Bitcoins stiegen seit Ende 2017 von 10’000 auf heute 88’000 Franken. Ihr Gesamtwert beträgt 1,7 Billionen Franken – das entspricht 17 Mal dem Wert der UBS. Und viele glauben, sie würden noch viel teurer werden. Das sehe ich anders. Aber bedenken Sie: Ich warnte schon 2017 vor Bitcoin.
Der Wert einer Währung spiegelt, wie gut sie ihre zwei grundlegenden Funktionen als Wertaufbewahrungs- und Tauschmittel erfüllt. Zur Wertaufbewahrung ist sie attraktiv, wenn ihr Wert wenig schwankt und langfristig wächst. Der Wert von Bitcoins schwankte extrem, wuchs aber. Sobald Letzteres ändert, wird Bitcoin zur Wertaufbewahrung unattraktiv und dürfte total abstürzen.
Als Tauschmittel ist eine Währung attraktiv, wenn sie breit akzeptiert wird. Dafür müssen bei ihrer Verwendung die Transaktionskosten tief sein. Diese sind aber bei Bitcoin hoch. Für legale Transaktionen sind Bitcoin deshalb ein schlechtes Tauschmittel. Gut sind sie heute nur für Transaktionen, die Anonymität verlangen. Das könnte sich aber schnell ändern. Staaten könnten die Nutzung von Bitcoin einfach verbieten und eine Offenlegung der per Blockchain dokumentierten Transaktionsdaten verlangen. So würde die Zahl der legalen Transaktionen sinken und der Anteil illegaler Transaktionen steigen. Das würde es dann erlauben, den Bitcoin allgemein zu kriminalisieren.
Der Gastautor
Reiner Eichenberger ist Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Forschungsdirektor von Crema – Center for Research in Economics, Management and the Arts.
Diese Crashszenarien vernachlässigen zweierlei: Viele Bitcoin-Fans sehen im Bitcoin noch andere Werte. Die intensive Beschäftigung mit dem Coin stiftet ihrem Leben Sinn. Verwandte Marktphänomene gab und gibt es bei Gold, Silber, Tulpenzwiebeln, Briefmarken, Telefontaxkarten und Rahmdeckeli. Zudem haben die Bitcoin-Fans zu allen obigen Argumenten Einwände. Ihr Mantra ist, dass die Transaktionskosten schnell sinken würden und das Angebot an Bitcoins ja eine fixe Obergrenze habe. Da könne ihr Wert nur steigen.
Damit ignorieren sie die wohl wichtigste Botschaft der Ökonomik: Nachfrage und Angebot bestimmen alles. Oder konkret: Was passiert mit dem Angebot an Bitcoins wirklich, wenn die Nachfrage wie prophezeit stark wächst? So gefragt, ist die Antwort ganz einfach: Dann wird es in Zukunft mehr «Bitcoins» geben – Imitationen und oft bessere Substitute. Und dann wird der Bitcoin abstürzen. Die zentrale Frage ist deshalb: Kann es für den Bitcoin konkurrenzfähige Alternativen geben? Ich sehe nicht, dass der Bitcoin ein Alleinstellungsmerkmal hat, das nicht bald imitiert und sogar übertroffen werden kann. Und Vorsicht: Der Einwand, dass dann halt andere Coins sehr wertvoll würden, stimmt nicht. Wenn klar wird, dass alte Coins durch neue, bessere ersetzbar sind, verlieren sie alle ihren Wert.
Kann es sein, dass die Bitcoin-Begeisterten einfach die Angebotsseite vernachlässigt haben? Ja! Es gibt zwei Parallelen. Die Keynesianer litten an Nachfragefixierung und haben die Angebotsseite sträflich vernachlässigt und so vieles falsch verstanden. Ähnlich waren die Befürworter einer strikten Klimapolitik auf die Senkung der Nachfrage nach fossilen Energieträgern fixiert und haben deren wachsendes Angebot ignoriert – wie Hans-Werner Sinn in seinem grandiosen Buch «Das grüne Paradoxon» aufzeigt. Bemerkenswert ist also nur, dass Nachfragefixierung als bisher für Linke typische Krankheit beim Bitcoin auch Nicht-Linke befiel.
