Binance steht unter so grossem Druck wie noch nie. Regulierungsbehörden in drei Kontinenten haben die Kryptobörse ins Visier genommen. Obwohl sich Binance Ärger mit den Behörden gewöhnt ist, scheint die Luft diesmal wirklich dünn geworden zu sein.
Binance ist ein Schwergewicht und mit 20 Milliarden Dollar Handelsvolumen pro Tag die grösste Kryptobörse der Welt. Anfang des Jahres betrug der Umsatz zeitweise sogar bis zu 100 Milliarden Dollar pro Tag. Heute werden im Schnitt 1,5 Millionen Transaktionen pro Sekunde auf der Plattform getätigt.
Die Lizenz fehlt
Bereits im April hatte Binance Ärger mit der Finanzmarktaufsicht Bafin in Deutschland. Der Vorwurf damals war, dass die deutsche Tochter-Firma von Binance einen neuen «Aktien-Token» ohne die nötigen Prospekte auf der Plattform anbietet.
Letzte Woche rückte auch die britische Finanzmarktaufsicht auf den Plan. Sie schränkte die Tätigkeit von Binance auf der Insel massiv ein und verbot ihr «regulierte Tätigkeiten» in Grossbritannien. Das betraf das Unternehmen Binance Markets Limited in London.
Seit der Bekanntgabe drohen ähnliche Einschränkungen in Japan, Kanada und den USA. Und nun auch noch in Thailand. Die Finanzmarktaufsicht in Bangkok eine Strafanzeige gegen Binance eingereicht. Der Vorwurf der SEC lautet, dass Binance Geschäfte mit digitalen Vermögenswerten betreibe, ohne dafür aber über die nötige Lizenz zu verfügen. In Thailand dürfen nur Unternehmen, die über eine spezifische Genehmigung verfügen, einen solchen Handel betreiben. Die SEC in Thailand habe die Kryptoplattform mehrmals gewarnt, sei aber ignoriert worden. Die Anzeige sei nun die Konsequenz daraus.
Gegenüber «Reuters» wollte sich Binance nicht dazu äussern. Es folgte nur der Standardsatz, man wolle mit den Behörden zusammenarbeiten. Das Strafverfahren, welches nun in Thailand starten könnte, könnte Haftstrafen von zwei bis fünf Jahren zur Folge haben, ferner eine Geldstrafe von mehreren zehntausend Dollar.
Aber noch schlimmer – es könnten weitere Länder Einschränkungen gegen die Kryptobörse vornehmen.
Ständiger Umzug – ständige Flucht
Es ist nicht das erste Mal, dass Binance-Chef Changpeng Zhao in die Bredouille gerät. Der chinesisch-kanadische Unternehmer, auch «CZ» genannt, gründete Binance 2017. Zuvor war Zhao CTO von OKCoin. Zhao ist inzwischen längst Milliardär, da er sehr früh in Bitcoin investiert hat. Er hatte sein Haus verkauft und damals zu einem Kurs von 600 Franken pro Bitcoin gekauft.
Sein Unternehmen Binance hatte den Sitz am Anfang auch in China. Doch schliesslich vertrieb der strenge Kurs der Behörden Binance aus dem Reich der Mitte. Sie zogen nach Japan um. 2018 wurde die Börse jedoch gehackt, Konten der User geleert. Ein GAU.
Das war Anlass genug für die japanischen Behörden, die Kryptobörse ebenfalls zu regulieren. Wieder musste sich Binance einen neuen Sitz suchen, diesmal ging es nach Malta und die Cayman Islands. Die meisten Mitarbeiter arbeiten aber inzwischen von irgendwo aus der Welt.
Im vergangenen Jahr geriet die Firma dann erneut in Kritik: Das Wirtschaftsmagazin «Forbes» veröffentlichte im Oktober 2020 Dokumente, in denen behauptet wurde, Binance und ihr Chef Changpeng Zhao hätten absichtlich eine verworrene Unternehmensstruktur geschaffen, um die amerikanischen Aufsichtsbehörden zu täuschen und von Investitionen in Kryptowährungen zu profitieren.
Was für Typen sind Krypto-Anleger? Gibt es Muster? Ja, beispielsweise sind Ether-Besitzer besser gebildet – und verdienen mehr.
Wo ist der Sitz der Firma eigentlich?
Bei diesem Thema kommt nun noch ein weiteres Land ins Spiel, welches es auf Binance abgesehen hat: die Cayman Islands. Sie haben ebenfalls eine Untersuchung wegen einer fehlenden Lizenz für den Kryptohandel von Binance eingeleitet. Das bestätigte die Finanzaufsicht CIMA auf den Caymaninseln. Binance sei auf den Inseln nicht berechtigt, Kryptohandel zu betreiben.
Binance soll den Firmensitz inzwischen nicht mehr auf Malta, sondern eben auch in der beliebten Steueroase haben. Chef Changpeng Zhao ist dieser Frage immer wieder ausgewichen. Er behauptete schlicht und einfach, dass Unternehmen habe gar keinen Hauptsitz. Ob der zuletzt bekannte Hauptsitz von Binance in Malta immer noch so vorhanden, ist unklar.
Gewinn von einer Milliarde Dollar?
Wer verstehen möchte, weshalb Binance nun dermassen in die Kritik gerät, muss das Angebot der Plattform kennen: Binance betreibt einen so genannten Spot-Markt, in dem Fiat-Währungen gegen Kryptowährungen getauscht werden können. Dort können auch Futures, Optionen und andere Hebelprodukte gehandelt werden. Dazu bietet Binance auch eine Aufbewahrung an. Binance betreibt aber auch einen eigen Kryptowährung, den Binance Coin. Wer diesen nutzt, muss weniger Gebühren zahlen. Inzwischen werden auf der Plattform über 150 verschiedene Kryptowährungen gehandelt.
2020 rechnete Binance mit einem unglaublichen Gewinn von über einer Milliarde Dollar. Verdient hat Binance mit dem Listing von Kryptowährungen sowie den Transaktionsgebühren. Wo wird dieser Gewinn versteuert? Trotz solcher offenen Fragen, kooperiert Visa in Deutschland mit Binance, das Unternehmen hat eine eigene Firma dort angemeldet. Auch andere gestandene Unternehmen kooperieren mit der Kryptobörse.
Wie erfolgreich Binance in Zukunft sein wird, hängt vom Erfolg von Bitcoin, Ether und Co. ab. Gründer «CZ» ist jedenfalls gerne aktiv auf Twitter und streut immer gerne Fragen und Gerüchte ein. Doch das lenkt nicht davon ab, dass Binance jetzt dringend beweisen muss, dass es den Kryptohandel auch mit der steigenden Akzeptanz bei konservativen Anlegern ohne Skandale und Unklarheiten über die Runden bringen kann.