Unterbewertete und «billige» Aktien suchen, diese kaufen und auf längere Zeit halten. Das ist die Anlagephilosophie des legendären Investors Warren Buffett. «Price is what you pay, value is what you get», lautet eines seiner berühmtesten Zitate dazu.  

Doch ein Blick auf das Portfolio seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway von 2012 und 2022 zeigt: Buffett hält die Aktien keineswegs alle auf Jahre hinaus. Die Strategie «Buy and Hold» gilt für ihn nur solange, wie er bei Aktien Potenzial sieht. Ist dies nicht mehr der Fall, verschwinden sie aus dem Berkshire-Portfolio. Es besteht derzeit aus etwas über 50 Aktien, wirklich grosses Gewicht haben nur wenige Titel.

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Auffallend ist, wie sehr das Anlage-Portfolio von Berkshire Hathaway abhängig geworden ist von einer einzelnen Aktie: Apple. Sie macht 41 Prozent des Portfeuilles aus. Zehn Jahre zuvor hatten die beiden grössten Aktienpositionen, nämlich Coca Cola und die Bank Wells Fargo, nicht einmal zusammen so viel Gewicht. Der einst technologie-scheue Buffett begann mit dem Kauf der Apple-Aktie überraschend im Jahr 2016 und baute den Anteil in Schwächephasen jeweils aus. Seit 2016 hat die Apple-Aktie über 400 Prozent zugelegt.

Buffetts einstige Nummern zwei bis fünf und die Nummer sieben, nämlich Wells Fargo, IBM, American Express, Procter & Gamble und Walmart, wurden aus dem Portfolio gekippt, deutlich reduziert oder haben durch den allgemeinen Wertzuwachs des Portfolios massiv an Bedeutung verloren.

Bemerkenswert: Diese fünf Aktien machten 2012 nicht weniger als rund 60 Prozent des Portfolios aus. Bei IBM war der Exit überfällig, die Aktie hat in den letzten zehn Jahren rund 30 Prozent verloren. Bei Wells Fargo ist die Performance ähnlich, aber immerhin im positiven Bereich. Die Aktie von American Express ist dagegen rund 160 Prozent gestiegen.

Investment-Portfolio von Berkshire Hathaway 2012 und 2022

Investment-Portfolio von Berkshire Hathaway 2012 und 2022

Quelle: Wall Street Silver/Twitter

Bei Walmart stieg das «Orakel von Omaha» im Jahr 2018 aus – ausgerechnet bei der Aktie, die ihm in der US-Rezession 2007 bis 2009 ein Rückhalt war. Sie legte damals ordentlich zu, während der breite Markt absackte. Die Walmart-Aktie hat seit Ende Juli 2022 übrigens fast 30 Prozent zugelegt.

Buffett bei Konsumgütern und Detailhandel abgebaut

Generell hat Buffett sein Exposure in den Sektoren Konsumgüter und Detailhandel dezimiert. So nimmt der einstige Top-Darling Coca-Cola nur noch 8 von ursprünglich 20 Prozent des Portfolios ein. Die Aktie hat sich in den letzten zehn Jahren mit einem Plus von über 60 Prozent zwar nicht schlecht entwickelt, blieb aber doch einiges hinter dem Dow Jones zurück in diesem Zeitraum (plus 170 Prozent).

Immer mehr Gefallen fand Buffett in jüngster Zeit an Energie-Titeln, genauer gesagt an Öl. Die Chevron-Aktie kaufte Buffett erstmals im dritten Quartal 2020. Eine massive Aufstockung erfolgte dann im ersten Quartal dieses Jahres mit der Folge, dass Chevron nun die viertgrösste Position im Portfolio von Berkshire darstellt mit einem Gewicht von knapp acht Prozent.

Ebenfalls im ersten Quartal kaufte Buffet Aktien des US-Erdölunternehmens Occidental Petroleum massiv dazu. Im August erhielt Berkshire die Genehmigung zum Kauf von bis zu 50 Prozent der Aktien. Occidental Petroleum nimmt rund 3 Prozent im Berkshire-Portfolio ein. Ganz offensichtlich glaubt Buffett daran, dass die Inflation nicht so schnell verschwindet.

Eine etwas seltsame «Story» ist Kraft Heinz. Das Investment nimmt 2012 wie 2022 rund 4 Prozent im Portfolio der Beteiligungsgesellschaft ein. Allerdings offenbaren sich hier auch eklatante Fehler von Buffett, dem grössten Aktionär von Kraft Heinz (27 Prozent).

Er kaufte 2013 den Lebensmittelproduzenten Heinz und fusionierte ihn zwei Jahre später mit Kraft Foods. Danach entwickelte sich das Unternehmen nicht wie gewünscht. Die Marken des Konzerns wurden vernachlässigt und verloren an Wert, es kam zu Bilanzermittlungen der US-Behörden wegen Abschreibungen, schliesslich hinkte Kraft Heinz auch dem Trend zur gesunden Ernährung hinterher. Der Aktienkurs verlor von 2017 bis Ende 2020 bis 70 Prozent, seither hat er sich nur wenig erholt.

Buffett musste zugeben, dass er zuviel bezahlt habe bei der Fusion 2015. Allerdings bezeichnete er Kraft Heinz wiederholt als «wunderbares Unternehmen», Verkaufsabsichten hat er nie geäussert. «Buy and Hold» ist für Warren Buffett also ein sehr dehnbarer Begriff.

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