11 Kommentare
Wie finanzieren die Cryptos wie Bitcoin die für den Betrieb nötige Blockchain Infrastruktur?
Der Kerngedanke der Kritik – dass beliebige «Imitationen» den Bitcoin entwerten würden – übersieht, dass Bitcoin längst ein etabliertes Netzwerk mit starkem Markennamen und globaler Verbreitung ist. Neue Coins mögen entstehen, aber ihnen fehlt die Kombination aus Netzwerkeffekt, Glaubwürdigkeit und der historisch gewachsenen Community. Diese Faktoren lassen sich nicht einfach kopieren oder ersetzen.
Bitcoins feste Obergrenze verhindert zudem eine inflationäre Ausweitung des Angebots innerhalb des Bitcoin-Systems selbst, was gerade in Zeiten steigender Nachfrage als knappe Ressource attraktiv bleibt. Ob die Nachfrage langfristig hoch bleibt, mag offen sein, doch die Idee, Bitcoin als digitale «Leitwährung» ablösen zu können, unterschätzt den Wert seiner Dezentralität, Sicherheit und Geschichte – Stärken, die nicht einfach „imitiert“ werden können.
Heftig dieser Artikel - hier ein paar Kommentare zur Berichtigung der Aussagen:
1. "Transaktionskosten sind hoch und Bitcoin ist als Tauschmittel ungeeignet":
Die Transaktionskosten können durch Second-Layer-Lösungen wie das Lightning Network konkurrenzfähig gesenkt werden
2. "Staaten könnten Bitcoin einfach verbieten und so kriminalisieren":
Ein generelles Verbot ist rechtlich und technisch nicht durchsetzbar. Viele Staaten regulieren Bitcoin, anstatt es zu verbieten, da sie die Technologie und ihre Vorteile erkennen. Im Gegensatz zu ihnen haben die Staaten dies verstanden.
3. "Imitationen und Substitute werden Bitcoin verdrängen":
Bitcoin unterscheidet sich durch Netzwerkeffekte, Dezentralisierung, Sicherheit und begrenzte Angebotsmenge fundamental von anderen Kryptowährungen. Der Wert entsteht durch das limitierte Angebot – Warum sollte die Gesellschaft, welche Bitcoin besitzt auf etwas wechseln von dem es mehr gibt? Das ist als würde ich mein Gold verkaufen um Kieselsteine zu bekommen.
4. "Bitcoin ist nur für illegale Transaktionen gut":
Die meisten Bitcoin-Transaktionen sind legal, und viele Unternehmen sowie Institutionen akzeptieren Bitcoin als Zahlungsmittel. Ausserdem ist Bitcoin ist nicht anonym, sondern pseudonym. Bitcoin wird aufgrund seiner Transparenz fast gar nicht mehr für kriminelle Zwecke verwendet
5. "Bitcoin bietet keinen Sinn und ist mit spekulativen Blasen wie Tulpenzwiebeln vergleichbar":
Bitcoin bietet funktionale Anwendungen und technologische Innovationen, die weit über rein spekulative Objekte hinausgehen.
Falls Prof. Eichenberger wirklich Bitcoin meint, dann kennt er wohl den Prozess auf der Angebotsseite nicht (Halving). Zudem bieten Bitcoin klare Alleinstellungsmerkmale.
Wer seit 2017 vor Bitcoin warnt hat die grosse Chance auf konstantes Wachstum des Wertes von Bitcoin verpasst - etwa so wie jene die im 2017 bei Tesla, Apple, Microsoft, Nvidia davor gewarnt haben, dass diese teuer seien.
Wo er recht hat: Bitcoin hat eine eher hohe Volalität.