Banker und Boni gehören zusammen wie Pech und Schwefel. Oder doch nicht? Die Migrosbank sagt klar nein. Hinderlich gar seien variable Entlöhungen, stünden sie doch den Geschäftsinteressen der Bank oft entgegen. Deshalb sei ab 2019 Schluss damit. Gut so.
Die Migrosbank geht damit mit gutem Beispiel voran. Gut für die Mitarbeiter, weil ihnen nicht einfach der Bonus ersatzlos gestrichen wird, sondern sie neu in den Genuss eines höheren, versicherten Grundlohnes kommen. Und gut auch für die Mitarbeiter, weil sie nicht mehr nach schwer nachvollziehbaren bis willkürlichen Kriterien eine variable Vergütung erhalten. Denn seien wir ehrlich, bei den meisten Mitarbeitern ist kein Zusammenhang zwischen der geleisteten Arbeit und der Bonuszahlung erkennbar. Oft handelt es sich lediglich um einen dreizehnten bis fünfzehnten Monatslohn.
House View und individuelle Beratung vertragen sich nicht
Gut ist es aber auch für die Bank selbst, respektive konsequent. Entscheidet sich eine Bank dafür, eine einheitliche Anlagesicht auf die Welt zu haben, dann schwindet die Berechtigung für eine individuelle Beratung. Individuelle Beratung meinte lange, dass Bankmitarbeiter Produkte mit hohen Kickbacks empfahlen. Etwas vereinfacht dargestellt wurde der so erzielte Gewinn für die Bank anteilsmässig in Form von Bonuszahlungen an die betreffenden, besonders erfolgreichen Mitarbeiter ausgeschüttet. Doch diese Praxis des klassischen Fonds- und Finanzproduktbetriebes ist anachronistisch, vor allem nach dem wegweisenden Urteil des Bundesgerichtes zu Retrozessionen.
Ob die Haltung der Migrosbank Schule macht? Es wäre zu wünschen. Im Fall der Kantonalbanken gibt es eigentlich keine vernünftigen Argumente dagegen. Und bei den Grossbanken? Die dürften wie so oft argumentieren, dass sie ohne exorbitante Bonuszahlungen nicht die besten Mitarbeiter an sich binden können. Wers glaubt. Migrosbank-CEO Harald Nedwed – der bereits keine Boni mehr erhält – meint, dass der Verzicht auf Bonuszahlungen seine Motivation nicht beeinträchtigt hätte. Solche Mitarbeiter wünscht man sich im Unternehmen und keine Söldner, die je nach Aussicht auf einen Extrazustupf ins gegnerische Lager wechseln.
Tanz um das goldene Kalb
Klar – gewisse Bonuszahlungen sind berechtigt und Extraleistungen müssen honoriert werden. Das anerkennt auch die Migrosbank und wird weiterhin unter gewissen Bedingungen Prämien bezahlen. Das kapitalistische System lebt davon, dass individuell herausragende Arbeit angemessen entschädigt wird. Doch diese leistet pro Kalenderjahr jeweils nur ein Bruchteil der Belegschaft. Und deshalb hat der jährliche Bonusreigen, der in der Bankenwelt mehr einem Tanz um das goldene Kalb gleicht und den Betrieb oft während Wochen lähmt, in seiner heutigen Form keine Berechtigung mehr.