Keine Frage: Die Anlagestiftung Ethos mit ihrem Chef Dominique Biedermann hat eine wichtige Diskussion in Gang gesetzt. Mit ihrer Opposition gegen das Doppelmandat von Peter Brabeck bei Nestlé hat die Stiftung einen wunden Punkt getroffen. Aber: Daneben führt Ethos noch einen Fonds, und der ist schlichtweg miserabel – es fällt mir beim besten Willen kein treffenderes Adjektiv ein.

In den letzten drei Jahren hat der Fonds, der je hälftig in Aktien und Obligationen investiert, 11,8 Prozent an Wert verloren. Von den insgesamt 61 Produkten, welche die Ratingagentur Lipper in der Kategorie «Anlagezielfonds ausgewogen» aufführt, landet Ethos damit abgeschlagen auf Rang 59. Klassenbester ist der Swiss Re Capital Fund, der in derselben Periode ein Plus von 6,5 Prozent erzielte. Das ergibt eine Differenz in der Performance von 18,3 Prozent!

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Nicht nur das: Der Fonds von Ethos erhebt trotz schlechtem Leistungsausweis eine saftige Gebühr von 1,62 Prozent. Zum Vergleich: Beim Swiss Re Capital Fund liegt diese mit 0,85 Prozent praktisch halb so hoch. Als Idealist könnte ich die schlechte Rendite noch verkraften, wenn das Geld des Ethos-Fonds wenigstens nur in solche Unternehmen fliessen würde, die bezüglich Corporate Governance als Vorbild dastehen. Doch selbst in diesem Punkt vermag mich der Fonds nicht zu überzeugen. Zunächst einmal staune ich über die Tatsache, dass der Fonds – trotz seinem geringen Volumen von 37 Millionen Franken – 176 verschiedene Positionen hält. Da lässt sich kaum noch überwachen, ob sämtliche Investments auch tatsächlich den hohen Anforderungen der Stiftung entsprechen.

Konkret: Weshalb besitzt der Fonds Aktien von AIG, obwohl New Yorks Staatsanwalt Eliot Spitzer den Versicherungskonzern wegen Betrugs angeklagt hat? Ebenso unverständlich ist für mich, dass die Ethos-Stiftung in ihrem Corporate-Governance-Rating die Swatch Group am tiefsten bewertet, während der Fonds fleissig Swatch-Aktien dazukauft. Baut Ethos hier eine neue Position auf, um gegen den Hayek-Clan ins Feld zu ziehen? Natürlich nicht, dafür wäre der Bestand an Swatch-Aktien, deren Wert zuletzt mit 199 823 Franken ausgewiesen wurde, ohnehin viel zu klein.

Kurz und gut: Aus meiner Sicht würde sich die Ethos-Stiftung besser von ihrem Fonds trennen, um sich auf ihre Kernaufgabe als Aktionärsvertreterin zu konzentrieren. Zumindest jedoch müsste der Fonds die Zahl seiner Positionen radikal auf eine übersichtliche Grösse von vielleicht 30 zusammenstreichen. Dafür wäre zumindest garantiert, dass jedes dieser Investments wirklich den Richtlinien der Stiftung entspricht.

So absurd die Bezüge von Managern wie Marcel Ospel, Daniel Vasella oder Oswald Grübel auch sind, so widersinnig sind bisweilen die daraus erwachsenden Diskussionen. Da berichtete jüngst die Gewerkschaft Travailsuisse aufgeregt in einer Pressemitteilung: «Die Gesamtentschädigung von Alfred Schindler, Verwaltungsratspräsident und CEO der Schindler Holding, beläuft sich wie letztes Jahr auf 4,6 Millionen Franken. Damit beträgt das Verhältnis von Höchst- zu Tiefstlohn weiterhin 96 zu 1.»

Sicher, das ist viel Geld (obwohl nur ein Fünftel der Spitzensaläre). Zu viel? Oder den Leistungen entsprechend? Während sich die Taten von Ospel, Grübel und Vasella kaum geldwert messen lassen, ist der Einfluss von Alfred Schindler in seiner Firma gut nachweisbar. Unter seiner Leitung hat die Nummer zwei im Geschäft mit Aufzügen und Fahrtreppen die schwächelnden Margen mittels eines hochambitiösen Effizienzsteigerungsprogramms, das seit 2002 über 600 Millionen Franken verschlungen hat, aufgepeppt. Zwar liegt Schindler noch leicht unter der Zielgrösse einer zehnprozentigen Gewinnmarge, doch der Erfolg ist beachtlich. Seit Anfang 2002 hat sich der Aktienkurs beinahe verdoppelt.

