Die Champagnerkorken knallen in der Luxusbranche. Trotz Inflation, Konjunktursorgen und geopolitischen Unruhen. Die Branche blüht weiter, auch wenn die Zahl der Millionäre und Millionärinnen 2022 weltweit gesunken ist, wie aus dem «World Wealth Report» der Beratungsagentur Capgemini hervorgeht. Der Wunsch nach dem Besonderen hat immer Konjunktur: Im Jahr 2022 hat der globale Markt für persönliche Luxusgüter (Mode, Accessoires, Uhren, Schmuck, Kosmetik) rund 340 Milliarden Franken umgesetzt, wie die Unternehmensberatung Bain & Company ermittelte – ein Plus von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und der Trend zeige weiter aufwärts: Bis 2030 halten die Experten ein Marktvolumen von 500 bis 530 Milliarden Franken für realistisch.
Für Rückenwind sorgen neue Kundinnen aus Asien, Nahost und Afrika, deren Kaufkraft steigt. Sie sehen Luxusgüter als Statussymbole, für die sie bereit sind, entsprechend mehr zu bezahlen. Auch bei einer jüngeren Klientel hat Luxus heute mehr Chancen – sowohl als Lifestyle als auch als Investment. Hier haben vor allem ikonische Designklassiker und exklusive Stücke von Premiummarken gute Karten. Deren Besonderheit pushen die Anbieter durch künstliche Verknappung zusätzlich. Das lässt die Kassen der Luxusfirmen klingeln. Deren Platzhirsche haben eine hohe Preissetzungsmacht – sie können die Preise erhöhen und müssen kaum fürchten, dass sie weniger Produkte verkaufen.
Zudem stehen in der Branche auch Fusionen, Übernahmen und Zukäufe auf der Agenda, um die Produktpalette breiter aufzustellen. Dabei ist ein zunehmendes Faible für den Schmuckbereich erkennbar, der von der steigenden Kaufkraft der Frauen weltweit profitiert. Erst vor kurzem hat der Uhrenkonzern Rolex die Firma Bucherer übernommen, die nicht nur eine Uhren-, sondern auch eine grosse Schmuckverkäuferin ist.
Insgesamt sind die langfristigen Aussichten für das Luxussegment gut. Das macht die Aktien von börsennotierten Unternehmen der Branche interessant. Hier werden sechs aussichtsreiche Branchengrössen vorgestellt:
Burberry: Wohn- und Haustieraccessoires im Fokus
Wer Burberry hört, denkt an Trenchcoat und Karomuster. Beide wurden zu Markenzeichen und Klassikern des britischen Traditionsunternehmens, das 1856 seine erste Filiale in Basingstoke, Hampshire, eröffnete und es heutzutage auf einen Marktwert von rund 8 Milliarden Euro bringt. Während das Karomuster ursprünglich nur als Futterinnenstoff (Plaid) angedacht war, entstand der Trenchcoat einst im Zuge eines Auftrags der britischen Militärverwaltung und gehörte im Ersten Weltkrieg zur Offiziersbekleidung britischer Soldaten. Ein klarer Pluspunkt war dessen regenabweisende Eigenschaft, die auf den 1880 von Thomas Burberry (1835–1926) erfundenen Burberry-Gabardine-Stoff zurückgeht. Diese wird auch heute noch von der Kundschaft geschätzt, genauso wie der klassisch-elegante Stil der Engländer, die seit 1955 Hoflieferanten des britischen Königshauses sind.
So unaufgeregt die Produktpalette daherkommt, so bewegt ist der Börsenkurs. Dieses Jahr ging es einige Monate lang wieder bergab. Grund hierfür waren unter anderem das schwächelnde US-Geschäft und die ausgebremste Nachfrage aus Asien, die jetzt wieder anzieht, weil die Reisebeschränkungen weiter gelockert werden. Um wieder stärker und nachhaltig auf Erfolgskurs zu kommen, setzt Burberry auf das Trendgespür des neuen Chefdesigners Daniel Lee. Dessen erste Kollektion kommt im September auf den Markt – inklusive eines neuen Logos und breit angelegter Werbekampagne.
