Uri Adoni, Chef von Jerusalem Venture Capital (JVPVC), ist ein Mann der Zahlen. Wenn er über das Geheimnis seines Erfolgs spricht, hat man den Eindruck, er referiert aus einem Statistikjahrbuch. JVPVC hat mit 27 Beteiligungen 18 Milliarden Dollar verdient, 12 Firmen an die amerikanische Technologiebörse Nasdaq gebracht und 15 Merger begleitet.

Zurzeit hat er Startups für eine Milliarde Dollar unter seinen Fittichen. Als Horchposten dient das JVP Cyber Labs, das sich auf Firmen aus dem Bereich Cyber-Sicherheit und Big Data fokussiert. Das JVP Media Labs wiederum ist ein Early-Stage-Investor, der auf Digitalmedien, Software, Storage- und Mobile-Lösungen setzt. Adonis buntscheckige Firmengruppe ist ein gewichtiger Inkubator für Startups, eine Art Geburtshelfer für Firmengründer aus der Digitalwelt. Wer wissen will, wie man ein Startup gründet und die Finanzierung sichert, soll «am besten hinfahren und mit den Menschen reden», sagt er.

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«Ein Hauptgrund für den Erfolg Israels ist das Timing»

Das Technion in Haifa ist das MIT Israels. Ingenieur Rafi Nave hat dort ein winziges Büro, ein Tischchen und einen Computer. Mehr braucht er nicht. Er sagt, «ein Hauptgrund für den Erfolg Israels ist das Timing». In den 1990er-Jahren kamen eine Million sowjetische Juden ins Land. Davon waren 100'000 Wissenschafter und Ingenieure. Israel gründete daraufhin 50 Inkubatoren, um das Potenzial zu nutzen. «Das waren Büroflächen voller Hirnmasse.»

Der Staat zahlte Löhne für zwei Jahre und stellte Labors und Computer zur Verfügung. Nur ein Prozent der neu gegründeten Unternehmen überlebte. Und mit ihnen die Infrastruktur. Wenige Jahre später kam das Internet. Und die Nachfrage nach neuen Softwarelösungen. Israel war bereit.

Diese Technologiecluster zogen viel Kapital an. Es gab Jahre, da investierten Risikokapitalfirmen mehr in Israel als in ganz Europa. Techgiganten wie Intel, Microsoft und IBM waren der Überzeugung – und sind es noch –, ohne Standbein in Israel gehe es nicht. «Das erzeugte einen Sog», sagt Nave. Fast alle Tech-Konzerne zogen nach.

IT-Hochburg in der Wüste

Diese siedelten sich meistens in Beersheva an, eine Stunde südlich von Tel Aviv, mitten in der Wüste. Dort liegt die Ben-Gurion-Universität, die grösste Gründerstätte Israels. Auf dem Campus hat Gabby Sarusi, Professor für elektro-optische Anwendungen, sein Institut. Er demonstriert eine Datenbrille mit Nanotechnologie. VW überlegt, in seine Autos der Zukunft Sarusis Projektionstechnologie in die Windschutzscheiben zu verbauen.

Das Geheimnis des Erfolgs: Die Universität gibt Sarusi Büro und Labor und lässt ihn ohne Zurufe arbeiten. Er erklärt, dass der Erfolg eines Startups von Vertrauen abhängt und von der Bereitschaft zu scheitern, sowohl auf der Finanzer- wie auf der Gründerseite. Natürlich hängt auch viel vom Geld ab. Vom Staat bekommt Sarusi für sein Projekt umgerechnet über 6 Millionen Franken. Der Staat fördert Startups schon seit vielen Jahren mit dem sogenannten Inkubator-Programm. Startkapital sind 500'000 Dollar, wenn der Gründer selbst 100'000 Dollar mitbringt. Zurückgezahlt wird im Erfolgsfall.

«Solange man nicht scheitert, kommt nur Erfolg in Frage»

Vertrauen und Geld – mehr braucht es nicht? «Das ist mindestens die halbe Miete», sagt Varda Shoshan-Barmatz. Sie forscht 500 Meter weiter am National Institute of Biotechnology in the Negev (NIBN) und entwickelt eine neue Krebstherapie. Sie bekam einen riesigen Glas-Beton-Kubus hingestellt, samt Geräten und Mitarbeitern.

Das NIBN funktioniert wie ein kommerzielles Unternehmen: Umsatz und Gewinn, Verwaltungsräte und Shoshan-Barmatz als Geschäftsleiterin. Die israelische Regierung, die Universität und ein Schweizer Banker sind am Institut beteiligt. Geld verdient es mit Industriekooperationen und der Vergabe von Lizenzen. Shoshan-Barmatz ist überzeugt, dass der grosse Durchbruch gelingt. Denn solange man nicht gescheitert sei, komme nur der Erfolg in Frage. Diese Siegermentalität ist der Schlüssel für die -Innovationskraft Israels.

Das Militär als Innovationstreiber

Einen Steinwurf vom NIBN entfernt sitzt Roni Zehavi in seinem Büro. Beim Empfang stehen drei grosse comicartige Lettern: BGN. Das steht für Ben Gurion Energy, das Kommerzialisierungsinstitut der Universität. Es ist ein Büro zum Wohlfühlen mit Sofa, Kaffee und ungeregelten Arbeitszeiten. Zehavi ist dafür zuständig, die Erfindungen der Universität zu Geld zu machen. Es sei dieser unbedingte Wille zur Problemlösung, den Willen, Dinge zu ändern. «Wir nehmen die Realität nicht hin, wir wollen sie beeinflussen.» 

Ob die Sicherheitslage und das im Alltag präsente Militär ein innovationsfeindliches Klima schaffen? «Im Gegenteil», sagt Zehavi. «Wir haben einen kleinen Heimmarkt und ein feindliches Umfeld. Wir können nicht einfach an unsere Nachbarn exportieren wie in Europa.» Das fördere das globale Denken.

«Nie aufgeben ist die Devise»

Die Armee spiele dabei eine wichtige Rolle. Zehavi war Kommandant einer Kampfeinheit. Da habe er gelernt, Entscheidungen zu treffen, die zielgerichtet seien. Auch Startups müssen ihre Mission durchziehen. «Nie aufgeben ist die Devise», sagt er, «das fehlt einigen Unternehmern in der Welt.»

Schaut man aus dem Fenster, sieht man einen Militärwagen mit Baumaterial beladen. Soldaten stecken den Sandboden mit Pfeilern ab. An dieser Stelle entsteht in den nächsten Monaten die Cyber-Abwehr-Zentrale fürs Land.

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