Das letzte Quartal des Jahres ist historisch betrachtet das beste und hat Anlegerinnen und Anleger selten im Stich gelassen. Allerdings ist die historische Entwicklung nicht zwangsläufig der beste Ratgeber für die Zukunft. Aufgrund steigender Zinsen, der Zwischenwahlen in den USA und geopolitischer Themen bestehen im letzten Quartal berechtigte Zweifel an der diesjährigen Bullenrally.

Der Endspurt an den Aktienmärkten droht in diesem Jahr zu verpuffen, sodass wichtigen Indizes wie dem DAX, dem S&P500 und dem SMI die Luft ausgehen dürfte. Es ist nun an der Zeit, sich defensiven Titeln zuzuwenden, um sich gegen eine schwächelnde Wirtschaft und erhöhte Volatilität zu schützen.  

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Steigende Zinsen könnten Schlussquartal verhageln  

Weltweit befinden sich die Aktienmärkte seit Jahresbeginn in einem Bärenmarkt, dem sich auch der deutsche Leitindex DAX 40 nicht entziehen konnte. Sowohl der DAX 40 als auch der breit gefasste S&P 500 haben in dieser Zeit knapp einen Viertel an Wert verloren. Eine galoppierende Inflation mit einer einhergehenden restriktiven Geldpolitik, geopolitische Spannungen und die Angst vor einer Rezession belasten die Aktienmärkte fundamental. Zusätzlich können die anstehende Berichtssaison und die etwas in Vergessenheit geratene US-Zwischenwahlen im Schlussquartal zu einer erhöhten Volatilität führen.
 

Über den Autor

Salah-Eddine Bouhmidi ist Head of Markets und für das Marktresearch in Deutschland, Österreich und den Niederlanden bei IG verantwortlich. In seiner Rolle ist er zudem als Experte bei DailyFX tätig, dem Nachrichten- und Researchportal von IG.

Bouhmidi beschäftigt sich seit über 15 Jahren professionell mit dem aktuellen Börsengeschehen und ist seit drei Jahren für Unternehmen der IG Group tätig. Im Zuge dessen entwickelte er die sogenannten Bouhmidi-Bänder, einen innovativen und auf verschiedene Assetklassen übertragbaren Volatilitätsindikator.    

Geldpolitisch wird erwartet, dass die US-Notenbank Fed die Zügel weiterhin straff zieht und damit die Aktienmärkte auch im Q4 weiter belastet. Anfang November hat die Fed nochmals ihre Marschrichtung bestätigt und mit der erneuten Mega-Zinserhöhung die Aktienmärkte unter Druck gesetzt. Die Hoffnung auf eine Verlangsamung der restriktiven Geldpolitik hat sich in Luft aufgelöst. Im Dezember dürfte dann noch ein 0,5-Prozent-Schritt folgen.

An den Märkten wird folglich mit einem US-Leitzins von 4,5 Prozent ab Dezember 2022 gerechnet. Angesichts der hohen Staatsverschuldung wird der mit harten Bandagen geführte Kampf der US-Notenbank gegen die Inflation zunehmend auch zum Problem für den Staatshaushalt. Dieses Problem wird jedoch erst nach den US-Zwischenwahlen am 8. November ein Thema werden.  

US-Zwischenwahlen setzen den DAX in Q4 unter Druck

In Zwischenwahljahren leidet der DAX unter herben Abverkäufen im August und September, erholt sich im Oktober und zum Jahresende geht ihm die Luft aus. Auch in diesem Zwischenwahljahr hat sich das Muster bisher bestätigt. In den vergangenen 34 Jahren fanden acht US-Zwischenwahlen statt. In sieben Zwischenwahlen kam es zu einer Herbstrally im DAX und keiner anschliessenden Jahresendrally im Dezember. Diese Beobachtungen gelten ähnlich auch für den S&P 500 und den SMI.  

Die charttechnische Ausgangslage ist aktuell auch nicht vielversprechend. Im Grunde genommen wird eine Erholung des DAX im Herbst nicht für eine Jahresendrally ausreichen. Der seit Jahresbeginn intakte Abwärtstrend setzt sich fort. Mit der nachhaltigen Preisgabe der 12’800 Punktemarke wurden neue Verkaufsimpulse freigesetzt. Lediglich 10 Prozent der DAX-Mitglieder tendieren über den 200-Tage-Durchschnitt. Die Wahrscheinlichkeit für weitere Kursrückgänge bleibt hoch. Der implizite Volatilitätsindex für den DAX (VDAX-NEW) verläuft über dem 50-Tage-Durchschnitt und liegt über 25 Indexpunkten. In solchen Situationen fallen die Kurse in der Regel deutlich. Unsere technische Analyse zeigt, dass, wenn die Herbstrally zu keinem nachhaltigen Sprung über die 13’500 Punkte führt, eine neue Korrekturbewegung den Weg in Richtung eines Preisbereichs von 10’030 bis 11’331 Punkte freimachen könnte.  

Umschichtung in defensive Aktien  

Die Abwesenheit der Jahresendrally bietet auch Chancen. Es sollten defensive Aktien, die sich auf gewohnte Konsummuster stützen und in der Regel solide Dividenden zahlen, gesucht werden. Beispiele hierfür sind British American Tobacco, Roche, Heineken, Deutsche Telekom und Swisscom. Technologieaktien, die in der Regel bei steigenden Zinsen fallen, sollten gemieden werden.      

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