Die EU verzichtet auf die Einführung einer EU-weiten Steuer auf Internet-Unternehmen wie Google oder Amazon. Vier EU-Staaten blockierten am Dienstag bei einem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel einen entsprechenden Vorschlag von Deutschland und Frankreich. Nun will die EU die Arbeiten auf OECD-Ebene vorantreiben.
Sowohl EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici wie auch der französische Finanzminister Bruno Le Maire bezeichneten das Scheitern der Digitalsteuer als eine «verpasste Chance».
Vor allem Frankreich hatte darauf gedrängt, dass die EU bei der Besteuerung von Internet-Konzernen eine Vorreiterrolle übernehmen soll. Präsident Emanuel Macron hatte während seines Wahlkampfes für die französische Präsidentschaft das Thema gar zu einem seiner Prestigeprojekte erklärt.
Der Vorwurf an die Internet-Firmen lautet, sie würden in vielen Ländern Europas grosse Gewinne machen, diese aber dort kaum versteuern. «Das ist inakzeptabel», sagte EU-Steuerkommissar Moscovici.
Denn gemäss Berechnungen der EU-Kommission entrichten Internet-Firmen durchschnittlich Unternehmenssteuern von rund neun Prozent. Bei klassischen Firmen sind es in der Regel mehr als 20 Prozent.
Auch Minimalvariante gescheitert
Eigentlich arbeitet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) an einem international gültigen Modell, wie Digitalunternehmen besteuert werden sollen.
Doch einigen EU-Staaten, allem voran Frankreich, gingen diese Arbeiten zu wenig schnell voran. Sie forderten deshalb eine EU-weite Interimslösung. Daher schlug die EU-Kommission im März letzten Jahres als Übergangslösung vor, eine drei prozentige Ertragssteuer einzuführen - auf Internet-Werbung aber etwa auch auf den Verkauf von Nutzerdaten.
Doch die EU-Staaten konnten sich nicht auf den Vorschlag der EU-Kommission einigen. Um die Vorlage zu retten, legten Deutschland und Frankreich im letzten Dezember gemeinsam eine abgespeckte Variante vor: Sie schlugen eine Umsatzsteuer von drei Prozent nur noch auf Online-Werbeerlöse vor, die ab Januar 2021 gelten soll.
Doch am Dienstag konnten sich die 28 EU-Finanzminister auch nicht auf diese Minimalvariante einigen. Dänemark, Schweden, Estland und Irland blockierten eine Einigung mit der Begründung, man müsse eine Lösung auf internationaler Ebene finden.
Nach der gescheiterten EU-Digital-Steuer will sich die EU auf die OECD konzentrieren und dort die Arbeiten vorantreiben. Ziel der OECD ist es, bis 2020 substantielle Fortschritte vorzuweisen.
Flickenteppich droht
Doch nun droht in der EU ein Flickenteppich: Insgesamt 13 EU-Staaten haben bereits eine eigene Digitalsteuer eingeführt oder zumindest eine solche angekündigt. Es sind dies Frankreich, Österreich, Belgien, Kroatien, Tschechische Republik, Deutschland, Ungarn, Italien Portugal Rumänien Slowakei, Spanien und das Vereinigte Königreich.
Der österreichische Finanzminister Hartwig Löger kritisierte diese Entwicklung in seinem Votum. Selbst die USA und grosse internationale Konzerne wie Google und Amazon wünschten sich von der EU eine klare Linie und hätten keine Freude an zersplitterten nationalen Lösungen, sagte er.
Trotz der gescheiterten Digital-Steuer ist EU-Steuerkommissar Moscovici davon überzeugt, dass diese die Diskussionen auf internationalen Ebene vorangetrieben hat. Ausserdem hofft er, dass der Vorschlag der EU-Kommission als «Blaupause für nationale Steuermodelle» dienen wird.
Schweiz will OECD-Lösung
Für die Schweiz sei die Einführung einer nationalen Digitalsteuer zurzeit kein Thema, schrieb das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) jüngst in einer Stellungnahme.
Vielmehr setzt sie die Schweiz als OECD-Mitglied für eine Lösung auf OECD-Ebene ein. SIF-Staatssekretär Jörg Gasser sagte kürzlich in der NZZ, er sei zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde, «die global akzeptiert werden kann und auch für die Schweiz annehmbar ist».
Es könne aber nicht sein, «dass Gewinne weitgehend durch Konsumstaaten besteuert werden und dort, wo die Wertschöpfung passiert, nur beschränkt Steuersubstrat anfällt», gab der Staatssekretär zu bedenken.
«Wir haben in unsere Infrastruktur, in Bildung und Know-how investiert, und darum sind die Unternehmen da.» Gasser plädiert für eine Lösung, die diese verschiedenen Elemente berücksichtigt.
(sda/mlo)