Der für zutreffende Prognosen von Finanzmarkt-Blasen bekannte Investor Jeremy Grantham ist trotz der Börsenverwerfungen dieses Jahres der Ansicht, dass die von ihm konstatierte «Superblase»erst noch platzen muss. 

In einer Analyse vom Mittwoch erklärte der Gründer des Bostoner Vermögensverwalters GMO, der Anstieg des US-Aktienmarkts von Mitte Juni bis Mitte August entspreche dem bekannten Muster von Bärenmarkt-Rallys, die auf den Anfangsabsturz folgen und denen dann erst der wahre Konjunktureinbruch folgt.  

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Grantham sagte in den späten 1980er Jahren Blasen in Japan voraus und profitierte davon. Um die Jahrhundertwende prognostizierte er die Blase bei Tech-Aktien korrekt und warnte vor 2008 vor der Blase am amerikanischen Häusermarkt. Heute sieht der inzwischen 83-jährige eine «gefährliche Mixtur» aus paralellen Überbewertungen bei Aktien, Anleihen und Wohnimmobilien, sowie einem Rohstoffschock und der falkenhaften Haltung der US-Notenbank. 

S&P 500 stand im Juni fast 25 Prozent im Minus

Grantham sagte im Januar voraus, amerikanische Benchmark-Aktien stünden vor einem Einbruch um fast 50 Prozent. Im Juni lag das US-Börsenbarometer S&P 500 gegenüber dem Hoch aus jenem Monat zeitweise fast 25 Prozent im Minus. Danach ging es für zwei Monate wieder bergauf. Am gestrigen Mittwoch gaben die US-Börsen die vierte Sitzung in Folge nach. 

«Was wir unlängst hatten war eine typische Bärenmarktrally - und die Leute sagten: ‘Oh, das ist ein neuer Bullenmarkt’», erklärte Grantham im Bloomberg-Interview. «Das ist Unsinn.»

Viele schlechte Vorzeichen für die Weltwirtschaft

Der Kollaps einer Superblase erfolge in mehreren Phasen, so Grantham. Zunächst gebe es einen Rückschlag wie in der ersten Jahreshälfte, dann folge eine leichte Erholung. Schliesslich sackten die Fundamentaldaten zusammen, und der Markt erreiche seinen Tiefpunkt.

Nachdem steigende Inflation in der ersten Jahreshälfte für Rückgänge gesorgt hatte, sieht Grantham sinkende Gewinnmargen der Unternehmen als Katalysator für die nächste Runde von Börsenverlusten. Er verwies auf die derzeitige problematische Gemengelage: Die russische Invasion in der Ukraine belaste Europa. Während der Kontinent mit einer Energiekrise und Lebensmittelteuerung zu kämpfen habe, liege die Geldpolitik global im Straffungstrend und China habe hartnäckige Probleme mit Covid. 

Wie schlimm wird es wirklich?

«Ich gehe jede Wette ein, dass wir es wirtschaftlich und finanziell ziemlich schwer haben werden, bevor das System durchgespült ist», sagte Grantham. «Was ich nicht weiss, ist: Werden die Dinge ausser Kontrolle geraten wie in den 30er Jahren, wird es sich in Grenzen halten wie im Jahr 2000 oder irgendwo in der Mitte liegen?»

(bloomberg/gku)