Als ich im Mai dieses Jahres den Artikel «Bitcoin: Kommt der vierte Hype der Internetwährung?» im Stocks-Newsletter veröffentlicht habe, stand der Bitcoin bei 1500 US-Dollar. Meine Prognose, dass Bitcoin zum Jahresende bei 3000 USD stehen könnte, schien gewagt.
Doch insbesondere die Wertentwicklung des Bitcoins im letzten Quartal des Jahres lässt meine Prognose heute alt aussehen. Der derzeitige Hype scheint ungebremst und normalerweise würde man bei einer Verdopplung seiner Wertanlage, noch dazu in so kurzer Zeit, die Korken knallen lassen. Nicht jedoch bei Bitcoin und nicht in diesem Jahr. Denn das Ganze erinnert stark an die Dotcom Blase.
Vergleich zur Dotcom Blase
Als ich um die Jahrtausendwende im Aktienhandel anfing, erlebten wir gerade die Spitze der Dotcom-Blase. Spätestens als mir ein Kunde mitteilte, dass er nur den Finanzteil der Tageszeitung aufzuschlagen brauche und wahllos mit dem Finger sein nächstes Investment mit zweistelligen Zuwachsraten auswählen müsse, wurde ich skeptisch. Jeder wurde plötzlich zum Börsenexperten – kurze Zeit später platzte die Blase.
Der derzeitige Bitcoin-Hype erinnert mich stark an diese Zeit. Vergleicht man die prozentualen Zuwachse des Nasdaq Composite von Mitte der 90er Jahre bis zum Platzen der Dotcom-Blase, verzeichnete der Index einen Wertzuwachs von knapp 600%. Bitcoin legte alleine in diesem Jahr um 1.600% zu.
Während der Nasdaq damals eine annualisierte 21-tägige Volatilität von 50% bei einer Average True Range von 4% aufwies, liegen diese Werte für Bitcoin heute bei 136% Volatilität und 6% Average True Range. Die neuen Technologien ermöglichen heute im Vergleich zu damals einen schnelleren Zugriff auf die Märkte. Eine mögliche Erklärung für die deutlich höheren Kennzahlen. Im Umkehrschluss bedeutet dies für mich jedoch, dass auch das Platzen einer Blase deutlich impulsiver ausfallen müsste.
Erst Anfang dieser Woche wurde ich von einem Bekannten gefragt, ob Bitcoin das richtige Investment für seine 70-jährige Mutter sei. Ihre Nachbarin hätte ihr von den fantastischen Renditemöglichkeiten mit Bitcoin erzählt. jeder scheint heute plötzlich Bitcoin-Experte zu sein.
Befindet sich Bitcoin in einer Blase?
Für mich stellt sich nicht die Frage, ob sich Bitcoin in einer Blase befindet, sondern vielmehr in welcher Phase der Blase. Für Bitcoin scheint derzeit die «Greater Fool Theory» zu gelten. Diese Anlagestrategie baut auf dem Vertrauen, dass sich auch bei überbewerteten Anlageinstrumenten ein Kauf lohnt. Da sich sicherlich noch jemand findet, der noch einen höheren Preis zahlen wird.
Neben der Dotcom Blase fallen mir in diesem Zusammenhang die Tulpen-Blase in den 1630er Jahren in Holland und die Immobilienblase Ende der 1980er Jahre in Tokyo ein. Im Anschluss an diese euphorische Phase folgt die Phase der Gewinnmitnahmen des so genannten «Smart Moneys», also der Insider.
In einem Interview gab Bitcoin.com Mitbegründer Emil Oldenburg bekannt, dass er nicht mehr an die Zukunftsfähigkeit von Bitcoin glaube und seine gesamte Position verkauft habe. Allerdings könnte dies auch lediglich eine gut lancierte Marketing-Kampagne gewesen sein, um den Fokus auf Bitcoin-Cash zu legen. Nach der Phase der Gewinnmitnahmen folgt nur noch die Phase der Panik.
Weitere Risiken für ein Bitcoin-Investment
Derzeit scheint für die meisten Zentralbanken die Marktkapitalisierung von Bitcoin mit einem Wert von knapp unter 300 Milliarden US-Dollar noch zu gering zu sein, als dass diese einschreiten müssten. Je stärker der Kryptomarkt in seiner Gesamtheit jedoch wächst, umso mehr werden auch Zentralbanken ihren Fokus auf diesen «neuen Markt» richten.
Derzeit treten jedoch vermehrt Politiker auf den Plan, die den Bitcoin-Hype bremsen wollen. So hat vergangene Woche der Französische Präsident Emmanuel Macron gesagt, dass er Bitcoin auf die EU Agenda für das Treffen im April setzen möchte. Neben den Gefahren, die aus der Spekulation mit Bitcoin entstehen, wird sicherlich auch der enorm hohe Energieverbrauch ein Thema sein. Dieser ist nötig, um Bitcoin Transaktionen und das damit einhergehende Schürfen der digitalen Währung zu ermöglichen. Auch sollten die Schlagzeilen über terroristische Organisationen und „Schurkenstaaten“, die Bitcoin wegen seiner Anonymität als Zahlungsmittel nutzen, um geltende Sanktionen und Regulierungen zu umgehen, den Fokus auf eine Regulierung dieses Marktsegments lenken.
Bitcoin droht jedoch auch von anderen, zukunftsfähigeren Kryptowährungen, welche die bekannten Nachteile von Bitcoin ausgleichen, Gefahr. Die hohen Kosten einer Transaktion, die hohe zeitliche Verzögerung bis zur Bestätigung einer Transaktion und die limitierte Anzahl der Transaktionen pro Sekunde, lassen Bitcoin als universelles Zahlungsmittel unattraktiv erscheinen.
Fazit
Bitcoin ist, entgegen der allgemeinen Meinung, kein wirklicher Ersatz als Zahlungsmittel, sondern ein hochspekulatives Investmentvehikel ohne tatsächlichen Gegenwert. Zwar kann der Preis von Bitcoin noch weiter steigen, jedoch scheint der Hype ein Ausmass angenommen zu haben, welches bereits heute Grund zur Besorgnis gibt. Zusätzlich dazu kann ein Einschreiten der Zentralbanken und der Regierungen diesem Hype relativ schnell ein Ende setzen. Jeder der heute noch in Bitcoin investieren möchte, sollte sich dieser Risiken bewusst sein.
*Christos Maloussis ist Market Analyst der IG Bank.