Ein Angestellter wie Daniel Vasella hätte eine derart schmerzhafte Restrukturierung aus Angst vor Imageschaden kaum in dieser Konsequenz, ja Härte durchgezogen. Doch Alfred Schindler, kein Mann der leisen Töne, hat ein ganz persönliches Interesse am Wohlergehen des Unternehmens. Denn seine Familie sowie jene der Bonnards halten zwei Drittel der Aktienstimmen. Aus diesem Grund setzt er sich mit allen Mitteln dafür ein, dass Schindler wieder auf ertragsstarke Pfade zurückfindet. Wenn nötig, auch mit unpopulären Massnahmen.
Übrigens hat er sich selbst während der Zeit des Umbaus den Lohn um mehrere Millionen gekürzt. Und, liebe Travailsuisse, Alfred Schindler ist nicht mehr CEO; diesen Job hat er vor zwei Jahren an Roland Hess abgetreten.

W hat is good for General Motors is good for America»: Der Slogan prägte in den sechziger Jahren das Denken einer ganzen Generation. Als weltweit grösster Autohersteller symbolisierte GM die wirtschaftliche Potenz der USA. Für mich hat der Konzern noch immer Symbolcharakter – jetzt allerdings für den industriellen Niedergang des Landes. Die amerikanische Industrie hat bedenklich an Wettbewerbsfähigkeit verloren: War 1960 noch jeder dritte Amerikaner in diesem Sektor beschäftigt, so sind es heute gerade mal 13 Prozent. Dafür arbeiten die Leute als Schönheitschirurgen, Anwälte oder Immobilienmakler. Die Produktion von Gütern überlassen die USA lieber andern, wie das steigende Handelsbilanzdefizit von mittlerweile 750 Milliarden Dollar zeigt. Tag für Tag brauchen die Vereinigten Staaten neues ausländisches Geld in Höhe von 2,1 Milliarden Dollar. Auch General Motors sitzt auf einem gigantischen Schuldenberg von 329 Milliarden Dollar. Ein Grossteil davon sind Verpflichtungen für die Pensions- und Krankenkassen der Angestellten. Eine Rückstufung der GM-Obligationen auf Junk-Bond-Niveau ist lediglich eine Frage der Zeit. Wer jetzt noch Aktien oder Anleihen von General Motors besitzt, trennt sich wohl besser davon. Generell bin ich im Moment amerikanischen Investments gegenüber skeptisch eingestellt. Vor allem auch wegen des Währungsrisikos: Der wachsende Schuldenberg könnte den US-Dollar nämlich erneut auf Talfahrt schicken.

Die Zukunft liege in China, lautet derzeit das Mantra vieler Manager. Heinrich Fischer, der erfolgreiche CEO des Textilmaschinenherstellers Saurer, schwärmte kürzlich bei der Präsentation der Jahreszahlen, China sei wie Deutschland nach dem Krieg, allerdings hoch 17. Ich frage mich, ob auf diese Euphorie nicht bald der Katzenjammer folgt. Der Anteil der Investitionen am chinesischen Bruttoinlandprodukt erreicht mittlerweile Schwindel erregende 49 Prozent. Zum Vergleich: Bei uns beträgt dieser Anteil rund 23 Prozent. Von einer Investitionsblase zu sprechen, ist da wohl kaum vermessen.

Vor allem höre ich immer nur von Firmen, die in China investieren, kaum aber von Gewinnen, die daraus entstehen. VW war einer der wenigen Konzerne, die dort Geld verdienten: Im Jahr 2003 waren es 561 Millionen Euro. Für dieses Jahr erwarten die Analysten, dass VW in China mindestens 400 Millionen Euro Verlust einfahren wird. Mancher CEO oder wagemutige Investor könnte in China eine bittere Lektion erteilt bekommen.

Ihr Frank Goldfinger

Fragen, Anregungen, Probleme oder Informationen? Unsere Adresse: bahnhofstrasse@bilanz.ch