Der Ukraine-Konflikt und die Sanktionen gegenüber Russland haben Goldkäufer kalt gelassen. Es ist die Griechenland-Krise, die sie ihre Vorräte aufstocken lässt: die Angst vor einem «Grexit» und der Unsicherheit, was das für den Euro bedeuten könnte.
«Keiner weiss, was ein Austritt Griechenlands aus dem Euro für Folgen hätte», sagt Benjamin Summa, Sprecher des Edelmetallhändlers Pro Aurum. «Das lässt die Anleger nach der sicheren Wertanlage in Gold greifen.»
Seit Jahresbeginn steigen die Verkäufe
Das Interesse an Gold hatte zuvor lange nachgelassen, der Goldpreis war auf viele Monate auf dem Weg nach unten. Seit Jahresbeginn steigen die Verkäufe wieder: Pro Aurum hat im Januar 60 Prozent mehr Gold verkauft als im Vormonat. Bei der BayernLB verdoppelte sich der Goldhandel im Vergleich zum Dezember sogar.
In der Schweiz schlägt die Aufgabe des Euro-Mindestkurses zu Buche. Viele Anleger haben das Vertrauen in die Beständigkeit der Notenbank verloren. «Die plötzliche Kehrwende hat für grosse Unsicherheit gesorgt und damit die Goldkäufe angekurbelt», sagt Summa. «Am Tag des SNB-Entscheides haben wir einen starken Anstieg bei den Goldkäufen in Zürich festgestellt.»
Der Münchner Goldhändler Pro Aurum – der in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit dem Edelmetall handelt – verzeichnet dabei eigenen Angaben zufolge viele Neukäufer. Summa sagt: «Rund 30 Prozent der Käufer erwarben zum ersten Mal Gold.»
«Das Niedrigzinsumfeld ist entscheidend»
Ein weiterer wichtiger Faktor für das wiedererwachte Interesse am Gold ist neben der Krise um Griechenland und dem Ende des Mindestkurses das derzeit niedrige Zinsniveau. «Auf Gold gibt es keine Zinsen, aber es kostet auch keine Strafzinsen. In einem Umfeld wie dem aktuellen ist das bereits ein Gewinn und macht Gold als Wertanlage interessant», sagt Susanne Toren, Rohstoffexpertin der Zürcher Kantonalbank (ZKB).
Sie rechnet mit einem erheblichen Schub für das Edelmetall: «Wir erwarten im Jahresverlauf einen Goldpreis von 1400 US-Dollar pro Feinunze.» Zum Vergleich: Heute steht der Preis bei knapp 1230 Dollar. Die Prognose der ZKB würde also einen Preisanstieg von rund 13 Prozent bedeuten. Der Edelmetallhändler Pro Aurum rechnet in den kommenden Monaten immerhin mit «moderaten» Preiszuwächsen.
«Zinswende in den USA muss nicht belasten»
Der starke US-Dollar ist für Toren kein Problem, ebenso wenig die erwartete Erhöhung der Leitzinsen des US-Notenbank Fed ab Mitte des Jahres. «Die Zinswende in den USA muss den Goldpreis nicht zwingend belasten, wenn sie behutsam genug ausgeführt wird», sagt Toren. «Davon ist aktuell auszugehen.»
In den vergangenen Jahren hatte die Nachfrage nach Gold nachgelassen und die Umsätze der Händler stagnierten oder gingen zurück. Nach der Finanzkrise war der Goldpreis auf Rekordhöhen gestiegen, 2011 lag er bei über 1900 US-Dollar pro Feinunze.
(mit Material von awp)