Er war einer der wenigen, welche die Finanzkrise im Jahr 2007 kommen sahen. Kürzlich wurde Mike Mayo von «Worth», einem grossen Vermögensverwaltungsmagazin in den USA, als einer der 100 mächtigsten Menschen im Finanzbereich genannt. Im aktuellen «CFA Institute Magazine», einem Fachblatt für seine Profession, gibt er im Interview Auskunft über die Schwierigkeiten, sich als Aktienanalyst ethisch zu verhalten. Mayo hat das Ende der neunziger Jahre selber erlebt: Damals publizierte er gegen interne Widerstände bei seiner Arbeitgeberin Credit Suisse eine Verkaufsempfehlung für die Bankbranche. Dies habe später zu seiner Entlassung geführt, wie das Fachblatt schreibt.
BILANZ: Sollen Anleger jetzt Bankaktien kaufen?
Mike Mayo: Nicht generell, denn Banken haben noch sehr viel Gegenwind. Diese Dekade könnte der Branche die tiefsten Wachstumsraten aller Zeiten bringen.
Sind diese schlechten Aussichten nicht schon in den tief gefallenen Kursen eskomptiert?
Es kommt jetzt darauf an, wie sich die einzelnen Banken verhalten. Jetzt haben sie keine Entschuldigungen mehr. Sie können für schlechte Ergebnisse nicht mehr so einfach die Regulatoren verantwortlich machen. Die neuen Regeln sind bekannt. An die müssen sie sich nun halten und die richtigen Massnahmen einleiten.
Welche sind das?
Die Branche hat drei Dekaden Konsolidierung hinter sich. Die grossen Konglomerate, die daraus entstanden sind, müssen sich jetzt wieder teilen.
So wie die UBS es getan hat.
Die UBS hat eine Vorreiterrolle eingenommen, so sehr, dass unter Bankanalysten in den USA «Becoming a UBS» ein eigener Begriff wurde.
Was verstehen Sie darunter?
Alle Grossbanken müssen sich überlegen, welche Geschäfte sie wirklich profitabel führen können, und sich vom unprofitablen riskanten Rest trennen. In den USA fragen die Bankanalysten etwa, wann die Citigroup eine UBS wird.
Nämlich?
Die Citigroup hat erste Schritte getan, könnte aber viel weiter gehen.
Wird sie dies tun?
Falls sie es tut, haben die Aktien viel Potenzial nach oben. Ich empfehle die Titel zum ersten Mal wieder zum Kauf. Dies, nachdem ich sie vor fünf Jahren bei einem Kurs von über 400 Dollar zum Verkauf empfohlen habe.
Heute kosten sie rund 40 Dollar.
Ja. Auch Goldman Sachs und Morgan Stanley könnten grosse Geschäftsfelder abstossen. Das würde ihre Aktienkurse ebenfalls beflügeln.