Zudem erfolgt ein gezielter Ausbau der Produktpalette. Neben dem bewährten Sortiment und Handtaschen stehen vor allem auch Wohn- und Haustieraccessoires im Fokus, die Burberry in Zukunft verstärkt anbieten will. Bereits im Angebot sind Bademäntel, Handtücher, Kissenbezüge, Decken, Flaschenhalter, Teddybären und Hundehalsbänder.
Um sich einer breiteren und jüngeren Klientel zu öffnen und diese anzusprechen, setzt Burberry zudem verstärkt auf das digitale Geschäft, bespielt soziale Plattformen wie Tiktok und Instagram und hat seit kurzem auch einen eigenen Musikkanal auf Apple Music. Aktuell raten die auf «Marketscreener» erfassten Analysten und Analystinnen zum Halten der Aktie.
Hermès: Weniger ist mehr
Tradition und Exklusivität als Markenzeichen – kein anderes Luxusunternehmen spielt diese Karte so erfolgreich und stark aus wie Hermès. Der Konzern lässt in Handarbeit und mit hochwertigen Materialien fertigen. Dabei ist die Produktionsmenge oft streng limitiert und die Ware mitunter einer ausgewählten Zielklientel vorbehalten. Dazu kommen lange Wartezeiten.
Das weckt Begehrlichkeiten und treibt die Preise in die Höhe: Fünf- bis sechsstellige Beträge für ikonische Designklassiker wie Birkin- oder Kelly-Handtaschen zahlen Kundinnen bereits im regulären Handel bereitwillig. Auf Auktionen und Reseller-Plattformen liegen die Gebote sogar oft noch deutlich über dem regulären Verkaufspreis – zumal auch immer mehr Investoren Luxushandtaschen als Wertanlage für sich entdecken.
Wie gut die Strategie der künstlichen Verknappung und die gezielte Ansprache eines elitären, kleinen Kundenkreises monetär aufgeht, zeigt der Aktienkurs der Firma, die sich seit ihrer Gründung im Jahr 1837 in Familienbesitz befindet: In den letzten fünf Jahren hat sich der Börsenwert von Hermès mehr als vervierfacht und liegt nun bei rund 190 Milliarden Franken. Im ersten Halbjahr 2023 erzielten alle Segmente und Regionen ein zweistelliges Plus, wobei vor allem das Lederwarengeschäft für Rückenwind sorgte. Auch auf dem schwächelnden US-Markt lief das Geschäft besser als bei der Konkurrenz.
Mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von fast 50 ist die Hermès-Aktie im Vergleich zur Konkurrenz zwar ambitioniert bewertet. Aber auch die Aussichten für den Luxuskonzern, der sich gezielt an monetäre High-End-Kundinnen richtet, sind laut Einschätzung vieler Analysten überdurchschnittlich. Das Unternehmen ist gut positioniert und hat eine hohe Preissetzungsmacht. Die Firma erweitert ihre Produktpalette gezielt und weiss eine sehr affluente Klientel hinter sich, die Preiserhöhungen toleriert. Das verringert die Gefahr von Umsatzeinbussen.
Genauso wie die Premiumkonkurrenz profitiert Hermès zudem von der wieder steigenden Nachfrage aus China nach dem Ende der Null-Covid-Politik sowie vom wieder anziehenden Tourismus insgesamt. Vor diesem Hintergrund raten die Analystinnen aktuell zum Kauf der Aktie.
