Value ist eine der bestuntersuchten Risikoprämien und bezeichnet die Strategie, Long-Positionen in «günstigen» Anlagen und Short-Positionen in «teuren» Anlagen einzugehen. Value wurde erstmals als eine effektive Strategie für Einzeltitel anerkannt. Seitdem hat sich jedoch erwiesen, dass die Strategie ebenso für Aktienindizes, Währungen, Staatsanleihen und Rohstoff-Futures geeignet ist. Anders gesagt, wenn Value in einer Anlageklasse gut abschneidet, neigt er im Durchschnitt auch in anderen Anlageklassen zu guten Ergebnissen und umgekehrt. Dieser Stil wurde auch von einigen der grössten Investoren verwendet: Eine aktuelle Studie zeigte insbesondere, dass Warren Buffets Alpha durch ein hohes, konstantes Exposure zu einem «Value» Faktor erklärbar ist.
Dass eine scheinbar so einfache Idee (Anlagen günstig kaufen und teuer verkaufen) historisch so stark und für alle Anlageklassen so verbreitet war, scheint verblüffend, aber die Ursachen einer «Value» Prämie wurden eingehend untersucht.
Verhaltensmuster und Risiken erklären die Existenz der Prämie
Verhaltensbasierte Erklärungen besagen, dass Value-Anlagen zu billig sind, weil die Anleger entweder Angst vor ihnen haben oder sich nicht für sie interessieren. Risikobasierte Erklärungen gehen von der Annahme aus, dass Value-Anlagen riskanter sind: Es kann sich um notleidende Anlagen handeln und/oder Anlagen mit volatilen Aussichten, und die Value-Prämie ist die Vergütung für die Übernahme dieses Risikos. Ein besonders attraktives Merkmal von Value-Strategien ist, dass sie tendenziell eine geringe bis negative Korrelation mit Momentum- oder Trendfolgestrategien aufweisen.
Value Investing in Aktien: Einzeltitel vs. Indizes
Während das zugrunde liegende Prinzip des Value-Faktors für Einzeltitel und Aktienindizes gleich ist, gehen die Strategien sehr unterschiedliche Exposures ein. Um ein Single Stock Value-Portfolio zu erstellen, ordnet man das Aktienuniversum nach einer Reihe von Bewertungskriterien ein und geht Long-Positionen in den günstigsten und Short-Positionen in den teuersten Aktien ein. Angestrebt wird ein Exposure in den Value-Risikoprämien bei möglichst geringem Marktrisiko. Daher sind diese Strategien in der Regel sektor- und regionenneutral aufgebaut und haben wenig bis gar kein Markt-Beta.
Eine Equity Index Value-Strategie ist völlig anders. Indizes im Anlageuniversum werden nach «Value» bewertet, man geht in billigen Märkten Long-Positionen und in teuren Märkten Short-Positionen ein, was letztendlich zu geografischen Engagements führt. Im Gegensatz zu Single Stock Value dürfte Equity Index Value Renditen aus der relativen Performance regionaler Aktienindizes generieren. Dies stimmt zuversichtlich, dass die Strategien theoretisch nicht den gleichen Risiken ausgesetzt sind.
Wie verhält sich Equity Index Value mit anderen Risikoprämien?
Backtests zeigen, dass diese Strategie eine geringe oder negative Korrelation zu anderen Risikoprämien aufweist. Erwartungsgemäss schneidet Equity Index Value in Zeiten von Marktstress am schlechtesten ab. Dieses Verhaltensmuster lässt sich auch bei Single Stock Value beobachten. Die Korrelationen zwischen den beiden Equity Value-Implementierungen sind jedoch sehr gering. Es gibt viele Faktoren, mit denen Investoren bestimmen, wie riskant ein Aktienmarkt ist; der offensichtlichste ist der politische und wirtschaftliche Hintergrund im Land des Aktienmarktes. Damit sind die Treiber dieser Value-Strategie völlig getrennt von denen des Single Stock Value, nämlich makroökonomisch im Gegensatz zu unternehmensspezifisch.
Simulierte Wertentwicklung
Die Backtest-Analyse des Equity Index Value zeigt, dass sich die Strategie in der Vergangenheit gut entwickelt hat. Betrachtet man das makrophasenbedingte Verhalten, so stellt man fest, dass die Strategie in den meisten Perioden gut abschneidet, ausser bei Marktstress. Eine schlechte Performance in Phasen angespannter Märkte ist logisch, da Value-Strategien tendenziell in riskantere Anlagen investieren. Die gute Performance in Zeiten der Rezession scheint weniger intuitiv zu sein, es steckt jedoch eine gewisse Logik dahinter.
Value-Strategien funktionieren oft gut, wenn sich die Märkte erholen und wenn Anleger erkennen, dass die Situation vielleicht nicht ganz so schlecht ist wie befürchtet und sich von Anlagen abwenden, die bei angespannten Märkten teuer geworden sind, hin zu Anlagen, die preiswert geworden sind. Da Rezession und angespannte Märkte nicht immer übereinstimmen, profitieren Value-Strategien von Phasen, in denen die Wirtschaft noch relativ schwach ist, sich der Markt aber erholt.
Verlustphasen zeigen, dass diese relativ begrenzt sind. Diese geschieht sowohl in Phasen, in denen sich Aktien gut als auch schlecht entwickeln. Infolgedessen gibt es keine eindeutige Korrelation zwischen der Strategie und den Aktienmärkten. Einheitlicher sieht es bei Anleihen aus, die in Verlustphasen für die Strategie stets eine starke positive Rendite erzielt haben.
Ein diversifizierende Renditequelle
Value auf Indexebene kann mithilfe wichtiger Bewertungssignale erfolgreich identifiziert werden. Während sowohl der Equity Index Value-Faktor als auch der Single Stock Value-Faktor bei Marktstress am schlechtesten abschneiden, weisen beide eine geringe Paarkorrelation auf.
Die Stärke des Equity Index Value zeigt sich als Diversifikator. Insgesamt sind die langfristigen Renditen trotz der jüngsten Marktpräferenz für Wachstumswerte attraktiv, die Strategie zeichnet sich insbesondere in Zeiten der makroökonomischen Erholung aus.
Darüber hinaus ergibt die Drawdown-Analyse eine geringe oder negative Korrelation zu traditionellen Risikoprämien, insbesondere Anleihen. Equity Index Value bietet Anlegern Zugang zu einer differenzierten und diversifizierten Renditequellen, der mit einer breiten Palette anderer alternativer Risikoprämien kombiniert werden kann, um liquide, kostengünstige Renditen bei geringer Korrelation zu traditionellen Risikoprämien zu erzielen.
*Joshua Seager, Portfoliomanager, Cross Asset Solutions bei Unigestion