In Zürich beginnt am kommenden Mittwoch ein Prozess gegen vier ehemalige Mitarbeiter der sich in Abwicklung befindlichen Schweizer Tochter der russischen Gazprombank. Den Männern wird vorgeworfen, bei der möglicherweise widerrechtlichen Eröffnung und Führung von Konten für den russischen Musiker Sergei Roldugin Warnsignale missachtet zu haben. Der Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putins wurde kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine auf die Sanktionsliste der Schweiz gesetzt. Dort heisst es, Roldugin sei in Moskau als «Putins Brieftasche» bekannt.
Ein Gazprombank-Schweiz-Sprecher erklärte am Mittwoch, er könne einen laufenden Prozess nicht kommentieren und ergänzte: «Wir verweisen auf die Unschuldsvermutung.» Die Anwälte der vier Angeklagten reagierten vorerst nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.
Konten für «Putins Brieftasche»
2014 wurden bei der Gazprombank in Zürich zwei Konten eröffnet, für die Roldugin als wirtschaftlich Berechtigter angegeben wurde, wie der Anklageschrift zu entnehmen ist. Medienberichten zufolge sei der Cellist und Dirigent ein enger Freund Putins und Patenonkel von dessen Tochter, heisst es darin. Über die Konten flossen Millionen. Die Transaktionen und die angegebenen Vermögensverhältnisse seien in keiner Weise als eigenes Vermögen Roldugins plausibel, so die Anklage. Auch andere Hinweise hätten erhebliche Zweifel geweckt, ob der Musiker tatsächlich der wirtschaftlich Berechtigte an den Konten sei, so der Staatsanwalt.
Banken in der Schweiz sind verpflichtet, Geschäftsbeziehungen abzulehnen oder zu beenden, wenn ernsthafte Zweifel an der Identität des Vertragspartners bestehen. Der Anklageschrift zufolge hätten die vier Banker die erforderlichen Abklärungen nicht vorgenommen und die Konten bis im September 2016 weiterlaufen lassen. Ihnen droht bei einem Schuldspruch nun eine Freiheitsstrafe von jeweils sieben Monaten.
Die Gazprombank Schweiz hatte im Oktober angekündigt, ihren Betrieb einzustellen. Zuletzt beschäftigte das vor allem in der Handels- und Exportfinanzierung aktive Institut rund sechzig Mitarbeitende.
(reuters/spi)