In ausserordentlich guten Börsenjahren ist die Dividende für viele Anleger wohl bloss ein Nebenschauplatz. So wohl letztes Jahr, als der Swiss Market Index um 26 Prozent zulegte (die Dividendenabgänge aufgerechnet sogar um 30 Prozent). Doch 2020 könnte sich das Bild schon wieder ändern: Obschon auf ein starkes Börsenjahr statistisch betrachtet zumindest ein freundliches Jahr folgen sollte, könnten die Dividenden für die Gesamtrendite in den nächsten 12 Monaten wieder an Bedeutung gewinnen.
In der Schweiz müssen Anleger nicht mehr lange auf die ersten Dividenden warten. Den Beginn macht gleich Anfang März der Basler Pharmakonzern Novartis. Auf Basis von Schätzungen der Zürcher Kantonalbank winkt den Aktionären eine gegenüber dem Vorjahr um 5 Rappen höhere Ausschüttung von 2,90 Franken je Aktie. Mit 3,1 Prozent bewegt sich die Dividendenrendite in etwa im Durchschnitt aller Aktien aus dem SMI.
Zwischen März (Novartis) und September (Richemont) werden insgesamt fast 40 Milliarden Franken an die Aktionäre der 20 Unternehmen aus dem SMI-Börsenbarometer zurückgeführt. Davon fliesst mehr als die Hälfte an die Investoren von Nestlé, Roche und Novartis.
UBS: Grosses Versprechen
Die höchste Dividendenrendite im SMI weist die UBS-Aktie auf. Sie rentiert zu momentanen Kursen zu fast 5,7 Prozent. Noch vor wenigen Monaten waren es in der Spitze sogar fast 7 Prozent. Im Januar 2018 verschrieb sich die grösste Schweizer Bank einer progressiven Ausschüttungspolitik. Sprich: Die UBS will ihre Dividende Jahr für Jahr um 5 Rappen steigern.
Rein rechnerisch dürfen sich die Aktionäre auf eine Dividende in Höhe von 75 Rappen freuen. Ob die Grossbank wirklich Wort hält, wird sich zeigen, wenn das Jahresergebnis am 21. Januar publik wird. Seit die UBS von einem Gericht in Paris in erster Instanz zu einer Strafe von 3,7 Milliarden Euro sowie einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 800 Millionen Euro verurteilt wurde, scheint die Ausschüttungspolitik jedenfalls nicht länger in Stein gemeisselt. Ein Berufungsprozess ist für Juni dieses Jahres angesetzt. Im ungünstigsten Fall droht sogar ein jahrelanger Rechtsstreit.
Assekuranz: Sichere Werte
Dem Dividendenentscheid gelassen entgegenblicken können hingegen die Aktionäre von Swiss Life. So unterschiedlich die Aktie des Lebensversicherers in Analystenkreisen auch beurteilt wird, so einig ist man sich: Swiss Life wird die Dividende erneut kräftig erhöhen. Durchschnittlich wird mit einer Ausschüttung von 19 Franken je Aktie gerechnet. Das entspräche im Jahresvergleich einer Steigerung um gut 15 Prozent. Möglich macht dies die zunehmende Bedeutung des Kommissionsgeschäfts, ist letzteres doch mit einer geringeren Kapitalbindung verbunden.
Mit 3,9 Prozent rentiert die Swiss-Life-Aktie aber selbst dann noch immer schlechter als andere Schweizer Versicherungswerte. Bei Zurich errechnet sich eine Dividendenrendite von 4,9 Prozent, bei Swiss Re sogar eine von 5,1 Prozent. Ausserdem dürfte Swiss Re nach dem ReAssure-Deal für rund 2 Milliarden Franken eigene Aktien zurückkaufen. Bei Swiss Life besteht denn auch noch Luft nach oben, schüttet der Lebensversicherer doch «nur» etwa die Hälfte des Jahresgewinns an die Aktionäre aus.
Richemont, Kühne+Nagel: Solide Bilanzen
Eine kräftige Dividendenerhöhung ist auch bei Richemont und Kühne+Nagel denkbar. Sowohl der Luxus- als auch der Logistikkonzern verfügt über solide Bilanzen. Ausserdem haben beide Unternehmen nach investitionsreichen Jahren demnächst wohl weniger Investitionen zu schultern – weshalb mehr für die Aktionäre übrig bleiben könnte.
ABB: Verkaufserlöse
Auf einen Zustupf dürfen sich die Aktionäre bei ABB freuen. Der schweizerisch-schwedische Industriekonzern will den Erlös aus dem Power-Grids-Verkauf von gut 7 Milliarden Franken an die Aktionäre zurückführen. Noch ist allerdings unklar, ob sich ABB in diesem Zusammenhang einer Sonderdividende oder eines Aktienrückkaufprogramms bedient. Elegant wäre, würde ABB den Aktionären anteilsmässig Put-Optionen zuteilen. Wer seine Aktien behalten möchte, könnte dann die Put-Optionen jemand anderem verkaufen und sie so zu Geld machen.
Clariant: Sonderdividende
Deutlich konkreter ist man bei Clariant. Der Baselbieter Spezialitätenchemie-Hersteller will seinen Aktionären nach Abschluss des Masterbatches-Verkaufs eine Sonderdividende in Höhe von 3 Franken je Aktie auszahlen. Das entspricht immerhin einer Gesamtrendite von rund 20 Prozent. Doch viel Geduld ist gefragt. Das Geld dürfte wohl erst im Laufe des Spätsommers fliessen. Der noch immer hängige Verkauf des Geschäfts mit Pigmenten sorgt bei Clariant für zusätzliche Ausschüttungsfantasien.
Oerlikon und Logitech: Schwumm im Geld
Mögliche Kandidaten für eine Sonderdividende oder ein Aktienrückkaufprogramm sind auch Oerlikon und Logitech. Beide Unternehmen schwimmen regelrecht im Geld. Und gleich noch etwas haben sie gemeinsam: Sie liebäugeln mit milliardenschweren Firmenkäufen. Eine Kapitalrückführung an die Aktionäre wird folglich erst dann zu einem Thema, sollte die Suche nach geeigneten Übernahmeobjekten erfolglos bleiben sollte. Oerlikon entrichtete den Aktionären schon 2019 eine grosszügige Sonderdividende.
Hohe Bedeutung der Dividende
Statistiken zufolge tragen Dividendenzahlungen je nach Betrachtungszeitraum bis zu 60 Prozent zur langfristigen Gesamtrendite von Aktien bei. Und als ob das nicht schon genug wäre, geht von den Dividendenzahlungen auch gleich noch ein stabilisierender Effekt auf die Gesamtrendite aus.
Denn für gewöhnlich unterliegen Ausschüttungen nur sehr geringen Schwankungen und sind damit besser prognostizierbar. Das macht die Dividende aus Anlegersicht zum entscheidenden, wenn auch unterschätzten Erfolgsfaktor.
- Dieser Beitrag erschien zuerst in «Cash» unter dem Titel: «Bei diesen Schweizer Dividenden müssen Anleger hinschauen».