Als ein Bekannter jüngst wissen wollte, was ich von Erotic Media halte, musste ich passen. Mein Flickenteppich-Wissen über diese Firma war zu mager. Neugierig geworden, fing ich an zu recherchieren. Nur konnten mir meine üblichen Ansprechpartner aus der Zürcher Bahnhofstrasse diesmal nicht weiterhelfen; zwar ist Erotic Media eine Schweizer Firma, doch sind die Titel in Deutschland kotiert. Erst im Internet fand ich Informationen.

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Der Name lässt es unschwer erahnen: Erotic Media verdient ihre Brötchen im milliardenschweren Sexgeschäft. Die neun Angestellten lenken von Baar aus einen internationalen Lizenzhandel mit Erotikfilmen, zusammen mit der Firma Beate Uhse TV wird die Erotiksparte im deutschen Pay TV abgedeckt. 2004 resultierte bei einem Umsatz von 18,6 Millionen Franken ein Gewinn von 1,6 Millionen. 8,6 Prozent sind, verglichen mit den im sündigen Geschäft sonst üblichen Margen, ausgesprochen schmalbrüstig. Doch Verwaltungsrat Bernhard Müller stellt neue Höhepunkte in Aussicht. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2005 jedenfalls schwoll der Gewinn um gegen das Fünffache an, und laut Müller hat sich «dieser Trend auch im zweiten Halbjahr fortgesetzt». Viel verspricht man sich in Baar von der Übernahme des Blue-Movie-Geschäfts von Premiere Fernsehen. Wer Lust und Geld hat, kann nun jederzeit via Satelliten- oder Kabelreceiver «Vollerotik auf zwei Kanälen konsumieren».

Angesichts solch erregender Aussichten sollte eine eruptive Entwicklung der Erotic-Media-Aktien zu erwarten sein. Das Gegenteil ist der Fall, die Kurse sind längst abgeschlafft. Doch obwohl die Papiere weit unter ihrem Höhepunkt verkehren, bewertet die Börse das Unternehmen immer noch mit stattlichen 444 Millionen Franken, und ungeachtet der kräftigen Gewinnsteigerung lässt die Aktie mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut 40 jegliche Reize vermissen. Die unrealistische Bewertung ist wohl auch eine Folge des Aktionariats; der Free Float stellt sich gerade einmal auf dünne 18 Prozent. Effektiv dürften noch weniger Titel im freien Handel sein; nach deutschem Börsengesetz werden auch Aktienpakete von knapp unter fünf Prozent dem Free Float zugerechnet. Und davon gebe es, so Müller, nicht nur eines. Wer nicht gerade ein Liebhaber von Sexaktien ist, sollte von Erotic Media die Hände lassen. Zuerst muss das Management harte Fakten auf den Tisch legen, die zeigen, dass es tatsächlich nach oben geht.

Wir haben einen lockeren Aktionärsbindungsvertrag. Falls wir ein Kaufangebot für unsere Aktien erhielten, würden wir dieses in der Dreiergruppe prüfen.» Dies hat mir im vergangenen August ein Spitzenmann der Marc Rich + Co. Holding versichert. Marc Rich gehört seit vielen Jahren zusammen mit den Familien Dubach und Keller zu den Hauptaktionären bei der Luzerner Brauerei Eichhof. Eine Beteiligung, die dem ehemaligen Rohstoffhändler viel Freude bereitet hat, denn der Aktienkurs hat sich allein seit 2002 mehr als verdreifacht.

Was mir der Rich-Mann damals verschwieg: Zu diesem Zeitpunkt hatte das Family Office die Eichhof-Beteiligung von rund neun Prozent bereits versilbert. Bei der Eichhof Holding will man sich dazu nicht näher äussern. Doch es ist anzunehmen, dass Rich beim Eichhof-Aktienrückkaufsprogramm von Anfang 2005 einen Grossteil seiner Aktien andiente, der Rest wurde dann im Verlauf des Sommers über die Börse verkauft. Weshalb ist die Rich-Holding ausgerechnet zu einem Zeitpunkt ausgestiegen, da Eichhof gute Zahlen liefert und die Dividende kräftig erhöht sowie die Aktien in einem klaren Aufwärtstrend liegen? Seit seinem Ausstieg hat Marc Rich jedenfalls eine weitere Kursavance von etwa 20 Prozent verpasst. Die Position wurde «auf Grund einer strategischen Neuausrichtung aufgelöst», wird mir lapidar aus der Marc Rich + Co. Holding mitgeteilt.

