Verlieren Energieaktien an Kraft? Trotz der globalen Führungsposition des Sektors halten die Bären das Frühjahrs-Rallye im Energiesektor für eine Täuschung, die nun abklingt, angeheizt durch Kürzungen der Opec+ und Ängste vor einer Kriegseskalation. Das ist ein Irrtum! Die Stärke des Sektors beruht auf tieferen Fundamentaldaten, die ihn bis Ende 2024 antreiben werden. Hier erfahren Sie warum und wo Sie gute Ziele finden.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

2023 hat die Energie-Hausse gedemütigt: Der Sektor fiel weltweit um -6,7 Prozent, während Aktien weltweit um 12,6 Prozent stiegen. Damit hatten nur wenige gerechnet! Nach hohen Ölpreisen, die angesichts der Invasion Putins in der Ukraine zu einer Outperformance im Jahr 2022 führten, gingen die meisten davon aus, dass die russische Aggression, die Kürzungen der Opec+ und die wirtschaftliche Wiederbelebung Chinas zu einer endlosen Angebotsverknappung führen würden, was die Öl- und Energieaktien hoch hielten.

Aber nein. Die Ölpreise sind gegenüber den Höchstständen von 2022 eingebrochen. Warum? Die weltweite Produktion beschwichtigte Ängste vor Engpässen und schien in Norwegen, Guyana und Amerika weiter zu steigen. In den USA brach die Produktion bisherige Rekorde. Dementsprechend bewegten sich die Ölpreise zwischen 70 und 95 USD, was Energieunternehmen belastete, deren Gewinne sich parallel zum Rohölpreis entwickeln.

Der Gastautor

Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma mit Niederlassungen weltweit, die über 265 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.

Jetzt kommt es bei den Energie-Bären zu einer Wiederholung des Fehlers von 2023 – nur umgekehrt. Sie setzen den Rückstand von 2023 bis 2024 fort. Sie ignorieren das starke Frühjahr bei Energiewerten und unterstellen, dass die Kürzungen der Opec+ sowie die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten für einen flüchtigen Aufschwung gesorgt haben. Den Beweis dafür soll der Rückgang des Ölpreises nach dem durch den Krieg im Nahen Osten ausgelösten Anstieg im April liefern. Nein! 2024 dürfte der Ölpreis steigen, was Energieaktien Aufwind verleihen wird.

Warum? Der Grund liegt nicht in den symbolischen Kürzungen der Opec+ oder den vielbeachteten regionalen Kriegen, die schon lange eingepreist sind. Ebenso nicht an dem von US-Präsident Biden verhängten Genehmigungsstopp für neue LNG (Flüssigerdgas)-Exportterminals. Dieser steht vor grossen rechtlichen Herausforderungen und hält die bestehenden Terminals nicht davon ab, die Welt zu beliefern. Nordamerikas LNG-Exportkapazität dürfte sich in diesem Jahrzehnt verdoppeln.

Nein, hier geht es um kurzfristige Anreize. Die Energieerzeuger haben auf die hohen Preise von 2022 reagiert und ihre Produktion erhöht, um davon zu profitieren. Und heute? Sie beenden Bohrungen schneller, als dass sie neue bohren. Die Zahl der gebohrten, aber nicht fertiggestellten Bohrlöcher in den USA ist im Jahresvergleich um -15,3 Prozent gesunken. Es kann also weniger Produktion schnell ans Netz gehen.

Die Produzenten ersetzen die Kapazitäten nicht. Die jahrelange Konsolidierung der Branche führt dazu, dass globale Mega-Ölförderer mit vernünftigen Produktionszielen dominieren. Die Zahl der US-Förderanlagen ist von 621 Ende 2022 auf nunmehr 497 gesunken. Die US-Ölbohrungen sind im Jahresvergleich um 15,1 Prozent zurückgegangen. Die Produktion hinkt den Bohrungen ca. sechs Monate hinterher und wird sich bald verlangsamen.

Und die Nachfrage? Pessimisten unterschätzen sie immer wieder. Dabei verkennen sie die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit Europas und Chinas. Das «gedämpfte» Schweizer BIP ist in der Schnellschätzung für das 1. Quartal immer noch um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen. Das BIP der Eurozone kehrte zum Wachstum zurück. Die amerikanische Wirtschaft war besser als die Schlagzeilen vermuten liessen. Weiterhin überraschend fällt die Widerstandsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft aus. All dies deutet auf eine höher als erwartete Ölnachfrage hin. Die Internationale Energieagentur prognostiziert, dass sie in diesem Jahr ein Rekordhoch erreichen wird.

Die Ölpreise dürften daher die Höchststände von 2023 in den Schatten stellen. Die Höchststände von 2022 werden sie allerdings nicht erreichen. Aber ein höherer Ölpreis und Kostendisziplin dürften die Gewinne der Energiebranche in die Höhe treiben. 

Für Schweizer Aktien ist die Outperformance des Energiesektors nicht besonders erfreulich. Ihr Mangel an Energietiteln bedeutet, dass die Vorteile weitgehend woanders liegen. Höhere Importkosten können ihre Industriewerte treffen und möglicherweise die Inflation in der Schweiz anheizen. Dennoch dürfte dies kein echtes Hindernis darstellen. Dank ihrer starken Bilanzen und ihrer kostengünstigen Produktion dürften die grossen, integrierten US-amerikanischen und europäischen Ölfirmen gut abschneiden.

Kaufen Sie also weltweit ein – und lassen Sie sich von dieser Hausse anstecken. Es ist noch reichlich Treibstoff vorhanden.

«Handelszeitung Invest»-Newsletter
Anlagetipps und -strategien auf den Punkt gebracht! Abonnieren Sie jetzt den «Handelszeitung Invest»-Newsletter.