Der Bitcoin ist seit dem Herbst wieder in aller Munde. Die Kryptowährung erreichte auch dank dem Interesse institutioneller Investoren einen neuen Rekordstand. Für Anleger dürfte die Kryptowährung daher auch im nächsten Jahr ein Thema bleiben.
Die bekannteste Kryptowährung hat trotz oder gerade wegen der Corona-Pandemie ein bewegtes Jahr hinter sich. Im Frühling noch notierte die Blockchain-Devise im Sog der weltweiten Finanzmärkte kurzeitig unter 5'000 US-Dollar. Bereits bis zum «Halving» im Mai notierte der Kurs aber bereits wieder fast im fünfstelligen Bereich. Diese Halbierung der Vergütung für einen errechneten Block, auch «Halving» genannt, findet periodisch circa alle vier Jahre statt.
Ende Juli kostete eine Einheit dann deutlich über 10'000 US-Dollar. Mitte Dezember markierte der Bitcoin schliesslich ein neues Allzeithoch und überwand die bis dahin mehrmals verpasste Marke von 20'000 US-Dollar. Danach ging es Schlag auf Schlag: Nach Weihnachten nahm die älteste und wichtigste Cyber-Devise bereits Kurs auf die 30'000er-Marke.
«Befeuert wird die Rally derzeit von Privatinvestoren, welche sich über die Weihnachtsfeiertage mit digitalen Talern eingedeckt haben, da die traditionellen Märkte ihre Börsenpforten geschlossen hatten», sagt Analyst Timo Emden von Emden Research. Das neue Allzeithoch auf Bitstamp liegt aktuell bei 28'264 US-Dollar.
Reifer geworden
Hier zeigt sich aber bereits ein erster Unterschied zum letzten Allzeithoch zum Jahreswechsel 2017/18. Die Preisunterschiede auf den grössten Handelsplätzen waren deutlich geringer als damals. Der zweite Unterschied: Diesmal waren es laut Marktbeobachtern vor allem institutionelle Investoren, die den Preis nach oben trieben.
Die Nachfrage von professionellen Investoren nach Kryptowährungen als Ergänzung zu Aktien und Devisen sei «riesig», fasste Patrick Heusser vom Schweizer Kryptowährungshändler Crypto Broker die rasante Kletterpartie zusammen.
Hinzu komme, dass mittlerweile auch grössere Investmentbanken vermehrt positiv gegenüber dem Bitcoin eingestellt seien und die Reifung der Kryptowährung vermehrt anerkannten. So habe etwa eine technische Analyse der Citibank mit einem Kursziel von über 300'000 US-Dollar für Aufsehen gesorgt.
- «Bitcoin ist salonfähig geworden», sagt Blockchain-Experte Daniel Diemers im Interview.
- «Bitcoin ist unglaublich unterbewertet», sagt Krypto-Unternehmerin Jane Lippencott im Interview. (Abo)
Auch ehemals scharfe Kritiker der Kryptowährung sahen sich angesichts der neuen Bitcoin-Stärke gedrängt, ihre Meinung zu reflektieren. Vor Jahren bezeichnetet der Ökonom Nouriel Roubini den Bitcoin noch als «grösste Blase in der Geschichte der Menschheit» und als «Mutter aller Betrügereien».
Im November 2020 liess sich Roubini in einem Interview zu der Aussage verleiten, dass die Kryptowährung «vielleicht ein partieller Wertaufbewahrungsschatz ist.» Als Grund dafür verwies er auf die im Bitcoin-Code angelegte deflationäre Eigenschaft, welche die Menge an Bitcoins begrenzt.
Diversifikationsinstrument
Dies zeigt den Ansatz, welcher dem Bitcoin auch über das nächste Jahr hinaus in die Hände spielen könnte. Die grosse Geldschwemme im Zuge der Corona-Hilfspakete der Notenbanken treibt nicht nur langjährige Bitcoin-Fans und Notenbankskeptiker in alternative Anlagen, sondern auch ganze Unternehmen, die derweil bereit sind, ihre Reserven im Rahmen einer Diversifikationsstrategie in Bitcoins zu investieren.
So sorgte etwa im Juli das Software-Unternehmen MicroStrategy mit der Ankündigung, einen Teil der Barreserven in alternative Vermögenswerte zu investieren, für Aufsehen. Bis September hatte die Firma Bitcoins im Wert von 425 Millionen Dollar gekauft.
Auch der Bezahldienst Square des Twitter-Mitgründers Jack Dorsey legte 50 Millionen Dollar seiner Cash-Reserven in Bitcoin an. Hohe Wellen warf auch die Bekanntgabe des Zahlungsdienstleisters PayPal, den eigenen Kunden den Zugang zu grösseren Kryptowährungen zu ermöglichen. PayPal hatte sich zuvor vom Kryptowährungsprojekt Libra des Facebook-Konzern losgelöst.
Etablierte Alternative
Der britische Historiker und Wirtschaftsprofessor Niall Ferguson geht sogar noch einen Schritt weiter und benennt Gründe dafür, dass der Konkurrenzkampf der Währungen auch die Entwicklung des Bitcoins in den nächsten Jahren prägen könnte.
Die Pandemie habe erstens den Vormarsch digitaler Anwendungen beschleunigt: «Was vielleicht 10 Jahre gedauert hätte, wurde in 10 Monaten erreicht», schrieb Ferguson in einem breit gestreuten Meinungsartikel.
Zudem habe sich zweitens in Folge der Pandemie das Risiko von Finanzüberwachung und Finanzbetrug erheblich vergrössert. «Beide diese Trends waren gut für Bitcoin», so der Historiker.
Laut Ferguson habe sich der Bitcoin längst zu einer Art 'digitalem Gold' gemausert, das Anlegern eine garantierte Knappheit und hohe Mobilität sowie eine geringe Korrelation mit anderen Anlageklassen biete.
(awp/mlo)