Der einstige Rohstoffhändler scheint allerdings auch seine anderen Industriebeteiligungen abzubauen, und er soll ebenfalls einige Immobilien verkauft haben. Genaueres war jedoch bei den betroffenen Firmen nicht in Erfahrung zu bringen. Über die Gründe der allfälligen Verkäufe kann ich nur Mutmassungen anstellen. In der Finanz-Schickeria wird das Gerücht herumgeboten, Marc Rich benötige dringend einige Dutzend Millionen Franken, um die Scheidung von Gisela Rossi, seiner zweiten Gattin, finanzieren zu können.

Der Ausstieg von Rich hat dem Eichhof-Management einiges Kopfzerbrechen bereitet. Denn für CEO Werner Dubach ist es ein wichtiger Teil der langfristigen Strategie, sich über starke Aktionäre akquisitionshungrige Konkurrenten vom Leibe halten zu können. Einst kontrollierte das Aktionärstrio bei Eichhof 46 Prozent; nun halten die Familien Dubach und Keller noch 37 Prozent. Ist Eichhof damit zum Übernahmekandidaten geworden? Jedenfalls wechselte am 4. Januar dieses Jahres ein Paket von 4500 Namenaktien im Wert von 6,5 Millionen Franken die Hand. Gekauft wurde das Paket laut Meldung der SWX Swiss Exchange «von einem exekutiven Verwaltungsratsmitglied / Mitglied der Geschäftsleitung». Da bleiben wohl nur zwei Möglichkeiten: entweder die Dubachs oder die Kellers. So oder so ein attraktives Investment, nur schon vom Renditeaspekt her betrachtet: Die Eichhof-Titel rentieren 3,5 Prozent.

Am diesjährigen WEF in Davos wurde wie gewohnt dick aufgetragen. Doch was Google-Mitgründer Sergey Brin im Kirchner Museum hat auftischen lassen, hat auch verwöhnte Gaumen gekitzelt: zwar die üblichen Häppchen wie Hummer, Lachs und so, dafür begleitet von auserlesensten und entsprechend sündhaft teuren Weinen. Mindestens 150 000 Franken, so schätzt der «SonntagsBlick», soll Sergey Brin für die kleine Festivität hingeblättert haben. Eine Summe, die wohl weder ihm noch Google-Partner Larry Page überhaupt ins Auge gestochen ist. Was ist nur aus den beiden sympathischen Bengels geworden, die sich in den Anfangszeiten der Internet-Suchmaschine die Nächte vor dem Bildschirm mit Coke und Pizza – so jedenfalls will es die Firmenhistorie – um die Ohren geschlagen haben? Milliardäre, quasi über Nacht; mit den Sorgen, die Milliardäre eben so haben.

Nur Tage nach dem Davos-Imbiss rauschte der Google-Aktienkurs um zeitweise gegen 20 Prozent in den Keller. In der Kursgrafik ist der Absturz zwar nicht mehr als eine Delle, doch liess diese Delle immerhin 24 Milliarden Dollar an Börsenkapitalisierung in Rauch aufgehen. Was war geschehen? Die Investoren waren enttäuscht vom Gewinnausweis für das vierte Quartal: Zwar wurde ein um 82 Prozent höherer Gewinn ausgewiesen, die Analysten aber hatten noch mehr in Aussicht gestellt. Absurd? Ja, genauso wie die Börsenbewertung; trotz dem Rutsch weisen die Titel immer noch ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 78 auf. Auch die Yahoo-Papiere sind im Januar arg unter die Räder geraten. Google und Yahoo bleiben faszinierende Internetunternehmen, doch bei beiden Aktien ist der Lack ab.

Übrigens haben Brin und Page wegen des Kurssturzes ebenfalls einige Milliarden verloren. Da sind die 150 000 Franken, welche die Davos-Speisung gekostet hat, ein Klacks.

Ihr Frank Goldfinger

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