Die Credit Suisse ist auf Erholungskurs: Das zweitgrösste Geldhaus der Schweiz hat im zweiten Quartal 2018 deutlich mehr verdient und den Reingewinn gar mehr als verdoppelt. Ausserdem hat die CS viele neue Gelder an Land gezogen. Im Ausblick auf den weiteren Jahresverlauf zeigt sie sich aber eher vorsichtig. Folgende Fragen stellen sich:
Kann die CS an das erfolgreiche Startquartal anknüpfen?
Die Credit Suisse ist heuer so gut ins Geschäftsjahr gestartet wie seit drei Jahren nicht mehr. Auch für das zweite Jahresviertel hatten Analysten ein gutes Ergebnis erwartet - mit durchschnittlich 626 Millionen lagen die Prognosen leicht über dem tatsächlichen Ergebnis. Im zweiten Quartal machte die CS rund 600 Millionen Reingewinn - eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. Die Bank ist damit auf Kurs, erstmals seit Tidjane Thiam den Chefposten übernommen hat, einen Jahresgewinn zu schreiben.
Von besonderem Interesse ist die Entwicklung in der Vermögensverwaltung – schliesslich will die CS unter CEO Thiam im Geschäft mit vermögenden Privatkunden besonders zulegen. Analyst Daniel Regli von der Mainfirst Bank wird auf die Margen, die verwalteten Vermögen und die Neugelder in den Vermögensverwaltungs-Divisionen achten. Im Fokus stehen zudem die Kosten. Bis Ende Jahr will Thiam die Gesamtkosten auf unter 17 Milliarden Franken drücken. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten die Aufwendungen auch in diesem Quartal gesunken sein. «Bis jetzt hat das Management hier immer Resultate geliefert», sagt Experte Regli.
Wie fällt der Vergleich mit der UBS aus?
Die UBS hat letzte Woche ein Halbjahrergebnis von 1,3 Milliarden Franken präsentiert. Der Gewinn der CS dürfte nur rund halb so hoch ausfallen. Im Gegensatz zur CS schreibt die UBS schon lange schwarze Zahlen – an der Börse ist dieser Fakt aber nicht zu erkennen: Seit Anfang Januar ist der Kurs der UBSleicht stärker gefallen als jener der CS. «Bei der CS können die Anleger mehr Fortschritte auf der Kostenseite erkennen», sagt Andreas Venditti von der Bank Vontobel. Die UBS habe die Neuausrichtung auf die Vermögensverwaltung schon einige Jahre vor der CS gemacht. Deshalb sei ihr Gewinnanstieg – von einem deutlich höheren Niveau aus – geringer.
Obwohl sich die CS wie die UBS auf das Geschäft mit reichen Privatkunden konzentriert, bleiben die Unterschiede zwischen den beiden Schweizer Grossbanken bestehen. Die Credit Suisse erzielt weiterhin bis zu 45 Prozent der Erträge mit dem Investmentbanking – obwohl die CS ihre Handelsaktivitäten beschränkt hat. Das Investmentbanking ist schwankungsanfälliger und mit mehr Risiken behaftet. Mit ihrem ausgebauten Investmentbanking hebt sich die CS auch in Zukunft von der UBS ab.
Ist CEO Thiam auf den Zielgeraden?
Vor drei Jahren Anfang Juli ist Tidjane Thiam angetreten, die zweitgrösste Schweizer Bank neu auszurichten. Thiam legte den Schwerpunkt der CS auf das Vermögensverwaltungeschäft. Zudem holte der Franko-Ivorer mit zwei Kapitalerhöhungen frische Mittel herein, bereinigte die Altlasten aus der Finanzkrise und fuhr die Kosten herunter. Nun wird Ende Jahr Bilanz gezogen.
Die ambitiösen Gewinnziele musste Thiam zwar ziemlich schnell nach unten anpassen. Dafür bemühte sich der Bankchef umso intensiver, die Kosten zu senken. «Grundsätzlich hat Tidjane Thiam bis jetzt sehr gute Arbeit geliefert, findet Regli. Aus Sicht des Experten läuft die CS allerdings Gefahr, im Spareifer die Investitionen zu vernachlässigen. Die technologische Entwicklung verändere das Vermögensverwaltungsgeschäft grundlegend. Konkurrenten wie Julius Bär oder UBS investierten sehr viel in die neuen Technologien. «Wenn man zu stark auf die Kostenbremse drückt, riskiert man, den Anschluss zu verlieren», sagt der Experte.
.. und wird Thiam bleiben?
Tidjane Thiam hat seine Arbeit auf drei Jahre ausgelegt. Da stellt sich die Frage, ob sich der CEO Ende Dezember neue Ziele setzt – oder die Bank bei dieser Gelegenheit verlässt. Einen Rücktritt hält Regli für «nicht ganz unrealistisch». Schliesslich habe Thiam dann wohl erfolgreich die Restrukturierung beendet und damit seine Hauptaufgabe erfüllt. Ein Turnaround-Manager sei nicht immer der richtige für die Phase nach der erfolgreichen Restrukturierung. Vontobel-Analyst Andreas Venditti kann sich durchaus vorstellen, dass Thiam sich auch an der Spitze einer profitablen CS wohl fühlen würde. Schliesslich habe er auch in seiner früheren Position als CEO des britischen Versicherers Prudential ein gefestigtes Unternehmen geführt.
Ob Thiam die Bank verlässt, hängt auch von seiner Stellung innerhalb der Bank ab. Viele würden es sicher begrüssen, wenn Thiam bleiben würde, glaubt Regli: «Die Aktionäre sind mit ihm zufrieden.»