Um die guten Beziehungen zur Industrie und den staatlichen Organisationen und Vertretern aufrechtzuerhalten und zu vertiefen», wie es von Armasuisse heisst.

Nach dem Treffen in Paris 2017 reiste Sonderegger erneut nach Tel Aviv. Er traf Ben Baruch, besuchte Elbit. Und es ging um die ADS-15-Drohne – das erste Exemplar steht derzeit im Hangar auf dem Militärflugplatz in Emmen – sowie um die Telekommunikation der Schweizer Armee.

Im Zusammenhang mit Israel stehen nicht nur Drohnen und Cybersicherheit auf der Agenda. Auch für das Flug- und Raketenabwehrsystem David’s Sling der israelischen Rüstungsfirma Rafael interessierte sich das VBS. Armasuisse versandte Offertanfragen für ein Boden-Luft-Verteidigungssystem, unter anderen an Rafael. Doch dieses Geschäft kam nicht zum Abschluss, Israel schied im März 2019 aus. Im selben Monat fand ein abermaliger Besuch Sondereggers in Israel statt. Wieder ging es um Beschaffungsprojekte.

Daheim wurden im selben Jahr die Weichen für personelle Änderungen im VBS gestellt: Delegierter des Bundes für Cybersicherheit in Bern wurde Florian Schütz, der bei der Ruag acht Jahre lang unter anderem als Leiter Cyber Security wirkte. In seiner Zeit bei der Ruag war er ein Jahr lang für den Bereich Business Development Cyber & Intelligence zuständig. Natürlich in Israel.