LVMH: Platzhirsch mit gut diversifizierter Produktpalette
Wer sich für Aktien der Luxusbranche interessiert, kommt um LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) kaum herum. Das Unternehmen ist der grösste Luxuskonzern der Welt und mit 380 Milliarden Franken das wertvollste börsennotierte Unternehmen in Europa. Das Geschäftsportfolio umfasst dank sukzessiver Zukäufe mittlerweile die Rechte an 75 verschiedenen Premiummarken, die das Unternehmen in rund achtzig Ländern in eigenen Filialen vertreibt. Aushängeschild ist die Marke Louis Vuitton, die seit 1987 zum Konzern gehört. Aber auch Bulgari, Dior, Dom Pérignon, Fendi, Hennessy, Hublot, Marc Jacobs, Moët & Chandon, Rimowa, TAG Heuer, Tiffany und Zenith zählen zum Imperium von LVMH-Mitgründer und Firmenchef Bernard Arnault.
Dessen Strategie ähnelt der von Konkurrent Hermès: Im Fokus stehen Exklusivität, hochpreisige Produkte und deren künstliche Verknappung sowie eine persönliche Kundenansprache in hauseigenen Filialen. Das Geschäft läuft gut: Auch 2022 war ein Rekordjahr, in dem Gewinn und Umsatz zweistellig zulegten. Und der Trend zeigt weiter aufwärts: Im ersten Halbjahr 2023 stieg der Umsatz im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr um 15 Prozent auf 42,2 Milliarden Euro.
Analysten raten zum Kaufen der Aktie. Die LVMH Group besitzt im Luxusmarkt eine hohe Preismacht und ein gut diversifiziertes Produktportfolio, das Mode, Lederwaren, Uhren, Schmuck, Spirituosen, Kosmetik und anderes umfasst und weiter ausgebaut wird. Seit November 2022 zählt auch der Schmuckhersteller Pedemonte zum Konzern.
Kering: Neustart bei Gucci
Während die Luxusgüterkonzerne LVMH und Hermès ihre Angebote primär auf High-End-Kundinnen und -Kunden ausrichten, steht bei Kering eine durchmischtere Klientel im Fokus. Auch beim Design setzt das familiengeführte Unternehmen weniger auf Klassiker und konservativen Geschmack als die beiden Konkurrenten. Zum breit gefächerten Markenimperium zählen Balenciaga, Saint Laurent, Brioni, Bottega Veneta und natürlich Gucci.
Letztere ist die mit Abstand wichtigste Marke und das Aushängeschild des Konzerns: Das Label generierte zuletzt fast 50 Prozent des Umsatzes von Kering. Damit ist sie eine potenzielle Achillesferse. Das zeigt sich momentan, denn die Umsätze von Gucci schwächeln. Um sie anzukurbeln, will Kering die Marke neu positionieren und optisch verändern. Statt schrill soll es in Zukunft eher etwas dezenter zugehen, um konservativere Kundschaft nicht zu verschrecken und sich unabhängiger von temporären Geschmacksveränderungen am Markt zu machen. Nach einem Umbau im Management und der Einstellung des neuen Designers Sabato De Sarno ist der Weg eingeläutet. Die erste Kollektion im veränderten Design läuft jetzt und soll intensiv beworben werden, um Gucci wieder stärker auf den Radar zu bringen.
Um das Wachstum anzukurbeln, setzt Kering zudem auf Zukäufe. Im Juni hat das Unternehmen für 3,8 Milliarden Dollar den High-End-Parfumhersteller Creed übernommen. Im Juli folgte ein 30-Prozent-Anteil an Valentino mit der Option, den italienischen Luxuskonzern bis 2028 komplett zu übernehmen. Der Verkäufer war der katarische Investor Mayhoola, hinter dem die königliche Familie von Katar steht, die sich darüber hinaus in Zukunft bei Kering als Aktionärin einkaufen könnte.
Mit einem geschätzten KGV von 17 ist die Kering-Aktie deutlich günstiger bewertet als die Papiere von LVMH und Hermès. Die breite Zielgruppenansprache kann mit Blick auf die zunehmende Kaufkraft von Schwellenländern und anderen Volkswirtschaften ein möglicher Mehrwert sein. Analystinnen raten zum Aufstocken der Titel.
