Letzten August erklärte ich Ihnen, dass die globalen Aktien kurz vor einem saisonal äusserst günstigen Punkt stünden – den neun Monaten vor den amerikanischen Zwischenwahlen. Das bezeichne ich als «Midterm Miracle» oder Zwischenwahlwunder. Die kometenhaften globalen Zuwächse und ein starker Schweizer Aktienindex SPI haben nicht enttäuscht. Was passiert also als Nächstes? Die Geschichte zeigt, dass weitere Gewinne zu erwarten sind. Sie mögen sich abschwächen, aber die Weltpolitik wird den Aktien helfen und sie nicht behindern. Bleiben Sie optimistisch.
Die am 30. Juni zu Ende gegangenen neun Monate bildeten ein fast bilderbuchartiges Zeitfenster für das «Midterm»-Wunder rund um die US-Wahlen im November. In Dollar legten die amerikanischen Aktien in den drei Quartalen von Q4 2022 bis Q2 2023 um 7,6 Prozent, 7,5 Prozent beziehungsweise 8,7 Prozent zu. Das sind ähnliche Mittelwerte wie die 6,3 Prozent, 6,6 Prozent und 5,5 Prozent, die seit dem Beginn guter Daten im Jahr 1925 gemessen wurden. Der Gesamtanstieg von Oktober bis Juni übertraf mit 25,7 Prozent den historischen Mittelwert von 19,5 Prozent.
Wie ich im letzten Jahr schrieb, bedeutet die enge Korrelation zwischen den amerikanischen und Schweizer Aktien, dass das «Midterm»-Wunder Gutes für den SPI verheisst. So war es. Die Quartalsrenditen von Q4 bis Q2 erreichten in Franken 4,3 Prozent, 5,9 Prozent und 2,2 Prozent. Zwar bedeutete die defensive Gesundheits- und Basiskonsumgüterorientierung in der Schweiz eine höhere Abweichung vom Durchschnitt, aber der Anstieg des SPI um insgesamt 12,9 Prozent spiegelte den breiteren Trend wider.
Über den Gastautor
Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma mit Niederlassungen weltweit, die über 211 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.
Gehen Sie von weiteren Verbesserungen aus. Historisch betrachtet steigen die Aktien im zweiten Halbjahr eines dritten Präsidentschaftsjahres weiter, wenn auch weniger kräftig. Bedenken Sie: In den dritten Jahren einer Präsidentschaft entwickelten sich die amerikanischen Aktien in 63 Prozent der dritten und 79 Prozent der vierten Quartale positiv. Der Durchschnitt aller positiven Quartale in Dollar liegt bei 69 Prozent. Die zweiten Halbjahre von dritten Präsidentschaftsjahren waren insgesamt zu 75 Prozent gewinnbringend. Das sind nicht die ultrapositiven 92 Prozent der ersten Jahreshälften, aber immer noch überdurchschnittlich viele. Die Renditen der zweiten Halbjahre im Durchschnitt: 5,5 Prozent in Dollar – weniger als die 12 Prozent im ersten Halbjahr, aber auch nicht zu verachten.
Wenn sie negativ sind, verlaufen die zweiten Jahreshälften dritter Jahre typischerweise glimpflich. Von den sechs Rückgängen waren nur die Jahre 1931 und 1987 mehr als ein Wackeln. Ersterer ereignete sich inmitten der Grossen Depression – nicht vergleichbar mit heute. Letzterer Rückgang gehörte zu den flüchtigsten Bärenmärkten der Geschichte – auch dafür gibt es keine Anzeichen. Abgesehen davon gab es die schlechteste zweite Hälfte eines dritten Jahres im Jahr 2011, mit einem minimalen Rückgang von gerade einmal 3,7 Prozent.
Und danach? Nächstes Jahr ist das vierte Amtsjahr von Präsident Biden, das Jahr der Präsidentschaftswahl. US-Aktien sind historisch in 83 Prozent der vierten Jahre gestiegen, die Durchschnittsrendite betrug 11,4 Prozent in USD. Eine solche bullische Brise weht auch in der Schweiz. Seit Beginn guter Schweizer Daten im Jahr 1969 legten die Schweizer Aktien in 85 Prozent der vierten US-Präsidentschaftsjahre zu, deutlich mehr als in den 70 Prozent aller Jahre. Die Renditen erreichen durchschnittliche 8,3 Prozent. Das sind nicht ganz die 13,9 Prozent der dritten Jahre, aber immer noch angenehm positiv.
Der Stillstand untermauert diese Magie. Die Partei des Präsidenten büsst in den Zwischenwahlen fast immer Macht im Kongress ein – was grosse Gesetzesvorhaben danach ausbremst. Die politischen Animositäten bleiben, aber grosse Gesetze werden nicht umgesetzt. Aktien lieben diese wohltuende, verkannte Stabilität. US-Präsidenten, die sich wie Biden in ihrer ersten Amtszeit befinden, wollen im Verlauf des Wahljahres auch kaum etwas Grosses verabschieden. Sie riskieren sonst, weite Teile der Wählerschaft zu verärgern.
In der Schweiz könnten politische Streitereien vor den eidgenössischen Wahlen im Oktober kurzfristig Gegenwind für die Schweizer Aktien bedeuten. Die schwindende Unsicherheit danach dürfte dem SPI jedoch helfen – egal wie die Wahlen ausgehen.
Politik ist nicht alles. Aber der Stillstand dürfte für die Aktien im verbleibenden Jahr 2023 und im nächsten Jahr ein netter, unbemerkter Rückenwind sein. Geniessen Sie ihn.