Richemont: Schmuckgeschäft verspricht Rückenwind
Der Luxuskonzern mit Hauptsitz in Bellevue bei Genf engagiert sich vor allem in den Segmenten Schmuck und Uhren. Zudem werden Accessoires und Mode verkauft. Zum Firmenimperium der Compagnie Financière Richemont zählen neben dem Aushängeschild Cartier auch Marken wie A. Lange & Söhne, Baume & Mercier, Buccellati, IWC Schaffhausen, Jaeger-LeCoultre, Montblanc, Panerai, Piaget, Roger Dubuis, Vacheron Constantin und Van Cleef & Arpels. Neu hinzugekommen ist vor kurzem eine Mehrheitsbeteiligung an dem italienischen Luxusschuh-Label Gianvito Rossi. Beim Wachstum fährt der Firmenchef, der Südafrikaner Johann Rupert, eine defensive Strategie, um möglichst unabhängig zu bleiben. Im Fokus steht die gezielte Entwicklung hauseigener Marken.
Die Analysten raten zum Aufstocken der Aktie. Der langfristige Wachstumstrend überzeugt, und der jüngste Preisabschlag bei der Aktie bietet die Chance für einen günstigen Einstieg. Richemont ist bei hochpreisigen Uhren und Schmuck gut aufgestellt, breiter als das Gros der Konkurrenz. Sowohl Uhren als auch Schmuck sind Wachstumsmärkte, die von der steigenden Kaufkraft von Menschen in aufstrebenden Volkswirtschaften weltweit profitieren dürften – und von Frauen als Zielgruppe im Speziellen.
Swatch: Unterschiedliche Klientel als Chance
Nachdem die Null-Covid-Strategie in China für Umsatzeinbussen sorgte und den Kurs der Aktie deutlich drückte, läuft es für die Swatch Group jetzt wieder gut: Im ersten Halbjahr 2023 stieg der Nettoumsatz gegenüber dem Vorjahr zu konstanten Wechselkursen um 18 Prozent auf leicht über 4 Milliarden Franken. Das stärkste Wachstum im Uhren- und Schmuckbereich erzielte die Gruppe im untersten Preisniveau, zu dem die Marken Swatch und Flik Flak zählen.
Zum Firmenimperium gehören im mittleren und hohen Preissegment unter anderem die Marken Certina, Hamilton, Mido und Tissot sowie Breguet, Jaquet Droz, Longines und Omega. Auch hier verzeichnete der Konzern Gewinne. Um auf der Erfolgsspur zu bleiben, setzt die Swatch Group auf einen steten Ausbau der Produktpalette, reagiert auf gesellschaftlichen Wandel (LGBTQ-Regenbogenuhren – Pride Collection) und setzt auf umfangreiche und kreative Werbung, um die Bekanntheit und Nachfrage zu pushen.
Zu den aktuellen Verkaufsschlagern des Konzerns zählt die zusammen mit Omega entwickelte Moonswatch, die in verschiedenen Varianten existiert und im regulären Handel meist schnell vergriffen ist.
Die Analystinnen raten zum Kauf der Swatch-Aktie. Mit einem geschätzten KGV von 12 ist der Titel im Branchenvergleich günstig bewertet. Der Fokus auf eine unterschiedliche Zielklientel ist Chance und Risiko zugleich: So sind die unteren Preissegmente zwar anfälliger für Konjunkturschwankungen. Auf der anderen Seite ist die potenzielle Kaufklientel aber deutlich grösser als bei Unternehmen, die ihren Schwerpunkt auf das hochpreisige Luxusgeschäft setzen.
Dieser Artikel ist im Millionär, dem Magazin der Handelszeitung, erschienen (Oktober 2023).
1 Kommentar
Ein sehr interessanter, gut recherchierter Artikel über die Top Luxury Brands. Die Tendenz geht weiter: die Reichen werden reicher. Die Armen werden ärmer. Ich denke, dass die seit langem praktizierte "Guerilla Strategie" der Swatch Group, Luxus mit Lifestyle innerhalb der Mittelklasse zu vermählen erfolgreich bleibt!